Unterschiedliches Echo auf Sprachenrecht und neue Gliederung des
Kantons
Eine klare Verankerung der Dreisprachigkeit und eine neue Gliederung
des Kantons für Verwaltungsaufgaben bildeten zwei der Hauptpunkte, die
die Verfassungskommission in ihrem Entwurf vorgeschlagen hat. Die beiden
Punkte sind in der Vernehmlassung auf unterschiedliches Echo gestossen.
Von Regierungsrat Dr. Peter Aliesch
Vorsteher des Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartements Graubünden
Gestützt auf den Grundsatzentscheid des Stimmvolkes von 1997 enthält
der Entwurf der Verfassungskommission verschiedene Neuerungen. Bei
einigen handelt es dabei vor allem um ein Nachführen und
Transparent-Machen des geltenden Rechts, wie zum Beispiel beim
Sprachenrecht. Andere Punkte stellen eigentliche inhaltliche Neuerungen
dar. Dazu gehört beispielsweise der Vorschlag für eine Reform der
Verwaltungsgliederung durch die Schaffung von Regionen. Mit dem heutigen
Beitrag möchte ich auf diese beiden inhaltlichen Punkte eingehen.
Die Dreisprachigkeit ist für Graubünden charakteristisch und
bedeutet eine grosse Herausforderung. Daher hat die
Verfassungskommission vorgeschlagen, die Dreisprachigkeit klar und
prägnant in der Verfassung zu verankern. Die Mehrheit der
Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser stimmt der Formulierung zu, die
sich an den Text der neuen Bundesverfassung anlehnt. Das Sprachenrecht
in mehrsprachigen Gebieten weist immer auch einen starken emotionalen
Aspekt auf. Daher erstaunt es nicht, dass dem Sprachenartikel Kritik aus
zwei Richtungen erwächst: einigen geht er zu weit, während andere den
Schutz für ungenügend halten. Einzelne Personen und Gemeinden stören
sich an der Förderung der Minderheitensprachen Rätoromanisch und
Italienisch und fordern eine Gleichbehandlung aller Sprachen. Auf der
anderen Seite bemängeln Vertreterinnen und Vertreter der sprachlichen
Minderheiten, dass der Vorschlag der Verfassungskommission der
Bedrohungslage nicht gerecht wird. Sie fordern insbesondere, dass der
Kanton nach Anhörung der Gemeinden deren Amts- und Schulsprache
festlegen soll.
Bei der Gliederung des Kantons für Verwaltungsaufgaben besteht
Reformbedarf. Die Vernehmlassung zeigt deutlich, dass es neue oder
zumindest verbesserte Strukturen für die zukünftige Erfüllung von
Verwaltungsaufgaben braucht. Der Befund ist unbestritten; sehr
unterschiedliche Auffassungen bestehen beim "Wie": Gemeindefusionen,
Stärkung der Kreise, Stärkung der bestehenden Regionalverbände oder
Regionen. Der Vorschlag der Verfassungskommission, der die Schaffung von
sieben Regionen vorsah, wird in dieser Form mehrheitlich abgelehnt. Aus
der Vernehmlassung geht weiter klar hervor, dass der Weg über eine
Stärkung der regionalen Zusammenarbeit zu suchen ist. Nur vereinzelt
wird angeregt, die Anzahl der Gemeinden durch Gemeindefusionen "von oben
her" deutlich zu verringern.
Im September 1997 haben die Bündner Stimmberechtigten mit grosser
Mehrheit Ja zum Grundsatz einer Totalrevision der Kantonsverfassung
gesagt. Sie haben damit Regierung und Grossem Rat einen klaren Auftrag
erteilt, der über ein reines Nachführen des Verfassungsrechts
hinausgeht. Die Totalrevision bietet die Gelegenheit, notwendige und
wünschbare Reformen in einer Gesamtschau zu diskutieren und zu
realisieren. Wie ich in einem Beitrag kürzlich berichtet habe, ist der
Entwurf der Verfassungskommission in der Vernehmlassung grundsätzlich
positiv beurteilt worden.
Gremium: Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement Graubünden
Quelle: dt Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement Graubünden