Während fast 150 Jahren blieben die Grundzüge der Gerichtsorganisation im Kanton Graubünden nahezu unverändert; erst in den letzten zehn Jahren wurde die Justiz an die veränderten Bedürfnisse angepasst. Die Gerichtsreform 1 (erstinstanzliche Gerichte) hat sich grundsätzlich bewährt; insbesondere die Bündelung der Aufgaben hat die gewünschten Verbesserungen gebracht. Die Justizreform 2 (Kantons- und Verwaltungsgericht) kann noch nicht beurteilt werden, da das Kernstück der Vorlage (Wechsel zum Vollamt bei den Richterinnen und Richtern) erst auf den 1. Januar 2009 in Kraft treten wird.
Voraussichtlich auf den 1. Januar 2010 werden die schweizerische Straf- und Zivilprozessordnung und später das rev. Kindes- und Erwachsenenschutzrecht in Kraft treten. Deren zwingende Vorgaben führen zu weiteren Anpassungen im Bereich der erstinstanzlichen Zivil- und Strafgerichtsbarkeit. Die Regierung will die Gelegenheit nutzen, um die Aufgaben im Justizbereich zu entflechten und die erstinstanzliche Gerichtsbarkeit bei den Bezirksgerichten bzw. das Strafbefehlsverfahren bei der Staatsanwaltschaft zu konzentrieren. Nach Auffassung der KJS sind in diesem Zusammenhang auch die bei der Gerichtsreform 1 zurückgestellten Reformen beförderlich an die Hand zu nehmen, um zu vermeiden, dass die Gerichtsorganisation in kurzer Zeit einer weiteren Reform unterzogen werden muss. Die Bezirksorganisation im Kanton Graubünden ist mit Blick auf die künftigen Anforderungen auszugestalten. Danach ist von weiteren Reformen abzusehen, um die ans Bundesrecht angepassten und optimierten Struktur zu konsolidieren.
Die KJS beauftragt hiermit die Regierung, die Struktur und Organisation der Bezirksgerichte, des Vormundschaftswesens, der Betreibungs- und Konkursämter sowie der Kreisnotariate im Lichte der übergeordneten Rechtsentwicklung einer näheren Betrachtung zu unterziehen, dem Grossen Rat darüber Bericht zu erstatten und konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Zu prüfen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Bezirkseinteilung (Grösse der Gerichtssprengel, allenfalls territoriale Angleichung an Regionalverbände), die Stellvertreterregelung und das Wahlverfahren, inklusive die Amtsdauer. Die Zuweisung administrativer Zuständigkeiten soll dabei möglichst gebündelt an ein einziges Staatsorgan erfolgen. Im Rahmen der ebenfalls zu prüfenden Kantonalisierung der unteren Gerichte sind einheitliche Lösungen, etwa im Bereiche der Vorsorge, anzustreben.
Chur, 23. April 2008
Name: Rathgeb, Bezzola (Zernez), Bondolfi, Butzerin, Campell, Casutt (Falera), Christoffel-Casty, Hartmann (Champfèr), Keller, Menge, Sax
Session: 23.04.2008
Vorstoss: dt Auftrag