Navigation

Inhaltsbereich

Session: 06.12.2007
Zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Auftrags befindet sich eine Teilrevision des Gesetzes über die Familienzulagen (KFZG) in Vernehmlassung. Sie sieht Kinderzulagen bzw. Ausbildungszulagen „in Höhe … nach den Mindestsätzen des Bundes“ (Art. 4 Abs. 3 E-KFZG) vor, d.h. CHF 200 bzw. CHF 250 monatlich bzw. CHF 2'400 bzw. CHF 3'000 jährlich pro Kind. Es wird zutreffen, dass die Teilrevision per 1. Januar 2009 in Kraft treten kann. Der Grosse Rat hat am 3. Dezember 2007 einen Antrag auf Direktbeschluss (Standesinitiative) mit 52:60 Stimmen „nicht erheblich“ erklärt. Mit diesem ist bezweckt worden, die Kinder- und Ausbildungszulagen über eine Teilrevision des eidgenössischen Steuerharmonisierungsgesetzes von der Last der Einkommenssteuern zu befreien.

In der Debatte des Grossen Rates vom 3. Dezember 2007 zeigte sich, dass als Alternative zur Absicht gemäss besagtem Antrag auf Direktbeschluss zwei andere Massnahmen aus Gründen der Transparenz bevorzugt werden, nämlich: zum Einen die Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen gemäss Kinderzulagengesetz, wobei diese Zulagen im Vergleich zu heute unverändert der Belastung durch die Einkommenssteuern unterliegen sollten, und zum Anderen die Erhöhung der Abzüge für Kinder im Vorschulalter und Kinder in Ausbildung gemäss kantonalem Steuergesetz. Die Zielrichtung, nämlich dass Familien mit Kindern aus sozial- und familienpolitischen Gründen in einem finanzpolitisch vertretbaren Rahmen dringend weiter zu entlasten seien, ist in der Ratsdebatte entsprechend unbestritten gewesen.

Die Abzüge gemäss kantonalem Steuergesetz für Kinder im Vorschulalter und Kinder in Ausbildung sind anlässlich der Oktobersession 2006 des Grossen Rates durch Teilrevision des kantonalen Steuergesetzes (Art. 38 Abs. 1 lit. d StG) letztmals angepasst worden, nämlich neu: Kinder im Vorschulalter CHF 5'000 und Kinder in Ausbildung CHF 8'000. Die Teilrevision tritt per 1. Januar 2008 in Kraft.

Gestützt auf diese Ausgangslage lässt sich ein kombiniertes Vorgehen zur Teilrevision des Familienzulagengesetzes und zur Teilrevision des Steuergesetzes unter gleichzeitiger Abwägung der jeweiligen Auswirkungen auf die Sozial- und Familienpolitik begründen:

- Die Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen gemäss Familienzulagengesetz begünstigt alle Familien mit Kindern gleich, d.h. proportional. Über 90% der Kinder leben in Familien mit niedrigem oder mit mittlerem Familieneinkommen. Es ist somit zu rechtfertigen, die notwendige und dringend gebotene zusätzliche Förderung von Familien mit Kindern zumindest teilweise über das Instrument der kopfweise ausgerichteten Zulagen zu finanzieren. Deren Finanzierung geht zulasten der Arbeitgebenden bzw. der Wirtschaft.

- Die Erhöhung der Abzüge gemäss Steuergesetz für Kinder im Vorschulalter und Kinder in Ausbildung kommt ebenfalls allen Familien mit Kindern zugute, begünstigt die wirtschaftlich stärkeren Familien mit Kindern allerdings stärker. Dies deshalb, weil sie aufgrund der Steuerprogression gemessen in absoluten Beträgen überproportional entlastet werden. Diese Massnahme zur Förderung von Familien mit Kindern führt zu keiner Gelder-Umverteilung, erreicht die sozial- und familienpolitischen Ziele ergänzend zu den Kinder- und Ausbildungszulagen aber ebenfalls wirksam und insofern gerecht, als dass die Familien mit Kindern das Einkommen zur Deckung ihrer eigenen, infolge der Kinder erhöhten Ausgaben gezielt einsetzen können.

Die Unterzeichneten ersuchen die Regierung entsprechend,
- dem Grossen Rat Botschaft und Antrag zu beiden Anliegen zu unterbreiten, das erste im Zusammenhang mit einer Teilrevision zum Familienzulagengesetz und das zweite – nach Möglichkeit gleichzeitig mit eigener Botschaft und eigenem Antrag – mit einer Teilrevision zum Steuergesetz;
- dem Grossen Rat dabei insbesondere auch eine Auslegeordnung mit Berechnungsgrundlagen vorzulegen, welche nebst anderem davon ausgeht, die Kinder- und Ausbildungszulagen gemäss Familienzulagengesetz auf CHF 300 bzw. CHF 350 monatlich je Kind zu erhöhen und / oder die Abzüge für Kinder im Vorschulalter und Kinder in Ausbildung um 25% zu erhöhen.

Chur, 6. Dezember 2007

Name: Cavigelli, Bucher-Brini, Koch, Arquint, Augustin, Barandun, Baselgia-Brunner, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Blumenthal, Bondolfi, Butzerin, Caduff, Cahannes Renggli, Candinas (Rabius), Casty, Casutt, Christoffel-Casty, Darms-Landolt, Dermont, Fasani, Federspiel, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Geisseler, Jaag, Jäger, Kleis-Kümin, Kollegger, Loepfe, Menge, Meyer Persili (Chur), Michel, Niederer, Noi-Togni, Parpan, Peyer, Pfenninger, Pfister, Plozza, Portner, Quinter, Righetti, Rizzi, Sax, Tenchio, Thomann, Thöny, Thurner-Steier, Trepp, Troncana-Sauer, Tuor, Zanetti, Brunold, Caluori, Candinas (Disentis), Cattaneo, Engler, Hauser, Mainetti

Session: 06.12.2007
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Die beiden Aufträge zielen in die gleiche Richtung und enthalten teilweise die gleichen Forderungen, weshalb die Regierung die Vorstösse gemeinsam beantwortet.

In der letzten Teilrevision des Steuergesetzes sind die kinderrelevanten Abzüge stark erhöht worden. Diese Teilrevision ist auf den 1.1.2008 in Kraft getreten. Der Kinderabzug wurde von Fr. 3'400 auf Fr. 8'000 (für Kinder im Vorschulalter auf Fr. 5'000) und der Abzug für die externe Kinderbetreuung von Fr. 2'800 auf einen Maximalbetrag von Fr. 6'000 erhöht. Zudem haben sich Regierung und Parlament bei der Beratung des Familienberichts eingehend mit der Höhe der Kinder- und Ausbildungszulagen befasst und festgehalten, dass die Familienzulagen ein wichtiges Instrument des Familienlastenausgleichs und damit der Familienpolitik darstellen.

Die Höhe der Kinder- und Ausbildungszulagen wird nicht im Gesetz über die Familienzulagen (KFZG), sondern in den Ausführungsbestimmungen geregelt und liegt in der Kompetenz der Regierung. Das Familienzulagengesetz des Bundes (FamZG) schreibt minimale Zulagen von Fr. 200 resp. Fr. 250 pro Monat vor. Die entsprechende Finanzierung durch die Arbeitgebenden könnte in der kantonalen Familienausgleichskasse mit einem Beitrag von 1.7% der AHV-pflichtigen Lohnsummen sichergestellt werden.

Höhere Zulagen erfordern auch höhere Finanzierungsbeiträge, was eine Zusatzbelastung für die Wirtschaft bedeutet. Im Interesse der Unterstützung und Förderung von Familien mit Kindern kann sich die Regierung eine Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen über die Minimalansätze des FamZG im Rahmen von 10% auf Fr. 220 resp. Fr. 270 vorstellen. Der Beitragssatz für die entsprechende Finanzierung muss in diesem Fall auf ca. 1.9% der AHV-pflichtigen Lohnsummen festgesetzt werden. Eine noch höhere Belastung kommt für die Regierung im Interesse des Wirtschaftsstandortes Graubünden nicht in Frage.

Zu den steuerrechtlichen Forderungen hält die Regierung ausdrücklich fest, dass sie die im Auftrag Tenchio geäusserte Auffassung teilt, wonach die progressive Wirkung der Steuertarife auch bei der Berücksichtigung der Kosten der Kinder beachtet werden muss. Mit der starken Erhöhung der Kinderabzüge in der letzten Teilrevision steht Graubünden im interkantonalen Verhältnis sehr gut da. In der weiten Mehrheit der Kantone liegen die Kinderabzüge unter Fr. 8'000; lediglich zwei Kantone kennen einen höheren Abzug. Die Regierung sieht daher keine Veranlassung, diesen Abzug nochmals und erst kurz nach der letzten Anpassung erneut zu erhöhen. Hingegen scheint der Abzug für Kinder in auswärtiger Ausbildung im Vergleich zu den effektiven Aufwendungen zu tief ausgefallen zu sein. Wenn man die Kosten beachtet, welche bei Studenten anfallen, die sich während der Woche am Studienort aufhalten, scheint der heutige Abzug von Fr. 14'000 zu tief. Die Regierung ist bereit, hier eine Erhöhung auf Fr. 18'000 vorzuschlagen.

Die Kosten der Kinderkrippen und der Kindertagesstätten hängen vom Einkommen der Eltern ab. Diese Tarifstruktur ist eine Voraussetzung, um Subventionen erhalten zu können. Eltern mit hohem Einkommen und/oder Vermögen bezahlen daher den drei- bis vierfachen Betrag im Vergleich zu Eltern in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen. Steuerlich können die effektiven Kosten bis zu einem Maximalbetrag von Fr. 6'000 in Abzug gebracht werden. Diese Limite scheint angesichts der recht hohen Maximaltarife als zu tief. Die Regierung ist bereit, eine Erhöhung des Maximalbetrages für die Kosten der externen Kinderbetreuung auf Fr. 10'000 vorzuschlagen. Ein Abzug für die familieninterne Kinderbetreuung kann demgegenüber nicht vorgesehen werden. Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden lässt einen derartigen Abzug nicht zu. Zudem ist aus Sicht der Regierung das Steuerrecht der falsche Ort, um ausserfiskalische Zielsetzungen umsetzen zu wollen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Regierung bereit ist, die beiden Aufträge Cavigelli und Tenchio im Sinne der Erwägungen entgegen zu nehmen. Die Umsetzung der Aufträge kann in die laufende Revision der Familienzulagengesetzgebung bzw. in die Teilrevision des Steuergesetzes eingebaut werden, welche im Herbst 2008 in die Vernehmlassung gegeben und auf den 1.1.2010 in Kraft gesetzt werden soll.

Datum: 28. Februar 2008