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Session: 10.06.2008
An den diesjährigen Richterwahlen für die Besetzung der elf Bezirksgerichte im Kanton Graubünden kam es lediglich in wenigen Bezirken zu „echten“ Wahlen, in welchen die Wahlberechtigten zwischen verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten auswählen konnten. In den meisten Bezirken wurden lediglich so genannte „Bestätigungswahlen“ durchgeführt, da nicht mehr Kandidaturen vorlagen, als Sitze zu vergeben waren. Wohl auch deshalb war in diesen Bezirken eine relativ geringe Stimmbeteiligung zu verzeichnen. Gerade bei den Bezirksrichterwahlen ist auch inskünftig damit zu rechnen, dass es zu blossen Bestätigungswahlen kommen wird, da die Parteien einerseits vielfach freiwillig eine bestehende Sitzverteilung aufrecht erhalten wollen und andererseits die Bereitschaft zur Annahme eines Richteramtes teilweise ohnehin nicht sehr gross ist. Gemäss geltendem Recht ist bei den Bezirksrichterwahlen gleichwohl und in jedem Fall eine ordentliche Wahl notwendig. Dies ist wenig sinnvoll, weshalb die Möglichkeit von Stillen Wahlen bei den Bezirksrichterwahlen eingeführt werden sollte. Für den Fall, dass nicht mehr Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen sind, als Sitze zu vergeben sind, würde demnach kein Wahlgang mehr durchgeführt werden müssen. Die vorgeschlagenen Personen würden vielmehr durch behördliche Erklärung als „gewählt“ bezeichnet werden. Das Institut der „Stillen Wahl“ würde die Wahlberechtigten entlasten, indem sich diese auf die wirklich umstrittenen kommunalen, kantonalen und eidgenössischen Vorlagen und Wahlgeschäfte konzentrieren könnten. Stille Wahlen führen überdies zu Kosteneinsparungen bei den Behörden (beispielsweise keine Kosten für den Druck von Wahlzetteln), bei den Parteien sowie den Kandidatinnen und Kandidaten selbst. Auch unter dem Gesichtspunkt, wonach Wahlen „demokratisch“ sein müssen, ist eine Stille Wahl als unbedenklich zu qualifizieren. Durch Einreichung von genügend Wahlvorschlägen wird es den Bürgerinnen und Bürger nämlich jederzeit und ohne grösseren Aufwand möglich sein, eine „offene“ Wahl zu erwirken.

Für die Einführung der Stillen Wahl auf der Ebene der Besetzung der Richterstellen an den Bezirksgerichten sprechen demzufolge gewichtige Gründe. Die Stille Wahl stellt eine zweckmässige Lösung dar, weshalb die Regierung ersucht wird, die Rechtsgrundlagen, welche für die Wahlen betreffend die Bezirksgerichte die Durchführung von stillen Wahlen ermöglichen, zu schaffen.

Chur, 10. Juni 2008

Name: Bondolfi, Hartmann (Chur), Arquint, Berni, Bischoff, Blumenthal, Bucher-Brini, Buchli, Caduff, Candinas, Casutt, Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Cavigelli, Christoffel-Casty, Darms-Landolt, Fallet, Feltscher, Florin-Caluori, Jenny, Keller, Kleis-Kümin, Kollegger, Kunz, Menge, Niederer, Parolini, Rizzi, Sax, Stiffler, Tenchio, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Locher Benguerel, Luzio, Michel (Chur), Patt, Pedrini (Soazza)

Session: 10.06.2008
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Bei der letzten, auf 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Totalrevision des Gesetzes über die politischen Rechte im Kanton Graubünden vom 17. Juni 2005 haben Regierung und Grosser Rat die seinerzeit in der Vernehmlassung, aber auch schon früher gelegentlich erhobene Forderung nach der allgemeinen Einführung des Instituts der "Stillen Wahlen" abgelehnt. Die Regierung hatte dabei in der Botschaft ihre Haltung wie folgt begründet: "Mit der Neuregelung der Berechnung des absoluten Mehrs reduzieren sich die Fälle, wo es zu zweiten Wahlgängen kommt, sodass diesbezüglich kein dringender Regelungsbedarf besteht. Gegenüber diesem Institut sind aber auch grundsätzliche staatspolitische Vorbehalte anzubringen. Demokratische Volkswahlen sind nicht bloss technische Mittel zur Behördenbestellung. Ihnen kommt vielmehr auch Legitimationsfunktion zu. Diese Legitimierung der "Gewählten" durch das Volk entfällt aber bei der stillen Wahl. Stimmenzahlen können zudem auch bei unbestrittenen Wahlen politische Signale geben. Schliesslich würde bei der stillen Wahl das Verfahren komplizierter und das freie Vorschlagsrecht eingeschränkt." (Botschaftenheft Nr. 1/2005-2006, S. 13). Der vorliegende Vorstoss verlangt nicht die allgemeine Einführung des Instituts der "Stillen Wahl", sondern möchte, dass diese Möglichkeit bei den Bezirksgerichtswahlen geschaffen wird. Die Wahl der Bezirksgerichte durch das Volk hat im Kanton Graubünden keine lange Tradition, sondern wurde erst im Zuge der Bündner Gerichtsreform vom 12. März 2000 eingeführt. Vorher wurden die Bezirksgerichte von einer sogenannten Wahlmänner-Versammlung gewählt. Seither haben nun drei Volkswahlen für die Bezirksgerichte stattgefunden, zuletzt am 1. Juni 2008. Von Anfang an zeigte sich ein eher mässiges Interesse der Stimmbevölkerung an der Bestellung dieser Justizbehörden. In diesem Jahr kam es lediglich noch in wenigen Bezirken zu "echten" Wahlen, in welchen die Wahlberechtigten zwischen verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten auswählen konnten. In den meisten Bezirken standen nicht mehr Kandidaturen zur Verfügung, als Sitze zu vergeben waren. Entsprechend gering ist denn auch in den meisten Bezirken die Partizipation der Stimmberechtigten ausgefallen. Nach den bisherigen Erfahrungen darf davon ausgegangen werden, dass sich die Situation auch bei künftigen Wahlen nicht wesentlich anders präsentieren wird.

Aufgrund der aufgezeigten Umstände und der zu erwartenden Entwicklung erachtet die Regierung die Forderung nach der Einführung des Instituts der "Stillen Wahl" spezifisch für die Wahl der Bezirksgerichte als gerechtfertigt. Nachdem es um die Bestellung von Justizbehörden und nicht von politischen Behörden geht, fallen die eingangs aufgeführten staatspolitischen Bedenken nicht entscheidend ins Gewicht, sondern treten vielmehr gegenüber den verfahrensökonomischen Vorteilen der "Stillen Wahl" in den Hintergrund. Mit der "Stillen Wahl" lassen sich beträchtliche Kosten und Energien für sämtliche Beteiligten (Kandidatinnen und Kandidaten, Parteien, und Behörden) einsparen. Die "Stille Wahl" leistet aber auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Stimmmüdigkeit, indem sie unnötige Urnengänge bei unbestrittenen Wahlen verhindert.

Nach dem Ausgeführten ist die Regierung bereit, den Auftrag entgegenzunehmen.

Datum: 04. September 2008