In Beantwortung einer Petition betreffend den Aufenthalt von
ausländischen Fahrenden in San Vittore plädiert die Regierung dafür,
einen Transitplatz in der Mesolcina zur Verfügung zu stellen.
Im September 1998 wurde der Regierung eine Petition aus der
Mesolcina unterbreitet, in der sich die Unterzeichnenden dagegen wehren,
dass sich ausländische Fahrende vorübergehend auf dem Gebiet von San
Vittore niederlassen. Vom Kanton wurde verlangt, dieses Anliegen
allenfalls mit polizeilichen Mitteln durchzusetzen. Die Regierung
erklärt in ihrer bezüglichen Antwort, dass es rechtlich nicht möglich
ist, den Zuzug von ausländischen Fahrenden in den Kanton zu verhindern.
Damit sie aber nicht jedes Jahr Grundstücke ihrer Wahl in Beschlag
nehmen, spricht sich die Regierung dafür aus, die Probleme mit den
Fahrenden aktiv anzugehen, indem ein Transitplatz in der Mesolcina
geschaffen wird. Denkbar sind auch mehrere kleinere Plätze. Dass die
Situation durch das Schaffen eines Transitplatzes beruhigt werden kann,
zeigt das Beispiel des Churer Rheintals, das mit denselben Problemen
konfrontiert war. Seit in Domat/Ems ein Transitplatz zur Verfügung
steht, hat sich die Situation im Churer Rheintal erheblich verbessert.
In gleicher Weise ist in der letzten Jahren auch der Kanton Tessin
zusammen mit den Gemeinden vorgegangen und hat dabei ermutigende
Erfahrungen gemacht. Das Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement wird
daher erneut versuchen, eine von den Gemeinden der Mesolcina
mitgetragene Lösung zu finden.
Bevor Zwangsmassnahmen angewendet werden, hat eine fundierte
Güterabwägung zu erfolgen und die zum Einsatz gelangenden Mittel müssen
verhältnismässig sein. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Regierung
nur im äussersten Notfall befugt, für einen gewaltsamen Einsatz
polizeiliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Ein solches Vorgehen ist
gegenüber grösseren Gruppen von ausländischen Fahrenden äusserst
problematisch, die Gefahr von Eskalationen beim Einsatz von Gewalt
gross. Die Regierung hat jedoch die Kantonspolizei angewiesen, beim
Zuzug und während des Aufenthalts der ausländischen Fahrenden die
Polizeipräsenz zu erhöhen. Analog geht auch der Kanton Tessin vor.
Kürzlich hat die Regierung den Bundesrat erneut ersucht, ein
Grundstück des Bundes in der Mesolcina zur Verfügung zu stellen, um
einen Transitplatz für ausländische Fahrende zu errichten.
Landwirtschaft im Wandel
Auch in der Landwirtschaft gilt mittlerweile folgende Maxime: Mehr
Markt, weniger Staat. Die neue Agrarpolitik des Bundes bringt eine
starke Liberalisierung. Der Staat soll zwar für gute Rahmenbedingungen
sorgen, jedoch nicht mehr in den Markt eingreifen. So beschäftigt er
sich nicht mehr mit der Tierzucht. Auf kantonaler Ebene ist damit die
Tierzucht-Kommission überflüssig geworden und daher aufzulösen. Die
Grossvieh- und Kleinvieh-Experten waren bisher amtliche Funktionäre,
denen auch die Herdebuch-Aufnahme unterstand. Weil diese Aufgabe neu den
Tierzucht-Verbänden obliegt, braucht es auch keine kantonalen Experten
mehr. Zudem soll der Selbsthilfe-Fonds, mit dessen Mitteln der
Viehabsatz zusätzlich gefördert wurde, vom Kanton aufgehoben werden,
weil die obligatorischen Solidaritätsbeiträge von Bundesrechts her nicht
mehr eingefordert werden dürfen. Das Versichern des Viehs gegen
Krankheit und Unfall wird Tierhaltern und Tierhalterinnen freigestellt,
ist also nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Demgegenüber sollen
regionale Viehversicherungs-Genossenschaften gebildet werden, damit die
Landwirte sich gegen grosse Schäden (Feuer, Elementarschäden, Unfall
etc.) abdecken können. Dies sind die Kernpunkte der vorgeschlagenen
Neuerungen in den einschlägigen kantonalen Erlassen betreffend die Land-
und Viehwirtschaft. Die Regierung eröffnet die Vernehmlassung zu diesem
Reformpaket, das Teil des Projekts "Verwesentlichung und
Flexibilisierung der Rechtsetzung und Rechtsanwendung VFRR" bildet. Die
Frist läuft bis Ende Juni 1999.
Änderungen in der Berufsbildung
Das Bundesgesetz über die Berufsbildung ist derzeit in Revision.
Trotzdem können im Rahmen des Projekts VFRR verschiedene Anpassungen des
kantonalen Berufsbildungs-Gesetzes vorgenommen werden. Die Regierung
eröffnet darüber die Vernehmlassung, die Frist läuft bis Mitte Juli
1999. Folgende Neuerungen sind vorgesehen:
-
Das Erziehungsdepartement bekommt eine grössere
Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Einteilung der Einzugsgebiete der
Berufsschulen,
-
beim Grundsatz, wonach der Lehrort für den Besuch der Berufsschule
massgebend ist, sollen auch Ausnahmen möglich sein. Die Zuständigkeit
liegt beim Berufsbildungsamt,
- wer eine Anlehre gemacht hat, soll ebenfalls zur
Lehrabschluss-Prüfung zugelassen werden,
- ausländische Studierende sollen Zugang nicht nur zu den
Fachhochschulen, sondern auch zu den Höheren Fachschulen in Graubünden
haben. Für Zulassungsentscheide ist die Regierung zuständig,
- der Abschluss von verwaltungsrechtlichen Vereinbarungen mit
anderen Kantonen und dem Fürstentum Liechtenstein soll auf das Ausland
ausgedehnt werden.
In finanzieller Hinsicht wird es Mehrbelastungen der Gemeinden in
der Grössenordnung von insgesamt 310'000 bis 620'000 Franken im Jahr
geben, weil die kantonalen Beiträge an Berufsschulen,
Vorlehr-Institutionen sowie an die Gastgewerbliche Fachschule Graubünden
gemäss dem Massnahmenplan Haushaltsgleichgewicht 1999 entsprechend
gesenkt werden müssen. Eine weitere Kürzung ist bei den Lehrlingsheimen
und Wohnheimen von Vorlehr-Institionen und Haushaltungs- und
Bäuerinnenschulen vorgesehen. Diese würde beim Kanton Einsparungen
zwischen 20'000 und 40'000 Franken bewirken und wäre von den betroffenen
Institutionen zu tragen.
Neue Filmverordnung
Ebenfalls im Rahmen des Projekts VFRR schickt die Regierung die
grossrätliche Filmverordnung in die Vernehmlassung. Die Frist läuft bis
am 12. Juli 1999. Der heute geltende Erlass stammt im Wesentlichen aus
dem Jahr 1960. Er verfolgt grundsätzlich einen polizeilichen Zweck,
indem die öffentliche Ordnung gesichert werden soll (Sitte und Anstand,
Sicherheit der Benutzenden etc. beim Vorführen von Filmen). Die
Filmverordnung wird den veränderten Bedürfnissen angepasst und soll den
lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen (z.B. Filmvorführungen in
Kurorten, Filmfestivals etc.).
Verhaltenes Ja zu den neuen Asylverordnungen
Gegenüber Bundesrat Arnold Koller nimmt die Regierung Stellung zu
den Ausführungsverordnungen des revidierten Asylgesetzes. Diese werden
von der Konzeption her grundsätzlich positiv beurteilt. Die Ergänzung
der beiden bisherigen Vollziehungsverordnungen mit drei zusätzlichen
Verordnungen ist sachlich gerechtfertigt und schafft mehr Klarheit in
den sensiblen Bereichen Datenschutz und Unterstützung des Vollzugs.
Ausdrücklich negativ vermerkt werden aber die Sparbemühungen des Bundes
auf Kosten der Kantone. Zudem sind bestimmte Regelungen derart unklar
formuliert, dass die Kostenfolge für die Kantone nicht absehbar ist.
Klares Nein zur KVG-Revision
Gegenüber Bundesrätin Ruth Dreifuss äussert sich die Regierung zur
Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung KVG
(Bereich Spitalfinanzierung). Sie teilt die Auffassung des Bundes, dass
insbesondere bei der Spitalfinanzierung dringender Handlungsbedarf
besteht. Die Lösungsansätze in der Gesetzesvorlage zielen indessen in
den entscheidenden Punkten in die falsche Richtung. Der Entwurf wird
daher in der vorliegenden Fassung abgelehnt, weil die finanzielle
Mehrbelastung des Kantons untragbar ist und jegliche Rücksichtnahme auf
die Kantonsfinanzen vermissen lässt. Statt Unklarheiten zu bereinigen,
werden viele neue geschaffen. Die Halbprivat- und Privatabteilungen der
Spitäler werden weitgehend ausgehöhlt. Ganz grundsätzlich sind die dem
Entwurf zu Grunde liegenden Daten ungenügend. Die vorgeschlagene
Regelung widerspricht in krasser Weise den Abmachungen am "runden
Tisch". Die Kantone haben damals dem Sparopfer von rund 500 Mio. Franken
im Rahmen des Stabilisierungsprogramms 1998 des Bundes nur unter der
ausdrücklichen Bedingung zugestimmt, dass bei der bevorstehenden
Revision des KVG den Kantonen keine weiteren Mehrkosten überbunden
werden. Der Revisionsvorschlag rechnet nun aber mit Mehrkosten in
Milliardenhöhe, die von den Kantonen nur über Steuererhöhungen
kompensiert werden könnten. Die jahrelangen intensiven Sparbemühungen
würden mit einem Schlag zunichte gemacht. Für Graubünden würden aus der
vorgeschlagenen Änderung der Spitalfinanzierung Mehrkosten von 15 bis 20
Mio. Franken resultieren. Die Regierung beantragt, zur Frage einer neuen
Spitalfinanzierung eine Expertenkommission unter Einbezug von
Vertretungen der Kantone einzusetzen und die Kostenbeteiligung der
Kantone bei medizinisch indizierter ausserkantonaler Hospitalisation auf
die stationäre Behandlung in der allgemeinen Abteilung zu beschränken.
Abstimmungsvorlagen vom 13. Juni 1999
Am Sonntag, 13. Juni 1999 findet eine Volksabstimmung statt. Dabei
wird über fünf Vorlagen des Bundes und eine des Kantons befunden.
Vorlagen des Bunds:
- Asylgesetz
- Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen im Asyl- und
Ausländer/innen-Bereich
- Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin
- Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung
- Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung
Kantonale Vorlage:
- Teilrevision des Steuergesetzes für den Kanton Graubünden
Aus den Gemeinden
Die Regierung genehmigt das Projekt für den Neubau eines
Gewächshauses mit Inneneinrichtung auf dem Areal der J.P. Hosang'schen
Stiftung Plankis in Chur, das neue Gesetz über die Kurtaxen und die
Tourismusförderungsabgabe von Bergün sowie mit Vorbehalten die
Totalrevision der Ortsplanung von St. Antönien.
Für die folgenden Strassenbau-Projekte im Kanton werden Kredite im
Gesamtbetrag von rund 10.6 Mio. Franken freigegeben: Strassenkorrektion
an der Italienischen Strasse für die Verkehrsumleitung an der A13c,
Soazza-San Bernardino-Tunnel Süd, Teilstrecke Pian San
Giacomo-Malabarba, Ausbau Mompé Tujetsch innerorts, Ausbau
Obersaxenstrasse Chumenbühl-Meierhof, Belagsarbeiten Duvin innerorts,
Umfahrung Flims Trassee und Unterführung Staderas, Belagsarbeiten Davos
innerorts und San Gaudenzio-Casaccia, Ausbau Spinasstrasse und Ausbau
Verbindungsstrasse Ardez-Ftan-Scuol.
Standeskanzlei Graubünden
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden