Nach einer missglückten Ehe hat sich Frau W. zum zweiten Mal verheiratet, diesmal aber mit
einem Mann, der sie in Schulden gestürzt hat. Und auch eine rasche Scheidung hat nicht
verhindern können, dass für Frau W. der Schuldenberg zu gross geworden ist.
Doch beginnen wir vorne. Als Frau W. sich von ihrem ersten Mann scheiden liess, da schien
trotz einiger Verletzungen zumindest das Finanzielle geregelt. Die Kinderalimente wurden vom
Gericht auf 700 Franken festgesetzt, die Frauenalimente auf 1000 Franken. Wenn Frau W. sich
also um eine Arbeit bemühte, so dachte sie, müsste es knapp reichen.
Verheiratung führt zum Verlust der Alimente
Und nach einiger Zeit zeigte sich ein neuer Lichtblick, Frau W. wollte es mit einer zweiten Ehe
versuchen, und das Paar zog zusammen mit dem Kind in eine neue Wohnung, die 2000 Franken
im Monat kostete. Das Gesetz sieht für den Fall, dass eine geschiedene Frau sich mit einem neuen
Lebenspartner zusammentut, vor, dass die Frauenalimente gestrichen werden. Wer sich gar
verheiratet, verliert den Anspruch auf diese Alimente überhaupt. Was Frau W. allerdings nicht
wusste, dass ihr neuer Mann ein Mann der grossen Versprechungen war mit einem grossen
Schuldenberg im Hintergrund. Und in der kurzen Zeit der zweiten Ehe wuchsen diese Schulden
noch weiter an. Frau W. wurde zum Beispiel, weil sie den Mietvertrag für die Wohnung
mitunterschrieben hatte, solidarisch haftbar für die ausstehenden Beträge. Noch während der
Scheidung suchte Frau W. sich eine billigere Wohnung, die Schulden aber begannen sich zu
häufen.
Die Ehe wurde auf Betreiben von Frau W. rasch getrennt, ausser den 700 Franken
Kinderalimenten und ein paar Franken, die in einem Nebenverdienst erwirtschaftet wurden, floss
aber überhaupt kein Geld mehr in den Haushalt. Die Verschuldung nahm weiter zu. Und erst auf
Drängen von Bekannten hin wandte sich Frau W. an ihre Gemeinde um Unterstützung. Diese
sprach denn der Frau auch eine gewisse finanzielle Hilfe zu, die aber bei weitem nicht ausreichte.
Und erst der zweite Tip brachte Schwung in die verfahrene Situation.
Frau W. wurde, wiederum durch Bekannte, auf den kantonalen Sozialdienst aufmerksam
gemacht, wo ihr zum ersten Mal mitgeteilt wurde, dass sie ein Anrecht auf
Arbeitslosenunterstützung habe. Hier floss nun endlich ein wenig Geld, auch wenn es erst nach
drei Monaten ausbezahlt worden ist. Der Sozialberater errechnete für Frau W. und ihr Kind das
Existenzminimum, und die Frau glaubte, das Schlimmste überwunden zu haben. Was sich gut
angelassen hatte, scheiterte aber an der Wohngemeinde, welche für das Existenzminimum eine
eigene Berechnung angestellt hatte. "Was mir die Gemeinde zugesprochen hat, das hätte nicht
einmal für die Wohnung gereicht", meint Frau W. im Rückblick.
Rekurs gegen die Wohngemeinde
Zur immer noch hängigen Scheidungsklage strengte jetzt Frau W. deshalb zusammen mit ihrem
Sozialberater einen Rekurs an das Verwaltungsgericht an, in dem sie sich dem Entscheid der
Gemeinde entgegenstellte. Und auch hier dauerte es vier Monate, bis das Gericht der Frau in fast
allen Punkten Recht gab, vier Monate, in den denen die Schulden weiter anwuchsen.
Die Scheidung ist inzwischen besiegelt, die ihr zugesprochenen Alimente wird Frau W. wohl
nie sehen. Alimentenbevorschussung für Frauenalimente gibt es nicht. Wenn Frau W. also für sich
Geld von der Gemeinde bekommt, dann hat sie dieses zurückzuzahlen. Die Unterstützung durch
die öffentliche Hand führt also auch hier zu einem weiteren Anwachsen des Schuldenbergs.
Frau W. kann heute einigermassen über die Runden kommen. Sie verdient sich mit einem
Nebenjob, der ihre Mutterpflichten nicht zu sehr einschränkt, 1300 Franken pro Monat. Sie
bekommt einen Anteil von der Arbeitslosenversicherung, die Kinderalimente und einen Beitrag
von der Gemeinde. Am liebsten aber wäre ihr, wenn sie überhaupt nicht mehr auf die Gelder der
öffentlichen Sozialfürsorge angewiesen wäre, wenn sie sich ihr Brot selber erwerben könnte. Denn
der Schritt zur Gemeinde, der sitzt ihr immer noch in den Knochen: "Das zerreisst einen schier!"
Und umso schlechter hat sie die Reaktionen der Fürsorgekommission der Wohngemeinde in
Erinnerung, die schlecht informiert war und den ganzen Fall auf die lange Bank geschoben hat.
Während Frau W. die Kompetenz des kantonalen Sozialarbeiters sehr lobt, ortet sie in
gewissen Bereichen der Verwaltung ein Unverständnis gegenüber der Situation einer mittellosen
alleinerziehenden Frau. So muss Frau W. z.B. heute noch regelmässig nachweisen, dass sie sich
um eine Vollbeschäftigung bemüht, obwohl sie als Mutter und Teilzeitangestellte ein
reichbefrachtetes Pensum erfüllt. Einen Teil der ihr zustehenden Unterstützung durch die
Arbeitslosenversicherung hat Frau W. nie bekommen, weil sie sich während der Scheidung nicht
rechtzeitig um Arbeitsstellen bemüht habe. Dabei wusste sie damals gar nicht, dass sie einen
Anspruch hätte geltend machen können, weil es ihr auf der Gemeinde nicht mitgeteilt worden war.
Rückfragen bitte an den:
Vorsteher des Kantonalen Sozialamtes
Andrea Ferroni, lic. phil.
Tel. 081-257 26 54
Jahr: 1998