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Session: 16.06.2009
Die aktuelle Wirtschaftskrise zeigt einmal mehr, dass die Interessen der Akteure in der Wirtschaftspolitik respektive die Ideen, wie der Wirtschaftskrise zu begegnen sei, teilweise weit auseinander gehen. Dies ist umso bedauerlicher, als dass sich die Interessen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen zumindest in Teilbereichen decken (z. B. Bekämpfung der Schwarzarbeit, Kontrolltätigkeit, Investitionsprogramme u. ä.).

Seit Jahren ist es aber so, dass die Bündner Wirtschaftspolitik vor allem durch die Dachorganisation der Bündner Wirtschaft und deren Mitgliederverbände geprägt wird. Ebenfalls starken Einfluss nimmt das Wirtschaftsforum Graubünden, das trotz staatlicher Finanzmittel einseitig durch die Arbeitgeberseite besetzt ist.

Jüngstes Bespiel ist das Wirtschaftsmonitoring, das durch die Bündner Regierung eingerichtet wurde. Obwohl dieses Instrument durchaus begrüssenswert ist, handelt es sich auch hier klar um ein Gremium, das den Wirtschaftsverbänden und der Arbeitgeberseite nahe steht. Dies ist umso stossender, als dass beispielsweise die Gewerkschaften als „Konjunkturbarometer“ über viel Erfahrung und ein feines Sensorium verfügen. So war beispielsweise der jüngste Stellenabbau bei der EmsChemie in Gewerkschaftskreisen ein Thema, weit bevor die Regierung darüber informiert wurde. Unerklärlich ist, warum das mit Steuergeldern finanzierte Wirtschaftsmonitoring (Konjunkturmonitoring) des AWT offenbar nur den Wirtschaftsverbänden zur Verfügung gestellt wird. So existieren auf dem Verteiler weder der Bündner Bauernverband noch weitere Arbeitnehmerorganisationen oder gar Gewerkschaften.

In anderen Kantonen ist die Zusammenarbeit zwischen Kanton, Arbeitgeberseite / Wirtschaftsverbänden einerseits und Arbeitnehmerorganisationen / Gewerkschaften andererseits weit besser ausgebaut und institutionalisiert. Der Kanton Bern verfügt seit 1993 über die so genannte „Volkswirtschaftskommission“. Dieses Gremium, zusammengesetzt aus Wirtschafts- und Bauernverbänden, Gewerkschaftsvertretern, Berufs- und Umweltverbänden berät das Volkswirtschaftsdepartment in allen Fragen von wirtschaftlicher Bedeutung. Der Kanton Bern hat mit diesem Gremium gute Erfahrungen gemacht.

Die Unterzeichneten bitten die Regierung deshalb um die Beantwortung der folgenden Fragen:

1. Wie beurteilt die Regierung die Zusammensetzung derjenigen kantonalen Gremien, die sich zu wirtschaftspolitischen Fragen äussern und in den Genuss von staatlichen Fördermitteln kommen?

2. Wie beurteilt die Regierung die Zweckmässigkeit eines breiter abgestützten Gremiums für den Kanton Graubünden ähnlich der Berner Volkswirtschaftskommission?

Poschiavo, 16. Juni 2009

Peyer, Marti, Christoffel-Casty, Augustin, Brandenburger, Casutt (Falera), Jaag, Keller, Mengotti, Nigg, Peer, Troncana-Sauer, Zurfluh

Session: 16.06.2009
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die Zusammenarbeit der Akteure, die sich zu wirtschaftspolitischen Fragen äussern, konnte in den vergangenen Jahren deutlich verbessert werden. Das Beispiel des Konjunkturmonitorings zeigt, dass eine gute Zusammenarbeit dazu beiträgt, verlässliche qualitative aber auch quantitative Aussagen über den aktuellen Stand der Wirtschaft bereitzustellen. Das Konjunkturmonitoring beinhaltet auch zeitnahe Angaben über die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Diese sind faktenbasiert und auf Grundlagen des kantonalem Amtes für Industrie Gewerbe und Arbeit (KIGA) abgestützt. Periodisch und mit dem Vorliegen neuerer oder umfassenderer Daten, wird das Konjunkturmonitoring jeweils aktualisiert. Diese Aktualisierung erfolgt monatlich oder quartalsweise und die aktuelle Ausgabe wird veröffentlicht. Alle Ausgaben des Konjunkturmonitoring sind zudem auf der Internetseite des Kantons öffentlich zugänglich.

Bei den kantonalen Gremien, die sich zu wirtschaftspolitischen Fragen äussern, handelt es sich in der Regel um eigenständige Institutionen, die ihre Zusammensetzung selber bestimmen. Die Trägerschaft des Wirtschaftsforums, die über einen Leistungsauftrag mit dem Kanton Graubünden verfügt, hat beispielsweise in ihrem Stiftungsrat die Arbeitnehmerseite miteinbezogen.

1. Aus Sicht der Regierung ist die Zusammensetzung der kantonalen Gremien, die sich zu wirtschaftspolitischen Fragen äussern und in den Genuss von staatlichen Fördermitteln kommen, breit abgestützt.

2. Wirtschaftlich relevante politische Fragestellungen werden im Regierungsprogramm abgehandelt, in den vorberatenden Kommissionen besprochen und im Grossen Rat behandelt. Dieses abgestufte Vorgehen hat sich in den letzten Jahren bewährt. Die Regierung vertritt die Haltung, dass die Qualität der Fragestellungen und deren Behandlung durch eine breitere Abstützung der Gremien nicht wesentlich beeinflusst würden. Sie erachtet die Errichtung einer eigentlichen Volkswirtschaftskommission nicht als erforderlich.

Datum: 3. September 2009