Die Gerichtsorganisation in Graubünden soll professioneller und
wirksamer werden. Die Vorberatungs-Kommission des Grossen Rats ist
einstimmig der Auffassung, dass die heutige Organisation den gestiegenen
Anforderungen nicht mehr genügt. Angestrebt wird nun eine Verbesserung
bei den erstinstanzlichen Gerichten, denn sie sind für das Funktionieren
der Justiz von grösster Bedeutung.
Eine Reform der bündnerischen Gerichtsorganisation ist nach
Auffassung der grossrätlichen Vorberatungs-Kommission zwingend nötig.
Die Kommission hat unter dem Präsidium von Grossrat Andrea Brüesch und
in Anwesenheit des zuständigen Regierungsrats Peter Aliesch die
Botschaft zur Gerichtsreform beraten. Die Vorlage der Regierung wird
dabei als ausgewogener Vorschlag beurteilt, der in jeder Beziehung einen
überzeugenden Mittelweg zwischen traditionellen Strukturen und
notwendigen Anpassungen darstellt. Die Kommission unterstützt daher die
Vorlage der Regierung geschlossen in allen wesentlichen Punkten.
Angestrebt wird mit der Reform, insbesondere bei den
erstinstanzlichen Gerichten die Effizienz zu erhöhen, die Qualität zu
verbessern und die Verfahren zu beschleunigen. Diese Verbesserungen
liegen im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger. Denn funktionierende
Justiz bedeutet, dass die Ansprüche der Bevölkerung von den Gerichten
optimal und rasch behandelt und beurteilt werden. Dabei schliesst die
Zielsetzung die Wahl von Laienrichterinnen und Laienrichtern keineswegs
aus. Im Sinne einer bürgernahen Justiz soll eine juristische Ausbildung
weiterhin nicht Voraussetzung für die Tätigkeit in einem Gericht sein.
Die Vorberatungs-Kommission unterstützt geschlossen die Auffassung,
dass die Vorlage nicht mit anderen Fragen und Revisionen verknüpft und
belastet wird. Sie konzentriert sich zu Recht auf die Reform der
Gerichtsorganisation. Die Kommission hat das klare Ziel, die
Realisierung der umsichtigen, ausgewogenen und auf die Verhältnisse im
Kanton Graubünden abgestimmten Reformvorlage zu ermöglichen. Dieser
Blick aufs Ganze legt eine Zurückhaltung bei Begehren nahe, welche die
Vorlage als Einheit belasten.
Wesentliche Punkte der Gerichtsreform
Die Kernpunkte der vorgeschlagenen Gerichtsreform betreffen das
Vermittleramt, die Zuständigkeiten im Strafprozess, die
Bezirkseinteilung sowie die Organisation der Bezirksgerichte. Die
entsprechenden Vorschläge sind weitgehend unbestritten. Es handelt sich
um folgende Punkte:
- Die Vermittlerfunktion wird dem Kreispräsidenten übertragen.
Dieser bleibt daneben Einzelrichter. Seine Zuständigkeiten erfahren
gewisse Anpassungen. Über deren genaue Ausgestaltung bestehen innerhalb
der Kommission unterschiedliche Auffassungen.
- Die Kreisgerichte und die Kreisgerichts-Ausschüsse werden
aufgehoben und die strafrechtlichen Zuständigkeiten auf die
Bezirksgerichte bzw. deren Ausschüsse übertragen. Für
Verwaltungsaufgaben der Kreise ist nun generell der Kreisrat zuständig.
- Um gute Voraussetzungen für eine effiziente Justiz zu schaffen,
sollen einzelne Bezirke zusammengelegt und geographisch weitgehend an
die heutigen Regionen angeglichen werden. Dies betrifft die Bezirke Val
Müstair und Inn, Hinterrhein und Heinzenberg sowie Glenner und
Vorderrhein. Überdies werden das Prättigau und der Kreis Safien an die
Region angeglichen.
- Um die Bezirksgerichte zu stärken sollen diese neu direkt durch
die Stimmberechtigten gewählt werden. In Bezug auf die Organisation der
Bezirksgerichte schlägt die Regierung eine flexiblere und damit
sachgerechtere Lösung vor.
Verbesserungen bei unentgeltlicher Rechtspflege und der Gewaltentrennung
Eine Neuregelung schlägt die Vorberatungs-Kommission bei der
unentgeltlichen Rechtspflege vor. Mit einer neuen Zuständigkeitsordnung
sollen die steigenden Kosten in diesem Bereich in den Griff bekommen
werden. Der Vorschlag der Kommission führt zu keiner Kostenverschiebung
zwischen Kanton und Gemeinden.
Unterschiedlicher Auffassung ist die Kommission, in welchem Umfang
der Grundsatz der Gewaltentrennung im Kanton Graubünden gestärkt werden
soll. Eine Mehrheit der Kommission will wie die Regierung eine Lösung,
die den Bedürfnissen der Gemeinden - gerade in Randregionen - und den
speziellen Gegebenheiten unseres Kantons Rechnung trägt. Demgegenüber
beantragt die Kommissionsminderheit eine strikte Trennung der Ämter.
Der Grosse Rat wird die Botschaft der Regierung in seiner Maisession
behandeln. Vorerst diskutiert und entscheidet das Bündner Parlament
verschiedene Grundsatzfragen. Auf Grund dieser Entscheide wird alsdann
die Beratung der einzelnen Gesetzesbestimmungen in Angriff. Stimmt auch
der Grosse Rat der Gerichtsreform zu, werden die Bündner
Stimmberechtigten voraussichtlich in der Volksabstimmung vom 12. März
2000 darüber befinden können. So wären an den Kreiswahlen im Mai 2000
neben den Mitgliedern des Grossen Rats nur noch die neuen Funktionen
(Kreispräsident/in und Stellvertreter/in) zu besetzen. Das Inkrafttreten
der Reform ist auf Anfang 2001 vorgesehen. Die Amtsdauer der übrigen
Amtsträger und -trägerinnen (Kreisrichter/innen und Vermittler/innen)
wird bis dahin verlängert.
Die Vorschläge der Regierung zur Gerichtsreform greifen im
Wesentlichen die Lösungen des Vorentwurfs auf, die der Präsident des
Kantonsgerichts, Alex Schmid, im Auftrag der Regierung erarbeitet hatte.
Dessen Vorschläge wurden bereits von einer Expertenkommission unter dem
Vorsitz von Regierungsrat Peter Aliesch unterstützt. Sie sind in einem
ausgedehnten Vernehmlassungsverfahren weitgehend auf Zustimmung
gestossen.
Gremium: Grossrätliche Vorberatungs-Kommission
Quelle: dt Grossrätliche Vorberatungs-Kommission