Bund, Kantone und Gemeinden beschaffen pro Jahr für rund 34 Milliarden Franken verschiedenste Waren, Dienst- und Bauleistungen. Diese Summe entspricht 25% der Staatsausgaben und etwa 8% des Bundesinlandprodukts. Diese gewichtige Nachfragemacht bedeutet Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung, faire Arbeitsbedingungen und Verbesserung der Lebensqualität der Menschen lokal und weltweit.
Bereits heute enthält das Beschaffungsrecht soziale Kriterien: So darf ein Auftrag beispielsweise nur an Anbieterinnen und Anbieter vergeben werden, welche die lohnmässige Gleichstellung von Frau und Mann gewährleisten. Der Bund fasst die Instrumente zur Umsetzung ökologischer und sozialer Normen im öffentlichen Beschaffungswesen unter dem Begriff «Integrierte Produktepolitik» (IPP) zusammen. Produkte und Dienstleistungen sollen über ihren gesamten Lebenszyklus (Planungs-, Herstellungs-, Nutzungs- und Entsorgungsphase) hohen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Anforderungen genügen, wie der Bundesrat in seinem Strategiebericht „Nachhaltige Entwicklung 2002“ dargelegt und in seiner Bilanz 2007 bekräftigt hat. Namentlich sollen die acht von der Schweiz ratifizierten Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zum Schutz fundamentaler Arbeitsnormen von den Anbietenden eingehalten werden müssen. Die IAO hat diese Übereinkommen 1998 zum menschenrechtlichen Grundstandard erhoben. Sie müssen auch von Staaten eingehalten werden, die sie nicht ratifiziert haben. Sie betreffen u. a. das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen, das Verbot der Zwangsarbeit, das Verbot der Kinderarbeit sowie die Nichtdiskriminierung am Arbeitsplatz.
Unter verschärften Wettbewerbsbedingungen verhindert ein fairer Handel einerseits, dass soziale und ökologische Dumpingangebote bei uns KMU aus dem Markt werfen und unsicheren, schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen Vorschub leisten. Andererseits fördert ein fairer Handel das wirtschaftliche Gedeihen der Länder des Südens. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen bekämpft die Armut in diesen Ländern und entzieht den Ursachen für Migration und Terrorismus den Boden. Dazu kann auch der Kanton Graubünden einen Beitrag leisten: Was für das Beschaffungswesen des Bundes gilt, ist auch für Kantone gültig. Darum soll die kantonale Submissionsverordnung im Gleichschritt mit der Bundesgesetzgebung angepasst werden. Dies rechtfertigt sich um so mehr, als die Kantone mit einem Anteil von 38% am jährlichen Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand die grössten Auftraggeber sind, weit vor dem Bund mit einem Anteil von 19%.
Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung daher, die notwendigen entsprechenden Anpassungen vorzunehmen, um im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens die Lieferanten und Leistungserbringer gesetzlich und vertraglich darauf zu verpflichten, bei der Ausführung des Auftrags die Bestimmungen der Kern-Übereinkommen der Internationalen Arbeits-Organisation (IAO) einzuhalten.
Chur, 10. Juni 2008
Name: Trepp, Peyer, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jäger, Menge, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Locher Benguerel, Michel (Chur), Pedrini (Soazza)
Session: 10.06.2008
Vorstoss: dt Auftrag