Der Bund diskutiert aktuell ein Programm zur Stabilisierung der schweizerischen Volkswirtschaft in Höhe von max. CHF 1.5 Milliarden. Vorgesehen ist im Wesentlichen, 1.) staatliche Investitionen sofort oder vorzeitig auszulösen und Budget-Kreditsperren aufzuheben sowie 2.) Sparprogramme zu sistieren und auf eine Erhöhung der Lohnnebenkosten zu verzichten. Die Effekte des eidgenössischen Programms zur Wirtschaftsstabilisierung werden aus Bündner Sicht separat zu analysieren sein. Gegebenenfalls besteht ein Bedarf nach begleitenden Massnahmen des Kantons.
Im Jahresprogramm 2009 der Regierung (Budget-Botschaft 2009, A11 ff.) hat sich der aktuelle allgemeine wirtschaftliche Abschwung im nationalen und internationalen Umfeld nur ansatzweise niedergeschlagen. Die Ereignisse haben sich nach dessen Verabschiedung durch die Regierung dynamisch zu überstürzen begonnen. Einige Jahresziele haben starken Einfluss auf die Bündner Volkswirtschaft. Diese Einflüsse dürften vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftslage neu zu analysieren sein. Gegebenenfalls besteht ein Bedarf, die Jahresziele 2009 leicht anzupassen und/oder mit (u.U. sofort wirkenden) Begleitmassnahmen zu ergänzen.
Das Eigenkapital des Kantons wird per 31.12.2008 rund CHF 600 Millionen betragen (Staatsrechnung 2007, B46; Budget-Botschaft 2009, A69). Der Kanton ist damit in Übereinstimmung mit den finanzpolitischen Vorgaben des Grossen Rates in hohem Masse finanzpolitisch handlungsfähig (Richtwert 10: Eigenkapital von CHF 200 Millionen; Budget-Botschaft 2009, A39). Er kann, falls und soweit dies tunlich sein sollte, die Bündner Volkswirtschaft mit einem Paket an Einzelmassnahmen antizyklisch stabilisieren und/oder Staatshaushaltsdefizite in Kauf nehmen. Solitäre Massnahmen wie die Reallohnerhöhung um 2% für die Kantonsangestellten sind im Budget 2009 des Kantons bereits enthalten.
Der gemäss Budget-Botschaft 2009 aktualisierte Finanzplan 2010-2012 des Kantons basiert auf einem Stand per September 2008 (Budget-Botschaft 2009, A72 f.). Aufgrund des aktuellen allgemeinen wirtschaftlichen Abschwungs ist er in Teilen heute bereits wieder überholt. Zum Beispiel der Eckwert „Wirtschaftswachstum von 1.5%“: Die schweizerische Volkswirtschaft befindet sich vor dem Übertritt in eine Rezession. Oder der Eckwert „Zinsniveau von 4%“: Die SNB hat den Leitzins in den letzten sechs Wochen dreimal gesenkt, am 20.11.2008 sogar um einen ganzen Prozentpunkt; die Geschäftsbanken folgten im November 2008 mit einer ersten Zinssenkung und werden mit einer zweiten bald weiter nachziehen. Die Finanzplanzahlen für das vierte Finanzplanjahr, d.h. für das Jahr 2013, will die Regierung in Abweichung zu früheren Jahren nicht zusammen mit dem Budget, sondern erst im Frühling 2009 aktualisieren (Budget 2009, A72). Der Finanzplan 2010-2013 wird in einigen wesentlichen Teilen als ganzes zu aktualisieren sein.
Angesichts des allgemeinen wirtschaftlichen Abschwungs im nationalen und internationalen Umfeld und der ihn begleitenden Instabilität und Dynamik ergeben sich für die Unterzeichneten daher folgende Fragen:
1. Wie beurteilt die Regierung die kürzer- und längerfristigen Auswirkungen des aktuellen wirtschaftlichen Abschwungs im nationalen und internationalen Umfeld (Krise der Finanzindustrie; Wachstumsverlangsamung in der Realwirtschaft; Rezession/Rezessionsgefahr) auf die Bündner Volkswirtschaft?
2. Wie beurteilt die Regierung die kürzer- und längerfristigen Auswirkungen auf der Basis der Neugestaltung des Eidgenössischen Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen, aus welchem der Kanton Graubünden über 40% seiner Staatseinnahmen finanziert (reiche Kantone mit weniger Steuererträgen und weniger Ausgleichsabgaben)?
3. Wie beurteilt die Regierung das Bedürfnis nach kantonal-staatlichen Massnahmen zur Stabilisierung der Bündner Volkswirtschaft (antizyklische Investitionen; Steuersenkungen als Konsumanreiz; Sondermassnahmen)? Haben gewisse Wirtschaftszweige und/oder Regionen besondere Bedürfnisse?
4. Falls die Regierung Bedürfnisse im Sinne der Frage 2 teilweise erkennt: Welche Art von Massnahmen wird die Regierung unter welchen Rahmenbedingungen in welchem Zeithorizont vertiefter prüfen und/oder umsetzen?
5. Ist die Regierung bereit, den Inhalt ihres Strategiepapiers mit den Abklärungsergebnissen und Überlegungen (Analyse mit allfällig beschlossenen und/oder vorbehaltenen Massnahmen) in der Form eines „summary“ zu einem baldigen Zeitpunkt - bspw. gleichzeitig mit der Beantwortung dieser Anfrage - dem Grossen Rat zugänglich zu machen?
Chur, 9. Dezember 2008
Cavigelli, Conrad, Hartmann (Chur), Augustin, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Bischoff, Blumenthal, Bundi, Candinas, Caviezel-Sutter (Thusis), Dermont, Dudli, Fasani, Federspiel, Florin-Caluori, Geisseler, Hardegger, Jenny, Krättli-Lori, Kunz (Chur), Loepfe, Mani-Heldstab, Michel (Davos Monstein), Möhr, Niederer, Parolini, Parpan, Plozza, Portner, Quinter, Rizzi, Sax, Stiffler, Tenchio, Thurner-Steier, Toschini, Tuor, Brunold, Caluori, Engler, Furrer-Cabalzar, Hartmann (Küblis), Hauser, Patt
Session: 09.12.2008
Vorstoss: dt Anfrage