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Session: 21.04.2009
Die Schweiz steuert auf eine Wirtschaftskrise zu. Die Arbeitslosigkeit steigt und die Kaufkraft des Mittelstandes sinkt. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) geht davon aus, dass bis 2010 die Arbeitslosenquote auf 5.2% ansteigen wird. Durchschnittlich verlieren schweizweit 200 Menschen pro Tag ihre Arbeit.

Junge Arbeitnehmende, insbesondere BerufseinsteigerInnen und Lehrstellensuchende, sind von Rezessionen erfahrungsgemäss am stärksten betroffen. Ihre Stellen sind überproportional konjunkturabhängig. Dies zeigt sich auch dieses Jahr. Die Jugendarbeitslosigkeit (15- bis 24-Jährige) betrug laut Seco im März 2009 4%. Dies entspricht einer Zunahme von mehr als einem Drittel gegenüber dem Vorjahresmonat. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich dieser Anstieg gerade bei den LehrabgängerInnen noch verschärfen wird. Zudem ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Krise auch auf dem Lehrstellenmarkt zu spüren sein wird. Klar ist, dass die Politik schnell handeln muss, insbesondere auf Bundesebene. Ansonsten wird die Zukunft vieler Jugendlicher aufs Spiel gesetzt, was wiederum Auswirkungen auf den sozialen Frieden in der Schweiz haben kann.

Nicht nur der Bund, auch die Kantone stehen in der Pflicht. Darum muss der Kanton Graubünden präventiv einen Massnahmenplan gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorbereiten. Zwar ist in Graubünden die Jugendarbeitslosigkeit wie auch die allgemeine Arbeitslosigkeit, aufgrund der Demografie und der Wirtschaftsstruktur, tiefer als der Landesdurchschnitt. Trotzdem wird sich unser Kanton der Krise nicht entziehen können. Gerade der Kampf gegen die Perspektivenlosigkeit junger Menschen muss für die Politik oberste Priorität haben.

In diesem Zusammenhang stellen die Unterzeichnenden der Regierung folgende Fragen:

1. Wie hoch ist die Jugendarbeitslosigkeit (15- bis 24-Jährige) aktuell in Graubünden und wie hat sich diese im letzten Jahr entwickelt?

2. Wie hoch ist aktuell die Zahl der stellenlosen StudienabgängerInnen im Kanton und wie hat sich diese im letzten Jahr entwickelt?

3. Wie beurteilt die Regierung die Entwicklungen bei der Jugendarbeitslosigkeit? Sieht sie politischen Handlungsbedarf seitens des Kantons? Wenn ja, welchen?

4. Ist die Regierung bereit, eine Weiterbildungsoffensive gegen die Jugendarbeitslosigkeit einzuleiten und dabei die Idee von Weiterbildungsgutscheinen für LehrabsolventInnen zu prüfen?

5. Ist die Regierung bereit, Anreize für Lehrbetriebe zu schaffen, damit diese ihre LehrabgängerInnen weiterbeschäftigen?

6. Ist die Regierung bereit, im Sinne eines guten Beispiels, ihre LehrabgängerInnen nach Abschluss der Lehre für einen bestimmten Zeitraum weiterzubeschäftigen?

Chur, 21. April 2009

Locher Benguerel, Peyer, Arquint, Baselgia-Brunner, Blumenthal, Bucher-Brini, Buchli, Butzerin, Candinas, Casutt (Falera), Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Fasani, Feltscher, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Hartmann (Chur), Jaag, Jäger, Jenny, Keller, Kleis-Kümin, Koch, Loepfe, Marti, Menge, Mengotti, Meyer Persili (Chur), Niederer, Noi-Togni, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Troncana-Sauer, Wettstein, Casutt-Derungs (Falera), Michel (Chur)

Session: 21.04.2009
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

1. Bei der Alterskategorie der 15- bis 19-Jährigen ist bis Dezember 2008 kein Anstieg der Arbeitslosigkeit festzustellen. Im Durchschnitt waren 60 Personen dieser Alterskategorie im Jahr 2008 arbeitslos. Im Durchschnitt der ersten vier Monate dieses Jahres waren es 68 Betroffene.

Deutlich angestiegen sind die Zahlen bei den 20- bis 24-Jährigen. Im Jahr 2008 waren durchschnittlich 182 Personen dieser Alterskategorie von Arbeitslosigkeit betroffen. Im Durchschnitt der ersten vier Monate dieses Jahres waren es 261 Betroffene.

2. Eine Zahl der stellenlosen StudienabgängerInnen kann nicht angegeben werden, weil eine zuverlässige Statistik dazu fehlt. StudienabgängerInnen, welche ihr Studium erfolgreich abgeschlossen haben, werden in der Arbeitslosenstatistik nicht als Studenten, sondern unter ihrer Berufsbezeichnung erfasst, weshalb es mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist, diese Zahl zu eruieren.

3. Obwohl aufgrund der Erfahrungen davon ausgegangen werden kann, dass die Jugendarbeitslosigkeit im Kanton Graubünden im Vergleich zum schweizerischen Durchschnitt verhältnismässig tief bleiben wird, besteht insbesondere bei der Kategorie der LehrabgängerInnen und jungen Berufsleute Handlungsbedarf. Graubünden hat im Jahre 1997 das mittlerweile im Gesetz verankerte „Praktikum für junge stellensuchende Berufsleute“ entwickelt. Dieses Praktikum ist eines der wirksamsten Instrumente zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in dieser Alterskategorie. Rund 80 Prozent der Praktikantinnen und Praktikanten finden während oder im Anschluss an das Praktikum eine feste Anstellung. Zurzeit sind noch genügend Praktikumsplätze vorhanden. Sollte sich zeigen, dass Bedarf an zusätzlichen Praktikumsplätzen besteht, wird die Regierung mit einem Aufruf an die Wirtschaft gelangen, zusätzliche Praktikumsplätze zu melden. Dieses Vorgehen hat sich bereits in früheren Jahren bewährt.

4. Der Kanton engagiert sich traditionell für attraktive Weiterbildungsangebote und unterstützt die Institutionen mit Beiträgen. Dadurch können Weiterbildungen zu tragbaren Tarifen angeboten werden. Mit Ausbildungsbeiträgen wird ein breiter Zugang zusätzlich erleichtert. Eine Weiterbildungsoffensive drängt sich daher nicht auf. Konzepte mit Bildungsgutscheinen wurden schon verschiedentlich diskutiert, konnten sich aber nie durchsetzen. Wegen der interkantonalen Mobilität der Studierenden wäre ein Alleingang in der Umsetzung auch nicht möglich. Deshalb lehnt die Regierung die Einführung oder Abgabe von Bildungsgutscheinen ab.

5. Zur Weiterbeschäftigung von Lehrabgehenden werden Praktikumseinsätze im Lehrbetrieb gefördert. Die Arbeitslosenversicherung übernimmt rund 70 Prozent des Praktikumslohnes. Zu Gunsten der Berufserfahrung wird jedoch empfohlen, Praktika, wenn immer möglich, ausserhalb des Lehrbetriebes zu absolvieren.

6. Im Rahmen einer langfristigen Personalpolitik hat die Regierung bereits Massnahmen beschlossen, wonach gut qualifizierten und leistungswilligen Lehrabgehenden eine Weiterbeschäftigung bis zum Antritt einer Stelle angeboten werden kann. Vermehrt werden auch Praktika für Abgänger der Handelsmittelschule oder der gymnasialen Matura angeboten. Von den diesjährigen 30 Lehrabgehenden haben sich neun auf die vorhandenen 14 halbjährigen Praktikumsplätze gemeldet. Zahlreiche Lehrabgehende suchen aber einen Berufseinstieg ausserhalb der Verwaltung, bilden sich extern weiter oder absolvieren einen Sprachaufenthalt oder die Rekrutenschule. Mit den angebotenen Möglichkeiten bekräftigt die Regierung beispielhaft ihre Bereitschaft, Lehrabgehende der kantonalen Verwaltung für einen bestimmten Zeitraum weiterzubeschäftigen.

Datum: 3. Juni 2009