Navigation

Inhaltsbereich

Session: 22.04.2008
Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 hat der Kanton Graubünden ein leistungsorientiertes System für die Finanzierung der öffentlichen Spitäler eingeführt. Mit dem neuen Finanzierungssystem sollten primär die folgenden Anforderungen erfüllt werden:

a) Die Finanzierung hat sich an den erbrachten Leistungen zu orientieren;
b) Wirtschaftliches Handeln der Leistungserbringer soll belohnt werden;
c) Mehr Eigenverantwortung der Spitäler durch Abbau von operativen Vorgaben durch den Kanton (Förderung des unternehmerischen Denkens und Handelns);
d) Gewährleistung der Versorgungssicherheit;
e) Vermeidung von Mengenausweitungen.

Inzwischen konnten mit dem neuen Finanzierungsmodell die ersten Erfahrungen gesammelt werden und der Systemwechsel zur Leistungsorientierung wird grundsätzlich nach wie vor von allen Marktteilnehmern positiv beurteilt. Der Vollzug des teilrevidierten KPG hat in der Zwischenzeit jedoch einige erhebliche Schwachpunkte aufgezeigt, welche einer dringenden Korrektur bedürfen. Die ursprünglichen Zielsetzungen der neuen Spitalfinanzierung können insbesondere in den folgenden beiden Punkten nicht erreicht werden:

1. Förderung des unternehmerischen Handelns

Im Anhang zum KPG werden die Versorgungsstufen, das zulässige beitragsberechtigte Leistungsangebot und die dafür erforderliche Infrastruktur festgelegt. Gleichzeitig wird in Artikel 6a KPG, Absatz 2 festgehalten, dass der Kanton Graubünden individuelle Leistungsvereinbarungen mit jedem Spital trifft.

Im Zusammenhang mit der Erarbeitung und der Umsetzung von individuellen Leistungsaufträgen hat sich mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass im Anhang zum KPG nur die bestehenden Angebotsstrukturen „eingefroren“ wurden und der Wettbewerb im Bereich des Leistungsangebotes nicht stattfinden kann. Mit der Zementierung der bestehenden Leistungsangebote wird jeglicher Wettbewerb unter den Spitälern nachhaltig verhindert und insbesondere die Regionalspitäler werden praktisch jeglicher Möglichkeit beraubt, ihre betriebswirtschaftlichen Strukturen effizient auf Markt und Wettbewerb auszurichten.

Angesichts des sich rasch verändernden Umfeldes im Spitalwesen, wie die DRG Finanzierung auf Vollkostenbasis (monistisches Finanzierungssystem, d.h. durchgängig leistungsorientierte Finanzierung inkl. der Investitionsbeiträge), freie Spitalwahl ganze Schweiz etc., ist eine Revision dringend notwendig. Die geplanten Reformen im Spitalwesen verlangen mehr Markt und Wettbewerb. Damit die Spitäler in einem solchen auch interkantonal liberalisierten Umfeld optimale Leistungen zu günstigen Kosten erbringen können, brauchen sie betriebswirtschaftliche Autonomie und Spielraum zur Gestaltung ihres Leistungsangebotes.

In diesem Sinne ist der Anhang zum KPG als minimaler Versorgungsauftrag zu interpretieren. Das konkrete Leistungsangebot wird mittels der individuellen Leistungsvereinbarung definiert. Dabei können zusätzliche Leistungen aufgenommen werden. Voraussetzung hierfür ist:

• Die Qualität der angebotenen Leistung muss gewährleistet werden (Dignitäten);
• Die für das entsprechende Angebot notwendigen Infrastrukturinvestitionen sowie die personellen Ressourcen müssen allgemeinen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.

2. Wirtschaftliches Handeln der Spitäler soll belohnt werden, unternehmerisches Handeln und Denken soll gefördert werden

Grundsätzlich ist dazu zu vermerken, dass das wirtschaftliche Handeln mit der Einführung des DRG (CMI) basierten Finanzierungsmodel (Leistungsorientierung) fraglos stark gefördert wird. Spitäler, welche in diesem System nicht wirtschaftlich handeln, müssen für die dadurch entstehenden überproportional hohen Kosten jeweils ihre Trägerschaft zur Kasse bitten.

Mit der Einführung des CMI (case mix index) hat man einen sehr guten und allgemein anerkannten Weg zur Vergleichbarkeit der Spitäler unter gleichzeitiger Berücksichtigung des unterschiedlichen Schweregrades der behandelten stationären Patienten gewählt. Der CMI bildet die Basis für die Ausrichtung sowohl der Fallbeiträge als auch der Investitionsbeiträge durch den Kanton Graubünden an die Spitäler.

Im Vollzug des teilrevidierten KPG zeigt sich diesbezüglich jedoch ein erheblicher Schwachpunkt, welcher den Wettbewerb unter den Spitälern stark einschränkt. So beträgt der Kantonsbeitrag für die medizinischen Leistungen beim Zentrumsspital 90% und bei den Regionalspitälern 85% der Beiträge an den anerkannten Fallaufwand. Bei den Investitionen leistet der Kanton einen Beitrag von 70% beim Zentrumsspital und von 50% bei den Regionalspitälern. Diese unterschiedlichen Beitragssätze entsprechen einer nicht nachvollziehbaren Bevorzugung des Zentrumsspitals zu ungunsten der Regionalspitäler. Das marktwirtschaftliche Prinzip „gleiche Leistung, gleicher Preis“ wird nicht konsequent angewendet.

Ohne rasche Anpassung der entsprechenden Gesetzesartikel ist mittel- bis langfristig mit erheblichen Auswirkungen auf die Spitallandschaft des Kantons Graubünden zu rechnen. Nachdem es zum Zeitpunkt der Vernehmlassung und Einführung des revidierten KPG eindeutig dem politischen Willen entsprach, gleich lange Spiesse für alle Spitäler zu schaffen, müssen die relevanten Gesetzesartikel im KPG und die dazu gehörende Vollzugsverordnung baldmöglichst angepasst werden. Gleiche Voraussetzungen für alle Spitäler schaffen vergleichbare Zahlen. Damit wird wirtschaftliches Verhalten sichtbar und Fehlentwicklungen können schneller beurteilt werden. Dies wird sich mit Sicherheit auf die Gesamtkosten des Spitalwesens im Kanton Graubünden positiv auswirken.

In diesem Sinne soll der Beitragssatz des Kantons an das Zentrumsspital sowie an die Regionalspitäler sowohl an die Investitionen als auch an den anerkannten Fallaufwand gleich hoch sein. Die höhere Investitionsintensität sowie der höhere Schweregrad der behandelten Patienten im Kantonsspital werden mit dem CMI (Schweregradindex) genügend berücksichtigt.

Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, die notwendigen Änderungen der gesetzlichen Grundlagen rasch möglichst an die Hand zu nehmen damit das KPG dem neuen liberalisierten Umfeld im Bereich des Spitalwesens Rechnung tragen kann.

Chur, 22. April 2008

Name: Hardegger, Pfäffli, Bundi, Arquint, Berni, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Bezzola (Samedan), Bleiker, Blumenthal, Brantschen, Buchli, Bühler-Flury, Butzerin, Caduff, Campell, Candinas, Castelberg-Fleischhauer, Casutt (Falera), Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Clavadetscher, Darms-Landolt, Dermont, Dudli, Fallet, Fasani, Hartmann (Champfèr), Jaag, Jenny, Koch, Kollegger, Mani-Heldstab, Mengotti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel (Davos), Noi-Togni, Parolini, Pedrini, Pfister, Plozza, Ratti, Rizzi, Stoffel, Thurner-Steier, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Zanetti, Engler, Grass, Hartmann (Küblis), Jecklin, Kunz (Fläsch)

Session: 22.04.2008
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Mit dem Auftrag werden zwei Ziele verfolgt, nämlich die Definition des beitragsberechtigten Leistungsangebotes in den individuellen Leistungsvereinbarungen des Kantons mit den Regionalspitälern und die Gleichbehandlung des Zentrumsspitals und der Regionalspitäler bei den Betriebs- und Investitionsbeiträgen des Kantons.

1. Durch die seit dem 1. Januar 2005 geltende leistungsbezogene Spitalfinanzierung durch den Kanton werden die Spitäler zu wirtschaftlichem Verhalten veranlasst. Um der damit verbundenen Herausforderung begegnen zu können, soll gemäss dem Auftrag den Spitälern unter zu definierenden Voraussetzungen unternehmerische Freiheit in Bezug auf die Ausgestaltung ihres medizinischen Angebots eingeräumt werden.

Die Spitalplanung und damit auch die Festlegung des beitragsberechtigten Angebotes der Spitäler sind periodisch zu überprüfen. Dabei sind die Vorgaben der Kantonsverfassung und der Bundesgesetzgebung zur Krankenversicherung zu beachten.

Gemäss der Kantonsverfassung sind alle wichtigen Bestimmungen durch den Grossen Rat in Form des Gesetzes zu erlassen. Die Festlegung des beitragsberechtigten Leistungsangebotes der Spitäler ist Abbild der Spitalplanung des Kantons. Angesichts der Tragweite der Festlegung des beitragsberechtigten Angebotes der Spitäler hat diese somit in den Grundzügen auf Gesetzesstufe und bezüglich weniger wichtiger Fragen auf Verordnungsstufe durch die Regierung zu erfolgen. In den individuellen Leistungsvereinbarungen zwischen dem Kanton und den einzelnen Spitälern können lediglich Details geregelt werden.

Gemäss dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung sind die Kantone verpflichtet, eine Planung für eine bedarfsgerechte Spitalversorgung zu erstellen. Im Rahmen der am 1. Januar 2009 in Kraft tretenden Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes wird der Bundesrat neu beauftragt, für die Planung der bedarfsgerechten Spitalversorgung durch die Kantone einheitliche Kriterien auf der Grundlage von Qualität und Wirtschaftlichkeit zu erlassen. Die vom Bundesrat erlassenen Planungskriterien sind vom Kanton bei der Überarbeitung der Spitalplanung und der gestützt darauf zu erlassenden Spitalliste und damit auch für das von den Krankenversicherern und vom Kanton zu finanzierende Leistungsangebot der einzelnen Spitäler massgebend.

Auch wenn die Planungskriterien noch nicht vorliegen, ist davon auszugehen, dass die Erfahrungs- und Fallzahlen ein massgebliches Kriterium sein werden. Diese Zahlen sind nach der Meinung eines Grossteils der Experten ein zuverlässiger Faktor für die Qualität medizinischer Behandlungen. Massgebend für die Zuordnung einer Fachrichtung zu einem Spital kann dabei naturgemäss nicht nur die fachliche Kompetenz des betreffenden Chefarztes sein. In die Entscheidfindung einzubeziehen sind auch die personellen und infrastrukturellen Ressourcen des Spitals bei Komplikationen (Intensivstation, Stellvertretung etc.) und die Gesamtqualität des Spitals (präoperative Abklärung, Anästhesie, postoperative oder postinterventionelle Betreuung, spezialisierte Pflege etc.).

2. In der Vernehmlassung zur Neugestaltung des Finanzausgleiches und der Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden schlägt die Regierung für alle Spitäler sowohl für den Beitrag an den Betrieb wie auch für denjenigen an die Investitionen einen einheitlichen Beitragssatz des Kantons von 80% vor. Zusätzlich ist vorgesehen, die subventionierten Spitäler von der Beteiligung des Kantons an den Einnahmen aus der Behandlung von ausserkantonalen, zusatzversicherten und selbstzahlenden Patienten zu entbinden. Die entsprechenden Abgabesätze sind derzeit beim Zentrumsspital 50% höher als bei den Regionalspitälern. Durch diese Massnahmen wird die im Auftrag geforderte Gleichbehandlung aller subventionierter Spitäler im Kanton erreicht.

3. Die Regierung ist bereit, den Auftrag im Sinne der vorstehenden Ausführungen entgegenzunehmen und dem Grossen Rat eine Vorlage für eine den Planungskriterien des Bundesrates entsprechende Anpassung des im Anhang zum Krankenpflegegesetz festgelegten beitragsberechtigten Angebotes der Spitäler im Kanton zu unterbreiten.

Datum: 03. Juli 2008