Mit Information und Aufklärung soll häusliche Gewalt aus der
"Grauzone" geholt werden.
Die Kampagne "Gewalt hat (k)ein Zuhause" des Kantons Graubünden hat
seit ihrem Start Anfang des Jahres breite Reaktionen hervorgerufen.
Frauen und Männer, aber auch von Gewalt betroffene Frauen, haben auf die
Sensibilisierungskampagne reagiert und sich zu Wort gemeldet. Dabei
wurde wieder einmal deutlich, dass familiäre Gewalt viele Formen hat und
sich oftmals in einer Art Grauzone befindet.
Wenn von Gewalt gegen Frauen innerhalb der Familie und Partnerschaft
die Rede ist, so stehen meist körperliche Gewalttaten im Vordergrund.
Dabei hat häusliche Gewalt noch viele andere Formen: Unterdrückung durch
Drohungen, Einschüchterung, Nötigung oder massive finanzielle
Einschränkung. All diese Formen sind Gewaltausübungen und somit
gesetzeswidrige Handlungen.
Frühzeitig Grenzen setzen
Wenn Gewalt in einer dieser Formen toleriert wird, kann es
passieren, dass sich die Übergriffe ausweiten. Deshalb ist es wichtig,
dass die betroffenen Mädchen und Frauen frühzeitig reagieren.
"Wichtig sind Projekte und Initiativen, die z.B. speziell darauf
ausgerichtet sind, Mädchen zu stärken", berichtet Susanna Mazzetta von
der Stabsstelle für Gleichstellungsfragen des Kantons Graubünden. "Damit
sollen jene Rollenmuster durchbrochen werden, die Frauen daran hindern,
nein zu sagen und klare Grenzen zu setzen." Wie wichtig diese Massnahmen
sind, zeigen die aktuellen Zahlen in unserem Land. Susanna Mazzetta
weiss, dass familiäre Gewalt in allen Altersgruppen und Schichten
vorkommt. "Immer noch scheuen sich viele der betroffenen Frauen, über
ihre Gewalterfahrungen zu reden. Oftmals glauben sie, mitschuldig zu
sein an den Übergriffen ihrer Partner."
Grauzone zwischen Gewalt und Nicht-Gewalt
Im Rahmen des Interreg Projekts "Grenzen überschreiten - Grenzen
setzen" läuft derzeit eine Studie, die unter anderem die Grauzone
zwischen Gewalt und Nicht-Gewalt auslotet. Die Erhebung erfolgt in
Graubünden, Liechtenstein und Vorarlberg. "Wir hoffen, anhand dieser
Studie auch nähere Erkenntnisse zur Entstehung und Dynamik von
häuslicher Gewalt in Graubünden zu erhalten", erläutert Susanna
Mazzetta. "Daraus können dann ganz gezielte Präventivmassnahmen
entwickelt werden."
Beratung und Unterstützung
Gegen eine Verharmlosung von Gewalt in jeder Form helfen in erster
Linie Information und Aufklärung. "Wir möchten mit der Kampagne ‚Gewalt
hat (k)ein Zuhause' Frauen dazu motivieren, schon frühzeitig Hilfe in
Anspruch zu nehmen", erklärt Susanna Mazzetta. "Dazu ist es notwendig,
immer wieder bewusst zu machen, dass unter Gewalt eben nicht nur
körperliche Misshandlung zu verstehen ist, sondern alle
Verhaltensweisen, die Frauen auf physischer, psychischer und sexueller
Ebene schädigen." Unter der Internet-Site www.gewalthatkeinzuhause.org
können Beratungs- und Hilfsangebote im Kanton Graubünden, Vorarlberg und
Liechtenstein abgefragt werden. Gleichzeitig liegen
Informationsbroschüren auf deutsch, italienisch und romanisch vor und
können bei der Stabsstelle für Gleichstellungsfragen (tel. 081 257 35
70) bestellt werden.
Statements zur Kampagne "Gewalt hat (k)ein Zuhause" im Kanton Graubünden
"Über 30 Jahre Tätigkeit in den Medien haben mir gezeigt, dass ein
freies Leben, eine eigene und freie Meinung nur in einer gewaltfreien
Gesellschaft möglich ist. Gewalt zerstört den Menschen und seine Seele.
Gewalt zerstört die Gesellschaft. Gegen die Gewalt ist ein Kampf für ein
Menschenrecht - Leben in der Gewaltfreiheit."
Hanspeter Lebrument, Verleger
"Partnerschaft muss immer auf einem Dialog aufbauen. Wer dabei seine
Meinung mit Gewalt durchsetzt, überschreitet ganz klar die moralischen
und gesetzlichen Grenzen. Ich finde es sehr wichtig, dass jeder einzelne
immer wieder ein klares Zeichen gegen jede Form von Gewalt und
Unterdrückung setzt."
Andy Gees, Bobfahrer und Schwinger
"Alle Formen von Gewalt gegen Frauen, Mädchen und Jungen zu benennen
und zu verurteilen, unabhängig davon, ob sie kulturell gebilligt werden
oder nicht, um die Mauer des Schweigens zu brechen."
Jürg Capol, Chief Marketing Officer FIS Ski WM 2003
"Ich versuche Menschen, egal ob es meine Freundin, meine Mutter, ein
Fremder oder ein Kind ist, so zu behandeln wie ich gerne behandelt werde
- liebevoll und mit Respekt. Gewalt, auf welcher Ebene auch immer,
gehört definitiv nicht dazu."
Cla Mosca, Snowboardweltmeister
"Wir wünschen uns alle eine gewaltfreie Gesellschaft. Da muss es
doch klar sein, dass wir damit in der eigenen Familie beginnen müssen.
Ohne Gewalt Konflikte zu lösen, heisst auch ohne Unterdrückung des
Schwächeren durch den Stärkeren. Gewalttätige Übergriffe gegen Frauen
dürfen in keiner Form toleriert werden."
Norbert Joos, Extrembergsteiger
Gremium: Stabsstelle für Gleichstellungsfragen
Quelle: dt Stabsstelle für Gleichstellungsfragen