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Session: 28.08.2008
Wie durch die Medien bekannt wurde, hat der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) des Bundesamtes für Polizei die Daten von 6 Basler KantonsparlamentarierInnen mit Migrationshintergrund bearbeitet, ohne dass die hierfür notwendigen rechtlichen Voraussetzungen gegeben gewesen wären. Die bisher bekannt gewordene Sachlage legt die Vermutung nahe, dass es sich bei den Fällen, auf die die Basler Geschäftsprüfungskommission nur per Zufall gestossen ist, nicht um eine Ausnahme handelt, sondern eher um die Spitze eines Eisbergs. Unklar ist dabei u.a., ob sich „nur“ ParlamentarierInnen mit Migrationshintergrund beunruhigen müssen oder ob auch andere „staatsgefährdende“ Eigenschaften oder Tätigkeiten gewählter VolksvertreterInnen und anderer sich politisch betätigenden Personen Anlass zur Fichierung boten.

Ich bitte deshalb die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Hat die Regierung Hinweise, dass auch in unserem Kanton Daten von VolksvertreterInnen (Kanton und Gemeinden) vom Staatsschutz bearbeitet werden?

2. Hat die Regierung Hinweise, dass in unserem Kanton Daten von Personen lediglich aufgrund ihrer sich im demokratischen Rahmen bewegenden politischen Aktivitäten gesammelt oder bearbeitet werden?

3. Wie ist in unserem Kanton die Zusammenarbeit zwischen dem DAP und den für den Staatsschutz zuständigen kantonalen Stellen geregelt und wer ist mit welchen Kompetenzen für die Aufsicht über den kantonalen Staatsschutz und die Zusammenarbeit mit dem DAP zuständig?

4. Wie wird in unserem Kanton konkret sichergestellt, dass es nicht zu Sammlung und Weitergabe von Daten kommt, für deren Bearbeitung keine rechtliche Grundlage besteht?

5. Wie schätzt die Regierung den Handlungsbedarf bezüglich Zusammenarbeit mit dem DAP und Aufsicht über die für den kantonalen Staatsschutz zuständigen Stellen ein?

Chur, 28. August 2008

Menge, Trepp, Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jäger, Meyer Persili (Chur), Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Fischer, Locher Benguerel

Session: 28.08.2008
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

1. Der kantonale Staatsschutz bearbeitet zurzeit keine Daten von Volksvertretern im Kanton Graubünden. Mit Bezug auf eidgenössische Staatsschutzdaten ist die Regierung nicht befugt, Auskunft zu erteilen. Dafür ist nach Art. 18 Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte zuständig. Wegen politischer Tätigkeiten wird niemand registriert; eine Informationsbearbeitung bleibt aber dann zulässig, wenn sich der politische Mandatsträger staatsschutzrelevant betätigt, beispielsweise Verbindungen zu einer Gruppierung unterhält, die auf der bundesrätlichen Beobachtungsliste steht.

2. Die Kantonspolizei bearbeitet keinesfalls Daten von Personen, welche sich im demokratischen und gesetzmässigen Rahmen politisch betätigen.

3. Der Staatsschutz des Bundes wird im Rahmen des BWIS wahrgenommen und umfasst die nachrichtendienstlichen Aufgaben im Inland mit dem Ziel, verfassungsgefährdende Entwicklungen zu erkennen und präventive oder repressive Massnahmen einzuleiten. Der Kanton ist in diesem Rahmen im Auftrag des Bundes tätig (Art. 6 BWIS). Seine Aufgabe umfasst die selbstständige Nachrichtenbeschaffung, -bearbeitung und -verbreitung in staatsschutzrelevanten Bereichen auf Kantonsgebiet (Art. 11 f. BWIS).

Die Staatsschutzaufgaben im Kanton Graubünden werden gemäss Art. 2 lit. c Polizeigesetz (BR 613.000) von der Kantonspolizei wahrgenommen. Dabei geht es darum, die für die kantonale Sicherheit relevanten Felder zu beobachten, damit rechtzeitig gerichtspolizeiliche Ermittlungen aufgenommen oder Massnahmen zur Gefahrenabwehr ergriffen werden können. Massgebend hiefür sind Einzelaufträge (Art. 6 BWIS) und allgemeine Informationsaufträge des Bundes (Art. 11 Abs. 1 BWIS), die bundesrätliche Beobachtungsliste (Art. 11 Abs. 2 f. BWIS) sowie Personensicherheitsprüfungen (Art. 19 ff. BWIS). Hinzu kommen kantonale Bedürfnisse mit Bezug zur inneren Sicherheit, wie die Beobachtung beispielsweise des lokalen Rechts- und Linksextremismus, des lokalen Hooliganismus oder von gewaltbereiten Personen im Sinne von Art. 28 PolG.

Der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) im Bundesamt für Polizei, welcher den Staatsschutz des Bundes wahrnimmt, verkehrt direkt mit dem Polizeikommando. Innerhalb der Kantonspolizei ist der Nachrichtendienst für die Zusammenarbeit mit dem DAP zuständig. Aufgaben und Kompetenzen des Nachrichtendienstes sind in Dienstanweisungen und Stellenbeschreibungen geregelt. Die Kantonspolizei wird für die Leistungen zu Gunsten des Bundes entschädigt.

4. Durch die Kantonspolizei erhobene staatsschutzrelevante Daten werden (getrennt von kantonalen Daten) im informatisierten Staatsschutz-Informations-System (ISIS) des Bundes bearbeitet. Datenbearbeitung und Datenschutz erfolgen nach Bundesrecht (Art. 15 – 18 BWIS und ISIS-Verordnung (SR 120.3).

Diese Personendaten können zusätzlich auch ins Datenbearbeitungssystem der Kantonspolizei eingegeben werden. Diesfalls richtet sich deren Bearbeitung nach den Datenschutzbestimmungen von Art. 27 – 29 Polizeigesetz und Art. 37 ff. Polizeiverordnung (BR 613.100), welche enger gefasst sind als jene des Bundes.

5. Die Regierung erkennt keinen Handlungsbedarf. Aufgaben und Kompetenzen des Nachrichtendienstes sowie die Zusammenarbeit mit dem DAP sind geregelt und funktionieren. Die kantonalen Beobachtungsfelder sind definiert, und über die Erkenntnisse wird die Vorsteherin des Departements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit periodisch informiert.

Datum: 5. November 2008