Der Bundesrat hat die Botschaft zur Aufhebung der LEX Koller mit der Forderung verbunden, die Kantone müssten selber aktiv werden und wirksame Massnahmen gegen eine überbordende Entwicklung im Zweitwohnungswesen ergreifen. Auch wenn die gesetzlichen Grundlagen auf Bundesebene erst zu beschliessen sind, drängen sich angesichts der Lage bereits heute in Graubünden kantonale Massnahmen auf. Die passive Haltung der Regierung und das Zurückspielen der Verantwortung an die Regionen und Gemeinden genügt den Unterzeichneten nicht. Eine allfällige Aufhebung der Lex Koller ohne konkrete und griffige Ersatzmassnahmen hätte für die betroffenen Gebiete gravierende Folgen, u. a.:
- Weiteres Ansteigen der Immobilien- und Mietkosten
- Weiteres Ansteigen der Immobilienspekulation
- Verstärkte Umgehung der Bestimmungen gegen die Geldwäscherei
- Ungeklärte Auswirkungen auf das Steuersubstrat und auf die Raumplanung
Dabei sind schon heute Gemeinden und Regionen, in denen der Anteil an Zweitwohnungen teilweise weit über 50% vom Gesamtwohnungsbestand ausmachen, nicht fähig oder willens, konkrete Massnahmen zu ergreifen. Dies ist umso stossender, als die Bevölkerung in den hauptsächlich betroffenen Gebieten die Forderung nach Einschränkung des Zweitwohungsbaus deutlich zum Ausdruck gebracht hat.
Der Zweitwohnungsboom greift zudem auch auf die Hotellerie über. Restrukturierungsmassnahmen scheitern oft an den spekulativen Angeboten; in zahlreichen Fällen sind in den letzten Jahren Hotels zu Zweitwohnungen umgebaut werden. Damit wird das touristische und gesamtgesellschaftliche Verhältnis zwischen Hotels, Zweitwohnungen und von Wohnungen im Besitz von Einheimischen empfindlich gestört. Letztere werden gezwungen, auch wegen der steigenden Mietzinse sich an der Peripherie anzusiedeln. Eine Verteuerung der Lebenskosten und lange Anfahrtswege sind die Folge davon. Die Zweitwohnungen erbringen aber nachweislich nur einen Viertel der Wertschöpfung im Vergleich zu den Hotels.
Andererseits entvölkern sich ganze Regionen, weil es an wirtschaftlichen Impulsen fehlt. Das Zweitwohnungswesen könnte hier durchaus eine volkswirtschaftlich sinnvolle Rolle spielen, um solchen Regionen Impulse zu geben.
Es drängen sich Eingriffs- und Koordinationsmassnahmen durch den Kanton geradezu auf.
Ein Blick ins benachbarte Ausland (Tirol, Vorarlberg) zeigt, dass es durchaus zielführende Wege gibt, dem Zweitwohnungsbau Schranken zu setzen.
Die Regierung wird eingeladen, im Sinne der gemachten Überlegungen sowie als Folge der vom Bundesrat erfolgten Aufforderung, griffige Massnahmen vorzuschlagen bzw. selber in die Wege zu leiten, um das Problem der Zweitwohnungen in einem sozialen, wirtschaftlichen, touristischen und kulturellen Zusammenhang anzugehen. Insbes. sind Massnahmen zu prüfen
wie beispielsweise
- Der Erlass von regional differenzierten Richtplänen, die den Zweitwohnungsmarkt als Instrument einer gesamtwirtschaftlich ausgerichteten Politik einsetzen. Damit könnte dem Entwicklungsstand der Regionen Rechnung getragen werden.
- Das Erarbeiten von besonderen raumplanerischen Massnahmen für stark belastete Gemeinden und Regionen, um dem zunehmenden Missverhältnis zwischen Hotels und Zweitwohnungen wirksam zu begegnen, etwa durch die Schaffung von Hotelzonen, kantonale Empfehlungen für die Kontingente (Höhe und degressive Ausgestaltung).
- Eine Differenzierung des Zweitwohnungsbegriffes: Zweitwohnungen, die an Einheimische vermietet werden, Zweitwohnungen die ausschliesslich durch den Besitzer benützt werden, Zweitwohnungen, die frei vermietbar sind, Zweitwohnen in Verbindung mit Hotelrestrukturierungen. Für alle diese Kategorien braucht es unterschiedliche Massnahmen, die zudem regional verschieden sind. Dies könnte in den regionalen Richtplänen und Entwicklungskonzepten aufgenommen werden.
- Steuerliche Lenkungsmassnahmen, um der Hotellerie als wichtigem wertschöpfendem Sektor gegenüber den Zweitwohnungen bessere Rahmenbedingungen an eine sich ändernde Nachfrage zu geben.
- Massnahmen zur Steigerung der Wohnattraktivität für Einheimische in besonders belasteten Gebieten, etwa durch die Sicherung bestehender Bauzonen für Einheimische.
- Ein konsequentes Umsetzen der gesetzlichen Grundlagen im Hinblick auf eine aktive Verfolgung und Ahndung von missbräuchlich erworbenem Wohneigentum und zur Einschränkung vom Erwerb von Wohneigentum zu spekulativen und reinen Ertrags- und Renditeanlagen.
Chur, 29. August 2007
Name: Arquint, Peyer, Jaag, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jäger, Menge, Meyer Persili (Chur), Pfenninger, Pfiffner, Thöny, Trepp
Session: 29.08.2007
Vorstoss: dt Auftrag