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Session: 11.02.2008
Entscheidend für eine professionelle und zielgerichtete Sozialarbeit sind, neben gut ausgebildeten, erfahrenen und motivierten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die Anzahl und die Komplexität der Fälle, die eine Fachperson zu bearbeiten hat. Die Anforderungen und die Ansprüche an die Sozialarbeit sind in den letzten Jahren eher gestiegen. Auch in Graubünden haben die Fälle zudem spürbar zugenommen.

In verschiedenen Kantonen werden aktuell die Effizienz aber auch der mögliche Missbrauch im Bereich der Sozialhilfe stark diskutiert. Die Stadt Bern beispielsweise will die Kontrollen amtsintern ausbauen und dafür das Personal aufstocken. Die Anzahl Fälle (Dossiers) pro Sozialarbeiterin/Sozialarbeiter soll 80 nicht übersteigen. Sonst seien intensivere Kontrollen und Abklärungen nicht möglich. In der Stadt Zürich kommen auf einen Sozialarbeiter rund 150 Fälle, also beinahe die doppelte Anzahl als in Bern. Die dort neu angestellten Sozialinspektoren haben bei 8450 Sozialhilfefällen in 21 von 100 auf Sozialmissbrauch verdächtigen Fällen, einen Missbrauch bestätigen können. Man schätzt dass die Missbrauchsquote in der Stadt Zürich etwa 4-5% beträgt.

In diesem Zusammenhang möchten die Unterzeichnenden der Regierung folgende Fragen stellen:

1. Wie viele Klientinnen oder Klienten muss im Kanton Graubünden eine Sozialarbeiterin/ein Sozialarbeiter bei den sozialen Regionaldiensten betreuen? Wie hat sich die Zahl der betreuten Klienten und Klientinnen in den letzten zwanzig Jahren entwickelt?

2. Ist die Anzahl der Sozialarbeiter und Sachbearbeiter derzeit genügend hoch, um die Beziehenden von Sozialhilfe auch kreativ zu betreuen und sie zusammen mit anderen allenfalls involvierten Stellen (möglichen Arbeitgebern, RAF, IV, Case-Managern, Ärzteschaft usw.) auf einem nachhaltigen Weg zur Reintegration und in die Selbständigkeit zu begleiten?

3. Ist die Regierung bereit zu prüfen, ob man allenfalls mit mehr ausgebildetem Fachpersonal zu effizienteren und längerfristig sogar zu kostengünstigeren Lösungen kommen könnte?

4. Wie hoch waren in den letzten Jahren bei den regionalen Sozialdiensten die Personalfluktuation und die längeren krankheitsbedingten Absenzen?

5. Wie hoch schätzt die Regierung die Missbrauchsquote im Kanton Graubünden ein?

6. Prüft die Regierung die Möglichkeit, evtl. zusammen mit den Gemeinden auch in Graubünden Sozialinspektoren einzustellen? Falls ja, bis wann gedenkt sie dies zu realisieren? Falls nein, worin liegen ihre Bedenken?

Chur, 11. Februar 2008

Name: Trepp, Jäger, Baselgia-Brunner, Arquint, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Menge, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Locher Benguerel, Monigatti

Session: 11.02.2008
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Es trifft zu, dass die Anforderungen und Ansprüche an die Sozialberatung seit Ende der Neunzigerjahre gestiegen sind. Der Kanton erfüllt diesen Auftrag seit langem mit Fachpersonen der sozialen Arbeit, von denen die meisten über eine breite Berufserfahrung verfügen. Die Effizienz der Ausgestaltung des Sozialberatungsangebotes wurde und wird regelmässig überprüft. Die im bündnerischen System der Sozialberatung bestehende Rollenteilung zwischen den Sozialdiensten des Kantons als abklärende und Antrag stellende Instanz sowie den Gemeinden als entscheidende Behörde gewährleistet ein hohes Mass an Kontrolle. Zudem wirkt die soziale Kontrolle in bündnerischen Verhältnissen besser als in der Anonymität einer Grossstadt. Eine Intensivierung der Missbrauchskontrolle in der Sozialhilfe liegt in erster Linie im Interesse und in der Verantwortung der Gemeinden, die für die Festlegung der Sozialhilfebeiträge zuständig sind und den grösseren Kostenanteil tragen.

Im Zuge des Bündner NFA ist vorgesehen, den Bereich der Sozialhilfe und der Sozialberatung vollständig auf die Gemeinden zu übertragen. Die Missbrauchskontrolle ist auch aus diesem Grunde eine Aufgabe, die von den Gemeinden wahrgenommen werden muss.

Beantwortung der Fragen

1. Die Anzahl betreuter Fälle pro Vollzeitstelle in den regionalen Sozialdiensten (ohne Opferhilfe-Beratungsstelle/Fachstelle Kindesschutz) entwickelte sich in den letzten Jahren wie folgt: 2003: 96; 2004: 97; 2005: 96; 2006: 94; 2007: 93.

2. Die Fallbelastung der regionalen Sozialdienste ist trotz leicht rückläufiger Fallzahlen in den Jahren 2006 und 2007 nach wie vor hoch. Mit konstant weniger als 100 Fällen pro 100 Stellenprozente besteht aber ein verantwortbares Verhältnis. Zum Vergleich betreut das Quartierteam Hard in der Stadt Zürich 150 Dossiers pro 100 Stellenprozente. Die GPK der Stadt Zürich bewertete dieses Verhältnis als zu hoch. Ob die Integration von Sozialhilfebezügern gelingt, hängt im Übrigen nicht allein vom Einsatz der Sozialdienste ab, sondern auch von den Chancen und Möglichkeiten, die der Arbeitsmarkt und das gesamte Umfeld den Sozialhilfebezügern bieten.

Die Zusammenarbeit der Sozialdienste mit den anderen Partnern der interinstitutionellen Zusammenarbeit wurde seit 2007 intensiviert. Die Erfahrungen sind positiv.

3. Nein. Eine solche Prüfung ist mit aufwändigen, langfristigen und wohl auch spekulativen Annahmen verbunden. Die Belastung und Wirksamkeit der Beratungsinterventionen der Sozialdienste wird aber mit den bisherigen Instrumenten laufend geprüft.

4. In den regionalen Sozialdiensten umfassten die Absenzen in den Jahren 2005-2007 rund eine Jahresarbeitsstelle auf insgesamt 43 Jahresarbeitsplätze. Längere Ausfälle sind hauptsächlich durch Mutterschaftsurlaube, in zwei Fällen durch die Folge von Arbeitsüberlastung aufgetreten. Die durchschnittliche Fluktuationsrate in den vergangenen drei Jahren betrug beim Sozialamt (Stellenplan-Stellen) 7,87% (Vergleichswert Gesamtverwaltung: 5.95%).

5. Im Jahr 2007 wurden von den regionalen Sozialdiensten 10 Missbrauchsmeldungen erfasst. Die Regierung geht davon aus, dass die Missbrauchsquote wegen der dargelegten Rollenteilung zwischen den Sozialdiensten und den Gemeinden deutlich tiefer liegt als in den Stadtkantonen.

6. Das Missbrauchs-Controlling ist Aufgabe der Gemeinden. Je nach Grösse und Art der Gemeinde ist diese Kontrolle unterschiedlich. In übersichtlichen Strukturen funktioniert sie ohne zusätzliche Kontrollen auch im Rahmen der üblichen, administrativen Fallbearbeitungen. In grösseren Gemeinden sind gezielte Stichproben und Überprüfungen sinnvoll.


Datum: 11. April 2008