Im Februar 1997 konnte Regierungsrat Peter Aliesch, Vorsteher des Justiz-, Polizei- und
Sanitätsdepartementes, den Startschuss zur Einführung der Spritzenabgabe in der Anstalt Realta
geben. Damit wurde ein für den Strafvollzug in der Schweiz in jeder Hinsicht mustergültiger Schritt
zur Gesundheitsförderung vollzogen. Nach einem Jahr Spritzenabgabe kann festgestellt werden,
dass Personal und Insassen der Strafanstalt mit dieser Präventionsmassnahme umzugehen wissen.
Es waren keine Störungen zu beklagen, welche die Sicherheit von Personal und Insassen
betroffen hätten.
Bei einem Insassenbestand von 110 Männern haben durchschnittlich deren 30 bis 40 eine
Suchtentwicklung auf Heroin. Davon sind 15 bis 25 Insassen im Methadonprogramm. Vor
diesem Hintergrund und im Wissen, dass der Ausstieg aus jeglichem Suchtverhalten Jahre dauern
kann, erhält die Präventionsarbeit auch im Strafvollzug einen sehr hohen Stellenwert. Dieser muss
identisch mit den Präventionsmassnahmen ausserhalb des Strafvollzugs sein, damit die mit der
Sucht einhergehenden Gesundheits- und Infektionsrisiken nicht lebensbestimmend werden.
Zwischen Februar und Dezember 1997 wurden in der Strafanstalt Realta insgesamt 925
Spritzen über den Tauschautomaten bezogen. Mit der Spritzenabgabe und den seit 1995
laufenden Präventionsmassnahmen wird eine Stabilisierung und Verbesserung des
Gesundheitszustandes der drogenabhängigen Insassen angestrebt. Ob dies Ziel erreicht wird,
untersucht das Bundesamt für Gesundheit seit September 1997 für den Zeitraum eines ganzen
Jahres.
Aktive HIV- und Hepatitis-Prävention ist eine Seite, die Förderungsmassnahmen für ein Leben ohne
Heroin die andere. Auch dazu hat man in der Anstalt Realta parallel zur Spritzenabgabe einen
Schritt in die richtige Richtung gemacht. 631 Urinproben, die so angelegt sind, dass konsumfreie
Phasen gestützt und überprüft werden können, haben ein Ziel: Leben ohne Heroin in kleinen
Schritten. Diese Massnahmen sind verbunden mit Sozialberatung, ambulanten Therapien,
Ausgestaltung eines normalen Arbeitsalltages und der Möglichkeiten einer aktiven
Freizeitbeschäftigung.
Die Anstalt Realta hat diese Massnahmen ohne zusätzliche Stellenprozente in Zusammenarbeit
mit der Aids-Hilfe Graubünden und dem Anstaltsarzt Walter Huber, Cazis, umgesetzt. Damit hat
die Anstalt einen wichtigen Schritt für eine differenzierte Weiterentwicklung der
Gesundheitsförderung im Strafvollzug vollzogen und zudem gezeigt, dass kostengünstige Lösungen
in einer Zeit der Mittelverknappung möglich sind.
Verschiedene Strafanstalten und Fachstellen in der Schweiz verfolgen das Modell Realta mit
Interesse. Im Dezember 1997 konnte das Programm "Realta" in Bonn (Deutschland) an einem
europäischen Kongress über Prävention im Strafvollzug vorgestellt werden. Bereits im Sommer
1998 wird in verschiedenen Strafanstalten des Kantons Bern die Spritzenabgabe eingeführt. Die
rechtliche Grundlage dazu bildet ein Gutachten von Prof. Heinrich Koller, Direktor des
Bundesamtes für Justiz.
Gremium: Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement
Quelle: dt Strafanstalt Realta, Cazis