von Hanspeter Hänni
In diesem Jahr können verschiedene Mitarbeiter ihr 35-Jahre-Jubiläum beim Kanton
feiern. Zu ihnen gehören auch Lorenz Habicher, Georg Heis und Guido Oswald, welche
beim Bezirkstiefbauamt in Scuol arbeiten und es gemeinsam auf 105 Dienstjahre
bringen.
Wer im Unterengadin, dem Val Müstair oder dem Samnaun als Chauffeur, Strassenwart oder
Handwerker arbeitet, muss wetterfest sein und energisch zupacken können. Denn vor allem im
Winter sind im "Ostzipfel" Graubündens regelmässig Strassenverhältnisse anzutreffen, die den
"Wegmachern" alles abverlangen. Die drei Jubilare können denn auch aus einem schier
unerschöpflichen Fundus an Geschichten und Anekdoten schöpfen.
Schnee und Lawinen prägen den Alltag
So weiss Guido Oswald, der damals im Wegmacherhaus in Ova Spin wohnte und heute von
Tschierv aus seinen Dienst als Strassenwart-Chauffeur versieht, über ein Ereignis aus dem Jahr
1968 zu berichten, das er nie vergessen wird. Lawinen haben sämtliche Stromleitungen zwischen
Zernez und dem Hotel Fuorn unterbrochen, sodass er zusammen mit seiner schwangeren Frau,
seinem damals vierjährigen Kind und einem Arbeitskollegen während einer Woche in Ova Spin
blockiert ist. Ohne Strom und Heizung. Gekocht wird auf dem offenen Feuer im Freien, wo man
sich notdürftig aufwärmen kann. Glücklicherweise sind genügend Lebensmittel vorhanden.
Georg Heis, der in Laret wohnt und als Handwerker-Chauffeur auf der Strecke Samnaun-Vinadi
tätig ist, gibt eine Wintergeschichte zum besten, die sich vor rund 25 Jahr zugetragen hat. Mit
dem Pflug unterwegs nach Samnaun folgen ihm ein Postauto und ein Kleinbus; in beiden
Fahrzeugen befinden sich u.a.Familien mit Kindern. Beide Portale des Val-Mundin-Tunnels sind
von grossen Lawinen völlig zugeschüttet. Alle Personen steigen im Tunnel aus und graben sich
einen Ausweg, worauf es während eines beschwerlichen und etwa drei Stunden dauernden
Fussmarsches nach Samnaun geht. In permanenter Lawinengefahr erreicht die Gruppe
wohlbehalten das Ziel. Ein Kind, eine Frau in Halbschuhen und ein älterer Mann müssen mehr
oder weniger über die ganze Distanz getragen werden.
Auch Lorenz Habicher, der als Strassenwart-Chauffeur von Scuol aus operiert, ist es nicht
besser ergangen. Beim pflügen in der Val Spelunca verfangen sich heruntergerissene Elektrodrähte
im Pflug und auch in der Achse eines nachfolgenden Personenwagens. Der PW wird mehrere
hundert Meter mitgeschleift. Beim Versuch, die Strasse bei Ravaisch vor Samnaun
freizubekommen, kommt Habicher zudem noch von der Strasse ab und muss zusammen mit dem
PW-Fahrer die letzten zwei Kilometer zu Fuss zurücklegen, um alsdann in Samnaun übernachten zu
können.
Die "orangen Männer"
Lorenz Habicher, Georg Heis und Guido Oswald gehören zu den "orangen Männern" der
insgesamt sieben Bezirke des kantonalen Tiefbauamts, die auch bei Wind, Regen und Schnee
dafür sorgen, dass die Kantonsstrassen möglichst jederzeit und gefahrlos benützt werden können.
Dem Strassenunterhalt für den die "Wegmacher" zuständig sind, kommt grosse Bedeutung zu. Ein
gutes Strassennetz ist nach wie vor eine unabdingbare Voraussetzung für die wirtschaftliche
Entwicklung unseres Gebirgs- und Tourismuskantons wie auch für das Erhalten von lebensfähigen
Dörfern in unseren zum Teil abgelegenen Talschaften.
Mechaniker, Jäger/Fischer und Weltreisender
Lorenz Habicher, der in Scuol lebt, hat in den späten 70er Jahren ein altes Haus in Scuol
gekauft, seither baut er dieses kontinuierlich aus. Weil sein Sohn bei der Swissair arbeitet, kann
er günstig fliegen. Bereits zweimal war er zusammen mit seiner Frau in den USA, sein nächstes Ziel
ist Australien. Sein Kommentar dazu: "Die Lust auf immer noch mehr nimmt zu".
Georg Heis konzentriert sich in seiner Freizeit mehrheitlich auf die Hoch- und Niederjagd sowie
das Fischen im Samnaun.
Guido Oswald betätigt sich neben seiner beruflichen Tätigkeit gern als Mechaniker. In seiner
grossen Werkstatt in Tschierv repariert er Oldtimer und andere alte Autos, die er teilweise
weiterverkauft. Früher war er auf VW-Käfer spezialisiert, heute gilt sein Interesse insbesondere den
alten Jeeps.
Bildlegende:
Alles im Griff: Die "Wegmacher" Guido Oswald, Georg Heis und Lorenz Habicher (v.l.n.r.)
Foto Hanspeter Hänni
Jahr: 1998