Die Kommission Parlamentsreform unterbreitet dem Grossen Rat Bericht
und Antrag für die Teilrevision der Geschäftsordnung des Grossen Rats
und weiterer Erlasse. Beim Reformprojekt geht es darum, das Parlament
organisatorisch, instrumentell, personell und administrativ so
auszustatten, dass es die ihm zukommende Rolle bei der Staatsleitung
zusammen mit Regierung und Verwaltung optimal wahrnehmen kann.
Die letzte umfassende Reform des Parlamentsbetriebs ist 1995 in
Kraft getreten. Mittlerweile haben sich Gesellschaft, Wirtschaft und
Umwelt erneut stark verändert. Die Aufgaben, die vom Staat zu erfüllen
sind, haben zugenommen und sind vielfältiger und komplexer geworden.
Andererseits sind die Mittel immer knapper, die für das Erfüllen der
Aufgaben zur Verfügung stehen. Der Kommissionsbericht formuliert eine
Vielzahl von Leitsätzen, welche die Schwerpunkte der Parlamentsreform
umschreiben. Die wesentlichsten Neuerungen sind die Folgenden:
Sechs Kurzsessionen pro Jahr
Beim heutigen Sessionssystem mit fünf Sessionen (vier mal
zweieinhalb Tage und ein mal fünf Tage) kommt es zu einer Pause von vier
Monaten zwischen der Mai- und der Oktobersession. Eine Sitzungspause von
dieser Länge ist in der heutigen Zeit nicht mehr tragbar. Das Parlament
muss präsent sein, um rasch auf aktuelle Fragen im politischen Geschehen
reagieren zu können. Die Anzahl der Sessionen soll daher auf sechs
erhöht werden, wobei die Sessionen möglichst gleichmässig übers Jahr zu
verteilen sind. Die Gesamtzahl der jährlichen Sitzungstage soll aber
nicht angehoben werden, weshalb alle Sessionen als Kurzsessionen von
maximal drei Tagen ausgestaltet werden sollen. Einmal pro
Legislaturperiode soll eine Landsitzung stattfinden. Die allgemeine
Stossrichtung geht dahin, die Arbeit des Parlaments kontinuierlicher und
flexibler zu gestalten. Entsprechend wird die politische Präsenz des
Grossen Rats verbessert.
Weitere ständige Sachkommissionen schaffen
Die Gesetzgebungs-, Initiativ- und Planungsmöglichkeiten des Grossen
Rats sollen verbessert werden, indem zusätzliche ständige Kommissionen
geschaffen werden. Heute gibt es zwei ständige Kontrollkommissionen
(Geschäftsprüfungs- und Justizkommission) sowie zwei ständige
Sachkommissionen (Redaktionskommission und Kommission
Regierungsprogramm/Finanz-planung/Jahresprogramme). Für alle anderen
Bereiche werden Ad-hoc-Kommissionen gebildet.
Der Einfluss des Parlaments auf die politische Planung soll erhöht
werden. Dazu ist eine stärkere Kooperation zwischen Parlament und
Regierung beim Erarbeiten von Planungsgrundlagen nötig. Der Grosse Rat
soll im Kontakt mit der Regierung die Legislaturziele verabschieden,
während die Regierung im Rahmen dieser Leitplanken anschliessend das
Regierungsprogramm und den damit verknüpften Finanzplan erstellen soll.
Um das Parlament als Institution wie auch gegenüber der Regierung
und Verwaltung zu stärken, sollen neu folgende ständigen
Sachkommissionen geschaffen werden:
- Die bisherige Kommission
Regierungsprogramm/Finanzplanung/Jahresprogramme soll in eine sog.
Strategiekommission mit erweitertem Aufgabenbereich überführt werden.
Sie ist zuständig für das Ausarbeiten der übergeordneten politischen
Ziele und Leitsätze in enger Kooperation zwischen Parlament und
Regierung,
- Kommission für Bildung, Kultur und Umwelt. Sie orientiert sich an
der Departementseinteilung der Regierung und soll die dem Erziehungs-,
Kultur- und Umweltschutzdepartement unterstehenden Aufgabenbereiche
abdecken. In den ersten beiden Bereichen hat der Kanton noch ein relativ
grosser Handlungsspielraum, im dritten Bereich hat er vor allem wichtige
Vollzugsaufgaben zu lösen.
- Kommission für Wirtschaft und Abgaben. Sie umfasst weitere
grundlegende Aufgabenfelder und wird sich mit Geschäften aus mehreren
Departementen zu befassen haben.
Für alle Geschäfte, die nicht in den Aufgabenbereich der ständigen
Kommissionen fallen, kann der Grosse Rat wie bis anhin nicht ständige
Kommissionen zur Vorberatung einsetzen.
Eine Kommissionsminderheit möchte lediglich die Strategiekommission
neu schaffen, auf die weiteren ständigen Sachkommissionen für Bildung,
Kultur und Umwelt sowie für Wirtschaft und Abgaben dagegen verzichten.
Präsidentenkonferenz verteilt Sachgeschäfte
Es ist vorgesehen, dass die Präsidentenkonferenz als
geschäftsleitendes Organ des Parlaments den ständigen Sachkommissionen
die detaillierten Sachbereiche zuteilt. Eine Hauptaufgabe der ständigen
Sachkommissionen wird es sein, die ihnen zugewiesenen Geschäfte zu
Handen des Rats vorzuberaten. Daneben sollen sie die politischen und
gesellschaftlichen Entwicklungen in ihren Sachbereichen verfolgen und
gegebenenfalls Impulse für Veränderungen einbringen.
Durch einfachen Parlamentsbeschluss soll der Grosse Rat zudem
weitere ständige Kommissionen bilden oder bestehende aufheben können.
Um das richtige Mass an Rotation und Kontinuität zu erreichen,
schlägt die Kommission Parlamentsreform vor, für Kommissionsmitglieder
eine maximale Amtsdauer von acht Jahren und für
Kommissionspräsidenten/innen eine solche von zwei Jahren
festzuschreiben. Die eigentliche Amtsperiode der Kommissionsmitglieder
soll zwei Jahre betragen.
Parlamentsdienste ausbauen
Im Hinblick auf die angestrebte Stärkung des Parlaments wird es
nötig sein, die Parlamentsdienste auszubauen. Der Standeskanzlei als
allgemeiner Stabsstelle des Grossen Rats soll ein Ratssekretariat
angegliedert werden, das fachlich selbstständig für die Ratsleitung, die
Kommissionen und die einzelnen Ratsmitglieder tätig ist. Das Sekretariat
der Geschäftsprüfungs-Kommission und ihrer Ausschüsse wird weiterhin von
der Finanzkontrolle geführt.
Planung und Steuerung stärken
Der Einfluss des Grossen Rates auf die politische Planung soll
verstärkt werden. Vorgeschlagen wird ein Modell, das die Kooperation
zwischen Parlament und Regierung bei der Erarbeitung der
Planungsgrundlagen stärker betont als heute. Neu verabschiedet das
Parlament übergeordnete politische Ziele und Leitsätze vor jeder
Planungsperiode für Regierungsprogramm und Finanzplan. Die Regierung hat
in der Folge die Ziele und Leitsätze beim Ausarbeiten ihrer Aufgaben-
und Finanzplanung zu berücksichtigen. Dabei sollen die Instrumente des
Regierungsprogramms und des Finanzplans verknüpft werden. Die
neuzuschaffende Strategiekommission des Grossen Rats prüft im Sinn eines
Controllings zusammen mit anderen ständigen Sachkommissionen, ob die mit
der Planung gesetzten Ziele erreicht wurden. Die Stärkung der Planungs-
und Steuerungsfunktion des Parlaments erfolgt vor allem auch im Hinblick
auf das notwendige Zusammenwirken von Regierung und Grossem Rat im
Rahmen des Projekts GRiforma. Dabei geht es bekanntlich darum, die
Verwaltungsführung nach den Grundsätzen des New Public Management zu
reformieren. Der Revisionsentwurf schafft die Verfahren und Instrumente,
um die Arbeitsweise des Parlaments NPM-tauglich zu machen.
Neue parlamentarische Instrumente
Heute gibt es die folgenden parlamentarischen Instrumente: Motion,
Postulat, Interpellation, schriftliche Anfrage, parlamentarische
Initiative und Antrag auf Direktbeschluss. Neu sollen die Motion und das
Postulat durch den Auftrag abgelöst werden. Sein Anwendungsbereich ist
umfassender, er ist das allgemeine Instrument, mit dem der Grosse Rat
künftige Entscheide steuern kann, unabhängig davon, ob diese vom
Parlament oder von der Regierung zu treffen sind. Der Auftrag kann von
Kommissionen, von Fraktionen und von einzelnen Ratsmitgliedern mit
mindestens 20 Mitunterzeichnenden eingereicht werden. Die Interpellation
soll bestehen bleiben, wogegen die schriftliche Anfrage durch die sog.
Fragestunde ersetzt werden soll. Neu wird der Grundsatz-Beschluss als
Instrument der politischen Planung des Grossen Rats eingeführt. Die
parlamentarische Initiative und der Antrag auf Direktbeschluss bleiben
erhalten.
Anliegen für die Verfassungsrevision
Vorläufig zurückgestellt wurden folgende Reformanliegen, die im
Zusammenhang mit der Revision der Kantonsverfassung zu regeln sind. Die
Kommission Parlamentsreform formuliert dazu folgende Anregungen zu
Handen des Parlaments:
- Parlamentsgrösse. Die Kommission spricht sich dafür aus, die
Mitgliederzahl bei 120 zu belassen.
- Amtsdauer des Parlaments. Der Entwurf der neuen Kantonsverfassung
sieht vor, die derzeitige Amtsdauer von drei Jahren auf vier Jahre
heraufzusetzen. Die Kommission unterstützt diese Neuerung.
- Koordination der Wahltermine. Wenn die unterschiedlichen
Amtsperioden von Regierung und Parlament harmonisiert würden, könnten
auch deren Wahltermine vereinheitlicht werden. Überdies wäre vorzusehen,
auch die Urnengänge der National- und Ständerats-Wahlen zusammenzulegen.
Um diese Harmonisierungen zu realisieren, wären neben Bestimmungen der
Verfassung auch solche des Gesetzes über die Ausübung der politischen
Rechte zu ändern.
Mehrkosten von etwa einer Million pro Jahr
Die vorliegende Parlamentsreform rechnet mit approximativen
jährlichen Mehrkosten von annähernd einer Million Franken, welche sich
aus den folgenden Komponenten zusammensetzen:
- höhere Taggelder und Reisespesen der Grossrats-Mitglieder und
Fraktionen,
- ausgeweitete Kommissionstätigkeiten,
- neu strukturiertes Ratssekretariat,
- höhere Repräsentationszulage der Ratsleitung,
- Mehraufwendungen für die Standespräsidenten-Feier und
- für eine Landsitzung pro Legislaturperiode.
Wann könnten die Neuerungen in Kraft treten?
Die Umstellung auf einen neuen Sessionsrhythmus und das neue
Kommissionssystem sowie das Installieren des Ratssekretariats erfordern
von allen Beteiligten erhebliche Vorbereitungsarbeiten. Die Neuerungen
sollen deshalb auf Anfang 2003 in Kraft treten.
Gremium: Grossrätliche Vorberatungs-Kommission Parlamentsreform
Quelle: dt Grossrätliche Vorberatungs-Kommission Parlamentsreform