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Session: 20.04.2009
Vor kurzem ist der vom kantonalen Amt für Wirtschaft und Tourismus initiierte Bericht „Strategien zum Umgang mit potenzialarmen Räumen“ erschienen. Gestützt auf eine erste Projektphase geht er der Frage nach, wie dem Phänomen von Abwanderungsgebieten strategisch begegnet werden kann. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die so genannten potenzialarmen Räume sehr wohl über Potenziale verfügen, dass sie aber einen Mangel an innovativen Ideen und an Kapazitäten für deren Umsetzung hätten und es wird dann festgehalten, dass eine wirtschaftliche Erholung oder sogar ein Wachstum denkbar sei, wenn genügend Kapazitäten erkennbar seien; andernfalls bleibe lediglich die Schrumpfung bzw. Neupositionierung. In der einleitenden Zusammenfassung wird dazu festgehalten: "Sind genügend Akteurkapazitäten vorhanden, so kann ein Entwicklungsmuster als realistisch bezeichnet werden, welches eine wirtschaftliche Erholung oder sogar Wachstum beinhaltet. Sind nicht genügend Kapazitäten erkennbar, so verbleibt lediglich die Schrumpfung bzw. Neupositionierung eines potenzialarmen Raumes als plausibler Zukunftsweg."

In diesem Zusammenhang ersuchen wir die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Wie stellt sich die Regierung zu den potenzialarmen Räumen und zur Einteilung in kritische und eher kritische Räume?

2. Teilt die Regierung die im Bericht enthaltene Expertenmeinung, dass potenzialarme Gebiete sehr wohl über Potenziale verfügen, dass aber innovative Ideen und Kapazitäten für die Umsetzung fehlen würden?

3. Geht die Regierung davon aus, dass die im Bericht dargestellten Strategien und Massnahmen den betroffenen Gebieten die erforderlichen innovativen Ideen vermitteln?

4. Wie stellt sich die Regierung dazu, dass für kritische Räume lediglich eine Schrumpfungsstrategie in Frage komme, welche den bereits laufenden Schrumpfungsprozess aktiv begleiten oder sogar fördern soll?

5. Beabsichtigt die Regierung, die im Bericht formulierten Strategien zu übernehmen und den künftigen regionalpolitischen Entscheiden zugrunde zu legen?

6. Falls nein, wie sehen die Strategien der Regierung für den künftigen Umgang mit wirtschaftsschwachen Regionen aus?

Chur, 20. April 2009

Nick, Barandun, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Bühler-Flury, Casparis-Nigg, Caviezel (Pitasch), Claus, Clavadetscher, Donatsch, Feltscher, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Jenny, Kessler, Krättli-Lori, Kunz, Marti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel (Davos Monstein), Peer, Perl, Pfäffli, Ragettli, Rizzi, Thomann, Toschini, Valär, Wettstein

Session: 20.04.2009
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Potenzialarme Räume sind geografisch-topografisch abgrenzbare Räume, in denen es Gemeinden gibt, deren mittel- bis längerfristige Lebensfähigkeit gefährdet ist. Verschiedene Prozesse kumulieren sich zu einer Abwärtsspirale, welche dazu führt, dass anhaltende Abwanderung und die Gefährdung der eigenständigen wirtschaftlichen Lebensfähigkeit erwartet werden müssen.

1. Die Regierung hat die Erarbeitung eines Grundlagenberichtes in Auftrag gegeben, damit die gegenwärtige Situation analysiert und Indikatoren festgelegt werden. Die Ergebnisse (Berichte Phase 1 und 2) sowie die Aussage, dass in allen Talschaften Potenziale vorhanden sind wurden zur Kenntnis genommen. Um sich mit dieser Thematik auseinandersetzen zu können, ist es zweckmässig, Begriffe zu definieren und Räume zu klassieren. Die Einteilung in „kritische“ und „eher kritische“ Gemeinden respektive in „potenzialarme Räume 1. respektive 2. Priorität“ erscheint zweckmässig. Die Erkenntnisse aus der Berichterstattung wurden periodisch publiziert und sind öffentlich zugänglich.

2. Die im Bericht enthaltene Einschätzung wird geteilt, wonach alle Teilräume in Graubünden über Potenziale verfügen. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Expertenmeinung der Berichtsverfasser sondern um ein Ergebnis der eingesetzten Projektgruppe, bestehend aus Vertretern von Bundesämtern und kantonalen Fachstellen, sowie der durchgeführten Workshops in den betroffenen Regionen. Es zeigt sich, dass die Inwertsetzung von Potenzialen und somit die wirtschaftliche Entwicklung in einzelnen Talschaften tatsächlich stark vom Vorhandensein aktiver Unternehmer und regionaler Akteure abhängt. Auch diese Einschätzung ist breit abgestützt.

3. Im Bericht „Strategien zum Umgang mit potenzialarmen Räumen“ sind Entwicklungsoptionen und Grundhaltungen skizziert. Patentrezepte für rasche Umsetzungen gibt es nicht. Durch eine bewusste Auseinandersetzung mit der Thematik sollen die Bevölkerung und die regionalen Akteure für Entwicklungsfragen sensibilisiert werden. Es kann nicht erwartet werden, dass mit einem Grundlagenbericht alleine die erforderlichen innovativen Ideen vermittelt werden können.

4. Eine aktive Förderung des Schrumpfungsprozesses ist für keinen Teilraum vorgesehen. Gemeinden in potenzialarmen Räumen sind jedoch dann in ihrer mittel- bis längerfristigen Lebensfähigkeit betroffen, wenn die Abwärtsspirale ungebremst weiter geht. Es entspricht einer Tatsache, dass ein schleichender Schrumpfungsprozess in einigen Talschaften bereits eingesetzt hat. Angestrebt werden sollen Erholungs- und Wachstumsprozesse, welche ihren Ursprung in den betroffenen Regionen haben. Damit ist eine gezielte wirtschaftliche Entwicklung in allen Regionen des Kantons möglich.

5. Die formulierten Strategien dienen als Grundlage in der Regionalentwicklung. Eine weitere Auseinandersetzung mit der Thematik ist in Zusammenarbeit mit den Regionen angezeigt. Regionen können sich für die Umsetzung von Pilotprojekten bewerben, welche zum Ziel haben, in einer Talschaft einen regionalwirtschaftlichen Entwicklungsimpuls auszulösen. Im Regierungsprogramm 2009-2012 sind Entwicklungsschwerpunkte formuliert (ES 23-12 Neue Regionalpolitik, ES 24-21 Sondernutzungsräume), welche direkt oder indirekt mit der Thematik der potenzialarmen Räume respektive der Aufrechterhaltung der dezentralen Besiedlung zu tun haben. Es ist offensichtlich, dass auch weitere Gemeindezusammenschlüsse, die Umsetzung der Bündner NFA und die Bündner Tourismusreform sowie andere Reformen in struktureller Hinsicht einen Beitrag zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit einzelner Räume leisten werden und dadurch die Grundlagen für die wirtschaftliche Entwicklung verbessert werden.

16. Juni 2009