Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 hat der Kanton Graubünden ein leistungsorientiertes System für die Finanzierung der öffentlichen Spitäler eingeführt. Mit dem neuen Finanzierungssystem sollten primär die folgenden Anforderungen erfüllt werden:
a) Die Finanzierung hat sich an den erbrachten Leistungen zu orientieren;
b) Wirtschaftliches Handeln der Leistungserbringer soll belohnt werden;
c) Mehr Eigenverantwortung der Spitäler durch Abbau von operativen Vorgaben durch den Kanton (Förderung des unternehmerischen Denkens und Handelns);
d) Gewährleistung der Versorgungssicherheit;
e) Vermeidung von Mengenausweitungen.
Inzwischen konnten mit dem neuen Finanzierungsmodell die ersten Erfahrungen gesammelt werden und der Systemwechsel zur Leistungsorientierung wird grundsätzlich nach wie vor von allen Marktteilnehmern positiv beurteilt. Der Vollzug des teilrevidierten KPG hat in der Zwischenzeit jedoch einige erhebliche Schwachpunkte aufgezeigt, welche einer dringenden Korrektur bedürfen. Die ursprünglichen Zielsetzungen der neuen Spitalfinanzierung können insbesondere in den folgenden beiden Punkten nicht erreicht werden:
1. Förderung des unternehmerischen Handelns
Im Anhang zum KPG werden die Versorgungsstufen, das zulässige beitragsberechtigte Leistungsangebot und die dafür erforderliche Infrastruktur festgelegt. Gleichzeitig wird in Artikel 6a KPG, Absatz 2 festgehalten, dass der Kanton Graubünden individuelle Leistungsvereinbarungen mit jedem Spital trifft.
Im Zusammenhang mit der Erarbeitung und der Umsetzung von individuellen Leistungsaufträgen hat sich mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass im Anhang zum KPG nur die bestehenden Angebotsstrukturen „eingefroren“ wurden und der Wettbewerb im Bereich des Leistungsangebotes nicht stattfinden kann. Mit der Zementierung der bestehenden Leistungsangebote wird jeglicher Wettbewerb unter den Spitälern nachhaltig verhindert und insbesondere die Regionalspitäler werden praktisch jeglicher Möglichkeit beraubt, ihre betriebswirtschaftlichen Strukturen effizient auf Markt und Wettbewerb auszurichten.
Angesichts des sich rasch verändernden Umfeldes im Spitalwesen, wie die DRG Finanzierung auf Vollkostenbasis (monistisches Finanzierungssystem, d.h. durchgängig leistungsorientierte Finanzierung inkl. der Investitionsbeiträge), freie Spitalwahl ganze Schweiz etc., ist eine Revision dringend notwendig. Die geplanten Reformen im Spitalwesen verlangen mehr Markt und Wettbewerb. Damit die Spitäler in einem solchen auch interkantonal liberalisierten Umfeld optimale Leistungen zu günstigen Kosten erbringen können, brauchen sie betriebswirtschaftliche Autonomie und Spielraum zur Gestaltung ihres Leistungsangebotes.
In diesem Sinne ist der Anhang zum KPG als minimaler Versorgungsauftrag zu interpretieren. Das konkrete Leistungsangebot wird mittels der individuellen Leistungsvereinbarung definiert. Dabei können zusätzliche Leistungen aufgenommen werden. Voraussetzung hierfür ist:
• Die Qualität der angebotenen Leistung muss gewährleistet werden (Dignitäten);
• Die für das entsprechende Angebot notwendigen Infrastrukturinvestitionen sowie die personellen Ressourcen müssen allgemeinen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.
2. Wirtschaftliches Handeln der Spitäler soll belohnt werden, unternehmerisches Handeln und Denken soll gefördert werden
Grundsätzlich ist dazu zu vermerken, dass das wirtschaftliche Handeln mit der Einführung des DRG (CMI) basierten Finanzierungsmodel (Leistungsorientierung) fraglos stark gefördert wird. Spitäler, welche in diesem System nicht wirtschaftlich handeln, müssen für die dadurch entstehenden überproportional hohen Kosten jeweils ihre Trägerschaft zur Kasse bitten.
Mit der Einführung des CMI (case mix index) hat man einen sehr guten und allgemein anerkannten Weg zur Vergleichbarkeit der Spitäler unter gleichzeitiger Berücksichtigung des unterschiedlichen Schweregrades der behandelten stationären Patienten gewählt. Der CMI bildet die Basis für die Ausrichtung sowohl der Fallbeiträge als auch der Investitionsbeiträge durch den Kanton Graubünden an die Spitäler.
Im Vollzug des teilrevidierten KPG zeigt sich diesbezüglich jedoch ein erheblicher Schwachpunkt, welcher den Wettbewerb unter den Spitälern stark einschränkt. So beträgt der Kantonsbeitrag für die medizinischen Leistungen beim Zentrumsspital 90% und bei den Regionalspitälern 85% der Beiträge an den anerkannten Fallaufwand. Bei den Investitionen leistet der Kanton einen Beitrag von 70% beim Zentrumsspital und von 50% bei den Regionalspitälern. Diese unterschiedlichen Beitragssätze entsprechen einer nicht nachvollziehbaren Bevorzugung des Zentrumsspitals zu ungunsten der Regionalspitäler. Das marktwirtschaftliche Prinzip „gleiche Leistung, gleicher Preis“ wird nicht konsequent angewendet.
Ohne rasche Anpassung der entsprechenden Gesetzesartikel ist mittel- bis langfristig mit erheblichen Auswirkungen auf die Spitallandschaft des Kantons Graubünden zu rechnen. Nachdem es zum Zeitpunkt der Vernehmlassung und Einführung des revidierten KPG eindeutig dem politischen Willen entsprach, gleich lange Spiesse für alle Spitäler zu schaffen, müssen die relevanten Gesetzesartikel im KPG und die dazu gehörende Vollzugsverordnung baldmöglichst angepasst werden. Gleiche Voraussetzungen für alle Spitäler schaffen vergleichbare Zahlen. Damit wird wirtschaftliches Verhalten sichtbar und Fehlentwicklungen können schneller beurteilt werden. Dies wird sich mit Sicherheit auf die Gesamtkosten des Spitalwesens im Kanton Graubünden positiv auswirken.
In diesem Sinne soll der Beitragssatz des Kantons an das Zentrumsspital sowie an die Regionalspitäler sowohl an die Investitionen als auch an den anerkannten Fallaufwand gleich hoch sein. Die höhere Investitionsintensität sowie der höhere Schweregrad der behandelten Patienten im Kantonsspital werden mit dem CMI (Schweregradindex) genügend berücksichtigt.
Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, die notwendigen Änderungen der gesetzlichen Grundlagen rasch möglichst an die Hand zu nehmen damit das KPG dem neuen liberalisierten Umfeld im Bereich des Spitalwesens Rechnung tragen kann.
Chur, 22. April 2008
Name: Hardegger, Pfäffli, Bundi, Arquint, Berni, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Bezzola (Samedan), Bleiker, Blumenthal, Brantschen, Buchli, Bühler-Flury, Butzerin, Caduff, Campell, Candinas, Castelberg-Fleischhauer, Casutt (Falera), Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Clavadetscher, Darms-Landolt, Dermont, Dudli, Fallet, Fasani, Hartmann (Champfèr), Jaag, Jenny, Koch, Kollegger, Mani-Heldstab, Mengotti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel (Davos), Noi-Togni, Parolini, Pedrini, Pfister, Plozza, Ratti, Rizzi, Stoffel, Thurner-Steier, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Zanetti, Engler, Grass, Hartmann (Küblis), Jecklin, Kunz (Fläsch)
Session: 22.04.2008
Vorstoss: dt Auftrag