In jüngster Zeit gab die Stellung von Sans Papiers, welche sich schon seit Jahren in der Schweiz aufhalten, in den Medien und in weiten Kreisen der Bevölkerung zur Diskussionen und Kritik an den Migrationsbehörden Anlass. Jüngstes Beispiel ist die Besetzung der Predigerkirche in Zürich, welche den Kanton Zürich dazu veranlasste, die Einführung einer Härtefallkommission zu prüfen.
Gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG kann der Kanton mit Zustimmung des Bundesamtes für Migration einer Person eine Aufenthaltsbewilligung erteilen, wenn sich diese seit Einreichung des Asylgesuches mindestens fünf Jahre in der Schweiz aufhält, ihr Aufenthaltsort den Behörden immer bekannt war und wegen der fortgeschrittenen Integration ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt. Seit der letzten Asylgesetzrevision können die Kantone mit Zustimmung des Bundes (welche in der Regel erteilt wird) sog. Härtefallbewilligungen erteilen. Eine einheitliche Praxis für Härtefälle existiert in der Schweiz nicht.
Vorläufig aufgenommene Personen, welche sich schon über 5 Jahre in der Schweiz aufhalten, haben sogar einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf eine vertiefte Prüfung eines eingereichten Härtefallgesuches.
Im Kanton Graubünden kann festgestellt werden, dass die Praxis des Amtes für Polizeiwesen und Zivilrecht Graubünden klar restriktiv ist. Zuweilen kommt es vor, dass das Amt ausschliesslich auf Abs. 1 von Art. 14 AsylG verweist, wonach ab Einreichung eines Asylgesuches bis zur Ausreise kein Verfahren um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung eingeleitet werden könne, es sei denn, es bestehe ein Anspruch darauf.
Im Jahre 2007 wurde ein Härtefall eines Asylbewerbers bewilligt und im Jahre 2008 deren 2 (Gesuche: 15/Ablehnungen 13).
Und auch bei den 274 vorläufig aufgenommenen Personen, welche sich schon seit über fünf Jahren in der Schweiz aufhalten, wurden lediglich 68 Härtefallregelungen vorgenommen.
Die Praxis des Amtes für Polizeiwesen und Zivilrecht Graubünden weicht in diesem Bereich erheblich von anderen Kantonen ab. Der grosse Ermessensspielraum der kantonalen Migrationsämter bei der Beurteilung von Härtefallgesuchen führt immer wieder zu Entscheiden, die – gerade im Falle von gut integrierten und seit Jahren in der Schweiz lebenden Ausländern – etwas breiter abgestützt sein sollten. Einzelne Kantone, wie Luzern, Basel-Stadt und Neuchâtel haben zu diesem Zwecke darum eine Härtefallkommission eingesetzt.
Konkret hat eine solche Kommission die Aufgabe, die kantonale Umsetzung des Asylgesetzes und allfällige diesbezügliche Probleme zu begleiten. Sie untersucht die Dossiers der Asylantragssteller und erarbeitet Empfehlungen und Vorgutachten für die Bundesbehörden. Sie kann die Dossiers von Ausländern mit N und F Status untersuchen und eine vorläufige Aufnahme, bzw. eine Bewilligung B wegen eines persönlichen Härtefalls beantragen.
In Luzern beispielsweise wurden von den 72 Härtefallgesuchen, die seit Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes im Jahre 2007 an die Härtefallkommission gerichtet wurden, vom Migrationsamt selber schon 22 bewilligt und ans Bundesamt für Migration weitergeleitet. Die übrigen 50 Gesuche, die rund zur Hälfte vorläufig Aufgenommene stellten, prüfte auch die Härtefallkommission. In 17 Fällen beantragte das Gremium die Gutheissung; in 10 Fällen folgte das Migrationsamt dieser Empfehlung und schickte die Gesuche nach Bern.
Auch im Kanton Graubünden könnte im Härtefallbereich eine derartige Kommission sich als hilfreich erweisen. Eine breit abgestützte Härtefallkommission stärkt das Vertrauen in die Ausländerbehörde, indem sie die Entscheide auf mehrere Schultern abstützt und so den politischen Druck vermindert.
Die Regierung wird deshalb beauftragt, eine kantonale Härtefallkommission zu schaffen. Diese sollte breit zusammengesetzt sein und unter anderem auch Vertretungen der Landeskirchen und von Hilfswerken umfassen.
Chur, 10. Februar 2009
Menge, Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jäger, Meyer Persili (Chur), Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Locher Benguerel
Session: 10.02.2009
Vorstoss: dt Auftrag