von Hanspeter Hänni
In diesem Jahr können verschiedene Mitarbeiter ihr 35-Jahre-Jubiläum beim Kanton
feiern. Zu ihnen gehört auch Alfred Merkli, der an der Kantonsschule in Chur Französisch
und Italienisch unterrichtet und zudem Vorsteher des Obergymnasiums ist.
"Die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler hat sich gegenüber früher markant gewandelt, der
Kontakt zu ihnen ist viel näher, viel direkter und viel persönlicher", erklärt Alfred Merkli eine der
Veränderungen, die er im Lauf von 35 Jahren Lehrtätigkeit miterlebt hat. Diese Entwicklung sei
sehr positiv und habe die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden wesentlich
interessanter und lebendiger gemacht. Ganz grundsätzlich suche die Jugend heute Beziehungen,
die gegenseitig von Offenheit, Achtung, Respekt und Anerkennung geprägt seien. Diese Tatsache
fordere natürlich auch die Lehrpersonen in zunehmendem Mass. Ihre Aufgabe werde dadurch
um einiges anspruchsvoller als noch vor wenigen Jahrzehnten, als die Kontakte zu den
Schülerinnen und Schülern eher oberflächlich und kühl waren. "Die Stimmung hat sich grundlegend
geändert", stellt Merkli mit Genugtuung fest, um im gleichen Atemzug zu betonen: "die heutige
Jugend ist eine sehr achtenswerte Gesellschaft, absolut nicht schlechter als früher".
Weites schulisches Betätigunsfeld
Analog zum gesellschaftlichen Wandel veränderten sich auch die Unterrichtsmethoden. Obwohl
der Frontalunterricht teilweise immer noch stattfindet, haben sich dialogische Formen wie z.B.
Gruppenarbeit mehr und mehr durchgesetzt.
Langweilig ist es Merkli in all den Jahren nie geworden. Dafür sorgen einerseits die stets neuen
Menschen, denen er begegnet, und andererseits ist die französische und italienische Literatur ein
derart immenses Betätigungsfeld, dass er jedes Jahr ein neues Programm gestalten kann. Zudem
bietet ihm seine Funktion als Mitglied der Schulleitung regelmässig die Möglichkeit, als Vermittler
zwischen den Studierenden, den Eltern und seinen Kolleginnen und Kollegen im Lehrkörper zu
wirken. Als Vorsteher des Obergymnasiums beschäftigt sich Alfred Merkli u.a. mit folgenden
Bereichen: Unterrichtsführung, Absenzenwesen, Disziplinarfälle, Zeugnisse/Noten, Verkehr mit
Eltern, neue Themen und allgemeine wichtige Entscheidungen. Immer wieder fungiert er dabei
auch als "Klage-mauer".
Zweisprachig aufgewachsen
Alfred Merkli kam in Arbon am Bodensee zur Welt, sein Bürgerort ist Walenstadt. Der Vater
war Grenzwächter und die Mutter stammt aus dem Bündnerischen Campocologno. Die beiden
Kinder, ein Sohn und eine Tochter, wuchsen schon im Elternhaus zweisprachig auf. Wie bei
Grenzwächter-Familien üblich, wurde der Einsatz- und Wohnort häufig gewechselt. Die Primarschule
besuchte Merkli in Castasegna, Poschiavo und Chur, wobei die jeweilige Regionssprache zum
Zug kam. In Chur absolvierte er das Gymnasium Typus A, um hernach an der Uni Zürich
Romanistik zu studieren. Studienaufenthalte führten ihn zudem nach Marseille und Pisa. Nach dem
Studienabschluss wurde Alfred Merkli Anfang 1963 als Mittelschullehrer für Französisch und
Italienisch an die Bündner Kantonsschule in Chur gewählt. Seit 1989 ist er dort auch Vorsteher
des Obergymnasiums.
Im nächsten Leben renovierender Architekt
Das Ehepaar Merkli bewohnt ein eigenes Haus in Felsberg, wo auch die drei mittlerweile
erwachsenen Kinder aufgewachsen sind. Alfred Merkli pflegt einige Hobbies. In seinem
Wintergarten sammelt er sog. Sukkulenten (wasserspeichernde Pflanzen wie z.B. Kakteen), er
fotografiert gern und erledigt auch die dabei anfallende Laborarbeit selber. Eine weitere kreative
Beschäftigung bildet das Aquarellieren. Unschwer zu erkennen ist zudem, dass Merkli ein
begeisterter Strahler ist. Ausgesuchte Prachtsobjekte zieren sowohl seine privaten Räumlichkeiten
wie seine Schulstube. Überdies ist Alfred Merkli ein leidenschaftlicher Handwerker, um nicht zu
sagen Freizeit-Architekt. Die Renovation des Elternhauses in Walenstadt hat er als
Bauhandwerker tatkräftig unterstützt und jene seines alten Ferienhauses im Tessin darüber hinaus
auch selber geplant und gezeichnet. Nicht von ungefähr kommt denn auch seine Aussage, dass er
in einem nächsten Leben am liebsten Architekt wäre, nicht Neubauer, sondern Renovierer. Wenn
er im Jahr 2000 pensioniert wird, möchte Alfred Merkli jedenfalls vieles von dem nachholen,
wozu ihm bisher die Zeit fehlte. Bei derart breit gefächerten Interessen dürfte das einiges sein.
Das Foto zeigt Alfred Merkli (Foto Hanspeter Hänni)