In den letzten zehn Jahren haben sehr viele Gemeinden zum Wohle der schwächsten Verkehrsteilnehmer, den Kindern und den Seniorinnen und Senioren innerorts Tempo 30 eingeführt. Die Signalisationsverordnung Art. 2a, 22a, die Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen sowie die kant. Richtlinie „Verkehrsberuhigung innerorts“ bilden die gesetzlichen Grundlagen. Die kantonale Kommission für die Festlegung differenzierter Höchstgeschwindigkeiten im Strassenverkehr (Geschwindigkeitskommission) und die Fachleute der Kantonspolizei haben in der jüngeren Praxis durchaus auch Kantonsstrassen mit untergeordnetem Verbindungscharakter, ja sogar Hauptstrassenabschnitte in den Tempo-30-Perimeter eingeschlossen. Die Unfälle in Tempo 30-Zonen im Kanton haben sich in etwa halbiert. Mit Tempo 30 nimmt die Lärmbelastung erheblich ab und sogar die Luftqualität wird etwas besser.
Im Gegensatz zu den Gemeindestrassen schreibt der Kanton auf seinen Strassen beim Überschreiten des V-85 Wertes, d.h. wenn 15 % der überprüften Fahrzeuge auf einem bestimmten Strassenabschnitt schneller als 42 bzw. 44 km/h fahren, automatisch min. zwei sog. horizontale Versätze (Trottoirausweitungen) vor. Diese „Schikanen“ führen für die betroffenen Anwohner punktuell zu Lärmmehrbelastung und hemmen den Verkehrsfluss. Die baulichen Massnahmen verursachen zudem nicht zu vernachlässigende Investitionen und sind oft der einzige Grund für eine politische Ablehnung von Tempo 30. Der V-85 Wert vor der Tempo-30-Einführung scheint mit 42 bzw. 44 km/h zudem etwas tief angesetzt zu sein. Eine Erhöhung um ca. 5 km/h würde dazu führen, dass die Temporeduktion auf wirklich gefährlichen Strassen auch eingeführt würde.
Ein Jahr nach Einführung einer Tempo-30-Zone wird deren Wirksamkeit überprüft. Ob die Temporeduktion auch ohne bauliche Massnahmen zum Erfolg geführt hätte, kann auf benannten Kantonsstrassenabschnitten leider nicht mehr überprüft werden.
Tempo-30-Zonen sollen gemäss kantonaler Praxis auf Strassen mit beidseitigem Gehweg grundsätzlich nicht eingerichtet werden. Handelt es sich um eine Quartierstrasse mit spielenden Kindern oder einen wichtigen Schulweg erscheint diese Einschränkung nicht zielführend. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass das Queren der Strasse durch wichtige Schulwege nicht als Kriterium zugunsten der Einführung von Tempo 30 berücksichtigt ist. Immerhin passieren die meisten Unfälle mit Fussgängern, wenn diese die Strasse queren.
Wir fragen die Regierung deshalb an, ob sie
1. gedenkt, die Richtlinien für Verkehrsberuhigungen dahingehend anzupassen, dass bauliche Massnahmen zu Tempo 30 erst im Rahmen der obligatorischen Nachkontrolle umgesetzt werden müssen?
2. bereit ist, den V85-Wert vor der Temporeduktion um ca. 5 km anzuheben?
3. die Kriterien beidseitiger Gehwege und die Überquerung in den genannten Richtlinien zu überdenken bereit ist?
Chur, 10. Juni 2008
Name: Feltscher, Thöny, Geisseler, Arquint, Berni, Brantschen, Bucher-Brini, Casutt, Caviezel-Sutter (Thusis), Clavadetscher, Conrad, Donatsch, Felix, Frigg-Walt, Jaag, Jenny, Kleis-Kümin, Kollegger, Krättli-Lori, Mani-Heldstab, Menge, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel (Davos Monstein), Niederer, Noi-Togni, Perl, Peyer, Pfiffner-Bearth, Pfister, Ragettli, Rathgeb, Ratti, Rizzi, Sax, Stiffler, Trepp, Wettstein, Furrer-Cabalzar, Locher Benguerel, Michel (Chur), Patt, Scartazzini
Session: 10.06.2008
Vorstoss: dt Anfrage