Die erhobenen Vorwürfe gegenüber dem Pflegeheim Promulins in Samedan
sind umfassend abgeklärt worden. In gewissen Punkten soll eine
strafrechtliche Untersuchung abschliessende Klarheit schaffen.
Im Sommer 1997 hatten drei ehemalige Mitarbeiterinnen des
Pflegeheims Promulins in den Medien massive Vorwürfe gegen die damalige
Altersheim-Kommission erhoben bezüglich der Art und Weise der Pflege und
Betreuung der Bewohnenden des Heims, der Unfähigkeit der
Stationsschwester, der Mängel auf Struktur- und Führungsebene sowie der
unzureichenden Untersuchung früherer Vorfälle im Alters- und Pflegeheim.
Nach verschiedenen Vorabklärungen (insbesondere Gespräche mit
Vertretern der Trägerschaft sowie mit ehemaligen Mitarbeiterinnen des
Pflegeheims) beauftragte das Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement
in Wahrnehmung seiner gesundheitspolizeilichen Aufsichtspflicht im
Einvernehmen mit dem Kreis Oberengadin im Frühjahr 1998 das
Qualitätsbeurteilungsteam Graubünden, die erhobenen Vorwürfe zu prüfen.
Das Qualitätsbeurteilungsteam Graubünden befragte in der Zeit vom
18. Mai bis 30. November 1998 das Personal und die Bewohnenden des
Heimes, die betreuenden Ärztinnen und Ärzte sowie nicht mehr im Alters-
und Pflegeheim tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Ergebnis der
Untersuchung wurde in einem dem Justiz-, Polizei- und
Sanitätsdepartement am 14. Dezember 1998 übergebenen Bericht
festgehalten.
Die Untersuchung des Qualitätsbeurteilungsteams ergab, dass ein
grosser Teil der Probleme des Heims bzw. der Vorwürfe gegen das Heim auf
die 1991 geschaffenen Strukturen mit zwei unterschiedlichen
Trägerschaften für das Altersheim und das Pflegeheim zurückzuführen
sind. Diese doppelte Trägerschaft führte dazu, dass die Aufsicht über
den Betrieb des Heims nicht ausreichend wahrgenommen beziehungsweise auf
die operative Ebene delegiert wurde. Zudem prallten von Anbeginn zwei
verschiedene Pflegephilosophien aufeinander, was zu einer Gruppenbildung
beim Pflegepersonal führte. Ein Teil des Pflegepersonals konnte sich
aufgrund seiner Pflegephilosophie mit der im Jahre 1996 erfolgten
Einführung des Bezugsperson-Pflegesystems nicht identifizieren und
formierte Widerstände, indem Kompetenzen überschritten und Anweisungen
nicht befolgt wurden. Die von den Trägerschaften bzw. der gemeinsamen
Heimkommission in der Folge angeordneten personellen Massnahmen führten
schliesslich dazu, dass drei ehemalige Mitarbeiterinnen sich an die
Öffentlichkeit wandten.
Das Bezugsperson-Pflegesystem sieht vor, dass jeder Bewohner und
jede Bewohnerin eine Bezugsperson im Pflegeteam hat, welche Geschichte,
Familie, Eigenart, Bedürfnisse, Krankheiten und Wünsche der jeweiligen
Person kennt. Diese Bezugsperson plant die Pflege, den Tagesablauf,
Aktivitäten etc., zusammen mit der oder dem Betreuten, der Familie und
dem Arzt resp. der Ärztin.
Das Qualitätsbeurteilungsteam stellt in seinem Bericht fest, dass
die Vorwürfe der ehemaligen Mitarbeiterinnen in Bezug auf die
Führungsschwäche der vorgesetzten Stellen sowie die mangelnde
Sozialkompetenz einzelner Personen zutreffen. So war insbesondere die
mit der Umsetzung des neuen Pflegemodells beauftragte Abteilungsleiterin
mit diesem Auftrag in fachlicher wie in organisatorischer Hinsicht
überfordert. Hinsichtlich der vorgeworfenen Fehlbeurteilungen in der
Pflege und Betreuung einzelner Bewohnerinnen und Bewohner beurteilt das
Qualitätsbeurteilungsteam die Darstellung der drei Mitarbeiterinnen
jedoch als überzeichnet und nicht das gesamte Heim betreffend. Die
festgestellten Mängel im pflegerischen Bereich sind in erster Linie auf
das uneinheitliche Pflegeverständnis zurückzuführen. Dieses zeitigte
Auswirkungen auf die Kontinuität in der Pflege, was dazu führte, dass
die Sicherheit der Bewohnenden nicht immer gewährleistet war.
Aufgrund der Feststellungen des Qualitätsbeurteilungsteams und der
anschliessenden medizinischen Beurteilung durch den Kantonsarzt kann
nicht ausgeschlossen werden, dass in einzelnen Fällen ein strafrechtlich
relevantes Verhalten vorliegt. Das Justiz-, Polizei- und
Sanitätsdepartement hat zur Klärung des Sachverhaltes der
Staatsanwaltschaft eine entsprechende Anzeige eingereicht. Die
Staatsanwaltschaft wird gestützt auf die von ihr vorgenommene Würdigung
des Sachverhaltes entscheiden, ob und allenfalls zu welchen Punkten ein
Strafverfahren einzuleiten ist.
Um die festgestellten Mängel zu beheben wie auch um eine
einheitliche Pflegephilosophie sicherzustellen empfiehlt das Justiz-,
Polizei- und Sanitätsdepartement der Trägerschaft des Alters- und
Pflegeheims Promulins den Beizug einer externen Fachkraft.
Im Herbst 1999 ist eine umfassende Visionierung (Strukturen und
Organisation durchleuchten) des Alters- und Pflegeheims Promulins durch
das Qualitätsbeurteilungsteam mit anschliessender Berichterstattung an
das Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement vorgesehen.
Gremium: Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement
Quelle: dt Sanitätsdepartement Graubünden