Graubünden befasst sich mit einem bisher in der Schweiz einmaligen
Projekt: Das kantonale Recht wird gründlich ausgeforstet. Nach der
bereits erfolgten Bereinigung auf der Stufe Regierungsverordnungen soll
in einem zweiten Schritt der Hebel bei den Gesetzen und
Grossrats-Verordnungen angesetzt werden. Die Vorberatungs-Kommission des
Grossen Rates begrüsst das Vorhaben, schlägt aber in einzelnen Bereichen
Änderungen zur regierungsrätlichen Vorlage vor.
Das Projekt "Verwesentlichung und Flexibilisierung der Rechtsetzung
und Rechtsanwendung" (VFRR) ist eine Chance für den Kanton Graubünden,
seine Rechtsordnung gezielt in Ordnung zu bringen. Überflüssige
Regelungen sollen abgebaut und schlecht geratene oder schlecht gewordene
Regelungen verbessert werden. Effizienz und Bürgernähe der
Staatsverwaltung sollen dadurch nachhaltig verbessert werden.
Unter dem Präsidium von Grossrat Thomas Casanova und im Beisein der
Regierungsmitglieder hat sich die grossrätliche Vorberatungskommission
nach einer ersten Sitzung zum Eintreten vorerst in den fünf
Kommissions-Ausschüssen und anschliessend an drei Sitzungen der
Gesamtkommission eingehend mit der regierungsrätlichen Botschaft
befasst. Diese sieht vor, vier Gesetze und 15 Grossrats-Verordnungen
aufzuheben sowie 13 Gesetze und zehn Grossrats-Verordnungen zu ändern.
Eintreten auf das Geschäft war unbestritten. Die Kommission begrüsst das
Vorhaben. Während die vorgeschlagenen Aufhebungen ebenfalls unbestritten
geblieben sind, setzt die Kommission bei den Änderungen in verschiedenen
Bereichen eigene Akzente; so etwa beim:
- Volksschulengesetz:
Der Fächerkanon im Pflicht- und Wahlfachbereich soll vom Grossen Rat und
nicht von der Regierung festgelegt werden.
Die Mindestschülerzahlen für Primarschulen, Kleinklassen, Realschulen
sowie Handarbeits- und Hauswirtschaftsabteilungen sollen nicht erhöht
werden.
- Gemeindegesetz:
Der Ausschluss der gleichzeitigen Einsitznahme von verwandten oder
verschwägerten Personen in Gemeindebehörden soll weiterhin im kantonalen
Recht geregelt werden.
Die Regelung des Amtszwangs soll den Gemeinden überlassen werden.
- Landwirtschaftsgesetz und Landwirtschaftsverordnung:
Für einen Selbsthilfefonds des Bündner Bauernverbands zur Förderung des
Rindviehabsatzes und die Beitragspflicht des Kantons und der
Rindviehbesitzer soll die gesetzliche Grundlage im kantonalen Recht
beibehalten werden.
Die Amtszeit der Mitglieder der Landwirtschaftskommission soll auf zwölf
Jahre beschränkt werden.
In der Verordnung soll ausdrücklich festgeschrieben werden, dass der
Vollzug der Betriebshilfe und der Investitionskredite der
Landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaft obliegt.
- Filmverordnung
Der Vollzug der Filmverordnung soll vereinfacht und ganz den Gemeinden
übertragen werden. Dadurch kann die kantonale Filmkommission aufgehoben
werden. Das Zutrittsalter soll grundsätzlich von den Betriebsinhabern
festgelegt werden. Die Gemeinden können es aber unter bestimmten
Voraussetzungen erhöhen.
Einige Vorlagen diskutierte die Kommission kontrovers, so
namentlich:
- Personalverordnung
Eine kleine Kommissionsminderheit will auf die Vorlage nicht eintreten,
weil sie eine Schlechterstellung der Mitarbeitenden mit sich bringe und
dem Gedanken der partnerschaftlichen Arbeitsverhältnisses nicht Rechnung
trage. Die Kommissionsmehrheit ist demgegenüber für Eintreten. Die
Vorlage beachte die speziellen bündnerischen Verhältnisse, bringe eine
Annäherung an das private Arbeitsrecht und berücksichtige auch
verschiedene Anliegen der Personalverbände.
- Gesetz über Bergführer- und Skisportwesen
Für die Kommissionsmehrheit ist die in der Botschaft vorgesehene
Liberalisierung angemessen. Einer Kommissionsminderheit geht sie zu wenig
weit. Sie will, dass im erschlossenen Pistengebiet die Lehrtätigkeit für
Jedermann freigegeben wird.
- Fischereigesetz
Eine Kommissionsminderheit möchte, dass ein allfälliger Regalertrag
zweckgebunden für Fischereimassnahmen verwendet wird, statt diesen in
die Staatskasse fliessen zu lassen. Die Mehrheit erachtet hingegen die
Regelung gemäss Botschaft als sinnvoller, weil auch allfällige Defizite
des Fischereiwesens zu Lasten des allgemeinen Haushalts gehen würden.
Soweit schliesslich der vom Grossen Rat bereits einmal genehmigte
Massnahmenplan Haushaltsgleichgewicht 1999 im Rahmen des VFRR-Projekts
umgesetzt werden soll, schlägt die Kommission lediglich in einem Bereich
eine Änderung vor: Bei sehr finanzschwachen Gemeinden sollen weiterhin
kantonale Beiträge an die Besoldung der Lehrkräfte ausgerichtet werden.
Die Beratungen in der Kommission haben gezeigt, dass das Vorhaben
zwar umfangreich und komplex, bei entsprechender Vorbereitung aber zu
bewältigen ist.
Gremium: Grossrätliche Vorberatungs-Kommission
Quelle: dt Grossrätliche Vorberatungs-Kommission