Am 7. Juni 1998 wird das Bündner Stimmvolk über das neue kantonale
Submissionsgesetz abstimmen. Der Grosse Rat hat diese Vorlage in der
Januar-Session mit 91:0 Stimmen verabschiedet.
Das neue Recht
übernimmt die bisherigen bewährten Regeln. Es sollen weiterhin
transparente Verfahren mit der Möglichkeit der Teilnahme für möglichst
viele Wettbewerbsteilnehmer gelten. Trotzdem ist eine Anpassung der
geltenden Submissionsverordnung nicht zu vermeiden, weil das neue
Bundesgesetz über den Binnenmarkt die Kantone, Gemeinden und andere
Träger öffentlicher Aufgaben verpflichtet, künftig verschiedene neue
Aspekte für das Wettbewerbsverfahren zu beachten. Die Umsetzung gemäss
Bundesrecht hat bis spätestens 1. Juli dieses Jahres zu erfolgen, und
zwar für Kanton und Gemeinden.
Das Binnenmarktgesetz schafft nun
gleich lange Spiesse für alle Anbieter in der Schweiz, indem es eine
diskriminierungsfreie Zulassung für die Wettbewerbsteilnehmer verlangt
und die Kantone und Gemeinden verpflichtet, bei umfangreichen
Beschaffungen die Kriterien für die Teilnahme am Wettbewerb und für den
Zuschlag des Auftrages öffentlich bekanntzugeben. Auch müssen alle
Kantone neuerdings mindestens ein Rechtsmittel an eine
verwaltungsunabhängige Beschwerdeinstanz vorsehen. Damit werden künftig
alle öffentlichen Beschaffungen überprüfbar, was aus Sicht der
Transparenz und Rechtssicherheit zu begrüssen ist. Damit erhalten aber
auch die Bündner Unternehmungen interkantonal einen
diskriminierungsfreien Zutritt zu den Beschaffungsmärkten.
Das neue
Submissionsgesetz sieht eine Regelung vor, die es den Gemeinden erlaubt,
auf den Erlass eigener Vorschriften zu verzichten und statt dessen die
kantonalen Bestimmungen integral zu übernehmen. Es ist aber davon
auszugehen, dass nur wenige Gemeinden eigene Bestimmungen erlassen.
Damit wird eine möglichst einheitliche und übersichtliche Lösung zum
Vorteil der Wettbewerbsteilnehmer realisiert. Dies ist eine wesentliche
Rahmenbedingung für einen transparenten und fairen Wettbewerb im
gesamten Kantonsgebiet.
Diskussionen haben bisher die sogenannten
Schwellenwerte ausgelöst. An den entsprechenden Schwellenwerten
entscheidet sich nämlich, ob ein Auftrag direkt ohne Ausschreibung
vergeben werden kann oder ob statt dessen ein auf einzelne Anbieter
beschränkter Wettbewerb (Einladungsverfahren) bzw. ein offener
Wettbewerb stattfinden muss. Hohe Schwellenwerte tragen nach Meinung
ihrer Befürworter zur Stärkung und Erhaltung des regionalen
Wirtschaftsgefüges bei. Diese Auffassung ist nur vermeintlich richtig.
Abgesehen davon, dass solcher "Heimatschutz" wegen des
Binnenmarktgesetzes nicht mehr haltbar ist, würden hohe Schwellenwerte
sich auch langfristig negativ auswirken. Gerade die allseits geforderte
Transparenz und die tatsächliche Öffnung des Marktes setzt zwingend
voraus, dass möglichst tiefe Schwellenwerte vorgesehen werden. Dadurch
wird der Protektionismus, die Abschottung in regionale Märkte in Grenzen
gehalten.
Die im Submissionsgesetz enthaltenen Schwellenwerte bilden
einen massvollen und verantwortbaren Kompromiss, welcher für einen
fairen Wettbewerb unter den Anbietern sorgt. Letztere erhalten durch
eine möglichst offene Ausschreibung die Chance, sich auch ausserhalb
ihrer Region um Aufträge der öffentlichen Hand zu bewerben. Das vom
Gesetz vorgesehene Einladungsverfahren ermöglicht anderseits den
Gemeinden, trotz allem einen im Vergleich zu heute erheblich grösseren
Spielraum zugunsten der einheimischen Anbieter. Damit werden die
Spielräume der Gemeinden entgegen einzelner Befürchtungen nicht
eingeschränkt. Im Gegenteil, das neue Einladungsverfahren ermöglicht
eine verstärkte Berücksichtigung einheimischer Bewerber, indem in
solchen Fällen kein offener Wettbewerb durchgeführt werden muss.
Der
rauhe Wind, welcher den Wettbewerbsteilnehmern heute entgegenbläst, ist
an allen Ecken und Enden zu spüren. Er macht sich zusehends auch dahin
bemerkbar, dass die Wettbewerbsteilnehmer sich immer mehr gegenseitig
mit formellen Einwendungen im Rahmen von gerichtlichen
Auseinandersetzungen beim Submissionsverfahren zu bekämpfen versuchen.
Einer solchen unerwünschten Entwicklung ist bei der Anwendung des neuen
Gesetzes sowohl seitens der Vergabeinstanzen als auch der richterlichen
Behörde entschieden entgegenzutreten. Zu diesem Zweck sollen sowohl die
verantwortlichen Vergabestellen als auch die Wettbewerbsteilnehmer im
Rahmen von Veranstaltungen und Kursen vermehrt ausgebildet und
informiert werden. Für den einheitlichen und möglichst vernünftigen
Vollzug ist auch eine Beratungsstelle beim Kanton vorgesehen.
Mit dem
neuen Submissionsgesetz soll eine verstärkte Liberalisierung des Marktes
und damit auch mehr Effizienz beim Einsatz von öffentlichen Geldern
erzielt bzw. der Staatshaushalt auf Stufe Kanton und Gemeinden entlastet
werden. Durch die klare, diskriminierungsfreie Ordnung wird auch der
faire Wettbewerb unter allen Anbietern ermöglicht. Damit soll
längerfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Teilnehmer im Markt gestärkt
werden. Dies ist als Chance sowohl für die auftraggebenden Stellen als
auch für die zahlreichen Anbieter zu werten. Das Bündner Gewerbe wird
diese Chance auch im neuen Recht sowohl innerhalb als auch ausserhalb
des Kantons zu nutzen wissen. Die langjährigen Erfahrungen und die
bisherige bewährte Praxis im kantonalen Submissionswesen bedeuten nicht
unwesentliche Vorteile für die einheimischen Anbieter, die auch
ausserkantonale Konkurrenten in Zukunft nicht zu fürchten brauchen. Aus
diesen Gründen verdient das neue Submissionsgesetz am 7. Juni die breite
Unterstützung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger des
Kantons.
Luzi Bärtsch, Regierungspräsident
Gremium: Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement
Quelle: dt Regierungspräsident Luzi Bärtsch