In der Villa Garbald in Castasegna (Bergell) führten die
Restaurationsarbeiten zu einem überraschenden Befund aus der Bauzeit der
Villa: Alle wichtigen Räume der Villa des Architekten Gottfried Semper
sind an Decken und Wänden bunt bemalt. Die Malerei-Neufunde sind von
ausserordentlicher Bedeutung für das Restaurierungskonzept der Villa
Garbald.
Vor allem die Decken der Villa Garbald zeigen in über einem Dutzend
Räumen verschiedene Farben und Formen. Es handelt sich dabei um
Malereien mit Mittelmedaillons und Ornamenten. Daneben sind auch viele
der Wände bemalt. Der Semper-Spezialist Martin Fröhlich vermutet, dass
der Sohn Sempers, Manfred Semper, die vom Vater für die Villa
entworfenen Baupläne 1863 ausführte. Sohn Manfred hatte die Familie
Garbald als Schulkollege kennen gelernt.
Farbe spielte für Semper eine zentrale Rolle
Um 1830 hatte Gottfried Semper durch seine Forschungen in Süditalien
und Griechenland wichtige Zeugnisse zur ursprünglichen Farbigkeit
antiker Bauwerke entdeckt. Seine Beobachtungen hatten im Pariser
Akademiestreit über die Polychromie antiker Bauten den Ausschlag
zugunsten der Farbigkeit gegeben.
In Sempers Schriften spielt die Farbe in der Architektur eine
zentrale Rolle. Dies galt und gilt auch für das schlichte Landhaus für
Garbald in Castasegna. Deshalb sind die Malerei-Neufunde von
ausserordentlicher Bedeutung für das Restaurierungskonzept der Villa
Garbald.
Institut gta der ETH Zürich sucht nach dem Dekorationsmaler
Bereits anhand der kleinen Sondierschnitte lässt sich beurteilen,
dass der Maler dieser Innendekoration ein technisch versierter und
künstlerisch begabter Dekorationsmaler war, der die Zentren des
damaligen Schaffens in Europa, nämlich Mailand, München und Paris
gekannt haben dürfte. Wer dieser Dekorationsmaler war und wo er seine
Ausbildung genoss, wird zur Zeit durch das ETH-Institut für Geschichte
und Theorie der Architektur (gta) untersucht. Das gta klärt ebenfalls
ab, inwieweit Gottfried Semper persönlich Einfluss auf die Malerarbeiten
in Castasegna nahm.
Originale Malerei aus der Semper-Zeit öffentlich zeigen
Die Malerei ist erstaunlich gut erhalten. Durch die Restauration
bietet sich die seltene Gelegenheit, originale Malerei aus der
Semper-Zeit öffentlich zu zeigen. Bis heute hat die Schlichtheit der
Innenräume Kunstkenner eher befremdet. Neu zeigt sich die Villa
plötzlich in ihrem ursprünglichen bunten Reichtum. Es wird nun
angestrebt, dass der soeben entdeckte Schatz der Dekorationsmalerei im
alten Glanz wieder erstrahlen wird.
Der Architekt Gottfried Semper (1803-1879) erbaute 1862/63 für den
Zolldirektor Augustino Garbald in Castasegna ein Landhaus im
italienischen Stil. Die ETH Zürich beabsichtigt, das Haus ab Herbst 2003
als Aussenstation und Seminarzentrum zu nutzen. In der Villa und im
neuen Erweiterungsbau werden Unterkunfts- und Arbeitsräume für 14
Personen sowie ein Gastatelier für die Wissenschaft, Literatur und Kunst
eingerichtet. Zudem wird das Zentrum - etwa für kulturelle Anlässe -
auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sein.
Gremium: Kantonale Denkmalpflege Graubünden
Quelle: dt Kantonale Denkmalpflege Graubünden