Jahrelanges, grenzüberschreitendes Zusammenwirken der
Spezialabteilung
Kapitalverbrechen der Bündner Kantonspolizei mit der Zentrale der
weltweit operierenden
Carabinieri, die dem italienischen Ministerium für Kulturgüter zur
Verfolgung von Kunstraub
zur Verfügung steht, hat am Ostertag 1998 zu einem aufsehenerregenden
Erfolg geführt.
Es ist dieser Carabinieri-Spezialabteilung in Rom gelungen, in der
Emilia Romagna die im Oktober
1993 aus der Churer Kathedrale geraubten drei Altäre aufzuspüren. Dieses
teilweise vorreformatorische
Kulturgut stellt für Graubünden einen unersetzlichen Wert dar. Seine
Wiederbeschaffung ist auch dank
ausserordentlicher Anstrengungen der direkt betroffenen Eigentumsträger
im Schulterschluss mit den
Fahndungsorganen gelungen. So waren unter anderem in verschiedene
Sprachen verfasste farbige
Fahndungsbeschriebe weltweit an alle bedeutenden Museen, Auktionshäuser,
Galerien und Antiquare
zusammen mit einem ausserordentlich hohen Belohnungsversprechen für
Hinweise auf die ganzheitliche
Wiederbeschaffung des Raubgutes versandt worden. Ferner konnte das
innereuropäische Fernseh-
Sendegefäss ”Aktenzeichen XY” gewonnen werden, das dreiste Verbrechen
weitherum bekannt zu
machen.
Während Tagen weilte eine Delegation der Bündner Kriminalpolizei
zusammen mit zwei privaten
Fachleuten in Rom zur Identifizierung des wiederbeschafften Churer
Kathedralgutes, zur
Schadensbegutachtung und zur Klärung der Belohnungsfrage.
In Wahrnehmung seiner Besorgnis um die Sicherheit des aufgefundenen
Bündner Sakralgutes hatte
das Zentralinstitut der Carabinieri – unmittelbar nach der Auffindung
der drei Altäre – vorsorgliche
restauratorische Massnahmen zu deren Erhalt getroffen, was eine
einmalige kollegiale Hilfestellung eines
ausländischen Polizeiorganes darstellen dürfte.
Die Abklärungen hinsichtlich Täterschaft sind im Gange. Um die
laufenden Ermittlungen im In- und
Ausland nicht zu gefährden, können zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren
Einzelheiten zur Tat, Täter
und Motiv bekanntgegeben werden.
In der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 1993 waren in der Kathedrale
in Chur mehrere auf Holz
gemalte Altarbilder von unschätzbarem Wert gestohlen worden. Weitere
Kunstwerke wurden
beschädigt. Die unbekannten Täter drangen vom Friedhof her in die Krypta
ein, nachdem sie zuvor ein
Fenstergitter aufgeschweisst hatten. Daraufhin montierten sie von dem
aus dem 15. Jahrhundert
stammenden Flügelaltar die Flügel ab. Das Mittelbild wurde aus dem
Rahmen gerissen. Nachdem die
Einbrecher in der Vorkrypta das ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert
stammende zweiflügelige Gitter
aufgeschweisst hatten, brachen sie in der sogenannten Laurentius-Kapelle
alle Bilder des Hochaltars aus
ihren Umrahmungen. Beim Kathrinenaltar montierten die Einbrecher
schliesslich die Altarflügel ab und
rissen das Mittelbild ebenfalls aus dem Rahmen. Der Raub der sehr
bedeutenden Kunstwerke hatte
weitherum Bestürzung und Fassungslosigkeit ausgelöst.
Der Churer Kunsthistoriker Luzi Dosch sieht die drei Altaraufsätze
in erster Linie in ihrer
liturgischen Funktion: Sie legen Zeugnis ab von der Verehrung der
Heiligen. Darüber hinaus
dokumentieren sie gemäss Dosch im Abstand von etwa einem halben
Jahrhundert Situationen der
nordalpinen Malereientwicklung. Sie künden von der Entdeckung der
Landschaft im späten Mittelalter
und ihrer zunehmend naturalistischen Darstellung.
Quelle: Kantonspolizei Graubünden