Ausgangslage
Angesichts der schlechten Finanzperspektiven des kantonalen
Finanzhaushaltes hat die Regierung dem Grossen Rat im Rahmen der am 11.
März 2003 verabschiedeten Botschaft zur Struktur- und
Leistungsüberprüfung zur Sanierung des Kantonshaushaltes ein umfassendes
Massnahmenpaket unterbreitet.
Im Gesundheitsbereich hat die Regierung dem Grossen Rat insbesondere
eine Neukonzeption der Spitalversorgung und die Abgeltung der
Spitalleistungen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen
vorgeschlagen.
Die vorgeschlagenen Massnahmen basieren auf dem Umstand, dass die
Ausgaben des Kantons für Gesundheit in jüngster Zeit besonders stark
gewachsen sind. So nahm die Nettobelastung des Kantons im Bereich
Gesundheit von 1995 bis und mit dem laufenden Jahr (Voranschlagszahlen)
um 63,5 Mio. Franken oder um 65.96 Prozent beziehungsweise um mehr als 8
Prozent pro Jahr zu.
Auf Ersuchen der Vorberatungskommission des Grossen Rates hat die
Regierung anlässlich ihrer letzten Sitzung konkretisiert, wie gemäss
ihren Vorstellungen die Spitalversorgung des Kantons und die
Finanzierung der öffentlichen Spitäler aus der Sicht einer optimalen
Mittelverwendung konzipiert werden sollte. Sofern der Grosse Rat die
Stossrichtung der Regierung teilt, ist vorgesehen, die Vorstellungen
über die künftige Spitalversorgung des Kantons und die Finanzierung der
öffentlichen Spitäler zu vertiefen und in der Folge zu den entsprechend
erarbeiteten Unterlagen ein breit angelegtes Vernehmlassungsverfahren zu
eröffnen.
Neukonzeption der Spitalversorgung
Der Kanton verfügt heute gemäss dem Krankenpflegegesetz zur
Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung über eine
abgestufte Spitalversorgung mit einem entsprechend abgestimmten Angebot
an medizinischen und pflegerischen Leistungen. In der grossrätlichen
Vollziehungsverordnung zum KPG wird der Kanton in 12 Spitalregionen
aufgeteilt und jedes öffentliche Spital einem Spitaltyp zugeordnet.
Spitäler der gleichen Versorgungsstufe verfügen heute im wesentlichen
über dieselben individuellen Leistungsaufträge. Regionale Unterschiede
werden in den individuellen Leistungsaufträgen wenig berücksichtigt.
Die Leistungsaufträge der öffentlichen Spitäler sollen neu wie folgt
konzipiert werden (durch eine Änderung des Anhanges zur
Vollziehungsverordnung zum Krankenpflegegesetz):
Einfache Grundversorgung (Spitäler Promontogno, Savognin, Sta.
Maria)
Streichung der Fachrichtungen
- Allgemeine Chirurgie (ambulante Chirurgie, insbesondere
Wundversorgung und Transportherstellung, weiterhin zulässig)
- Anästhesiologie
- Geburtshilfe / Gynäkologie
Diese Massnahme hat zur Folge, dass ca. 35 Geburten jährlich und ca.
2,5% aller chirurgischen Eingriffe in einem anderen Spital stattfinden
müssen. Im Gegenzug dazu sollte es aber auch in Zukunft möglich sein,
diese Spitäler zu betreiben. Die Anpassung des Leistungsauftrags ist
nach Auffassung der Regierung einer Schliessung vorzuziehen.
Normale Grundversorgung (Spitäler Poschiavo, Schiers, Scuol, Thusis)
Umteilung des Ospedale San Sisto (Poschiavo) in die einfache
Grundversorgung
Streichung der Fachrichtungen
- Orthopädie
- operative Gynäkologie
- Pädiatrie
Die diagnostische Radiologie wird beschränkt auf Ultraschall und
konventionelles Röntgen
Das Ospedale San Sisto weisst lediglich Fallzahlen in der
Grössenordnung des Spital Savognin auf, weshalb sich eine
Gleichbehandlung dieser Spitäler aufdrängt. Weil orthopädische und
operative Gynäkologiefälle in den Spitälern dieser Versorgungsstufe
selten sind, erscheint diese Einschränkung im Sinne der Konzentration
der Mittel vertretbar und hat zudem auch keinen wesentlichen
Leistungsabbau zur Folge.
Erweiterte Grundversorgung (Spitäler Davos, Ilanz, Kreuzspital,
Samedan)
Umteilung des Regionalspitals Surselva in die normale
Grundversorgung
Umteilung des Kreuzspitals Chur in die normale Grundversorgung für
den Fall eines (unwahrscheinlichen) Ausstiegs aus der Spitäler Chur AG
Streichung der Fachrichtungen
- Urologie
- Ophthalmologie
Die Umteilung des Spital Ilanz erfolgt unter Berücksichtigung der
medizinischen Versorgung der Region und der Kostenstruktur des Spitals.
Das engere Betriebsergebnis des Spital Ilanz belastet den Kanton und
damit auch die Region sehr stark. Vergleichbare Spitäler der normalen
Grundversorgung weisen pro Fall Fr. 1300.-- tiefere Kosten auf.
Zentralversorgung (Kantonsspital, Frauenspital Fontana)
Aufgabe des Standortes Fontana bei gleichzeitiger Erteilung des
Leistungsauftrages der Zentralversorgung in Geburtshilfe und Gynäkologie
an die Spitäler Chur AG.
Damit wird es je nach Standortwahl möglich ein Frauen- und
Kinderspital unter einem Dach zu betreiben, was aus Sicht der
Patientinnen einen grossen Vorteil darstellen würde.
Für die Spitalregionen Graubündens ist bedeutungsvoll, dass die
Neukonzeption der Spitalversorgung ohne Spitalschliessungen erfolgen
soll. Im Rahmen der individuellen Leistungsaufträge an die
Regionalspitäler sind Anpassungen zur Berücksichtigung spezifischer
Gegebenheiten des betreffenden Spitals möglich.
Die Aufgabe des Standortes Fontana ermöglicht es, die Kapazitäten
des Kantonsspitals und des Kreuzspitals optimal zu nutzen und unter
Beibehaltung einer qualitativ hochstehenden Medizin bis heute nicht
genutzte Synergien zu erschliessen.
Abgeltung der Spitalleistungen nach betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen
Das heutige System der Defizitübernahme bildet keinen Anreiz für die
Spitäler, wirtschaftlich zu arbeiten. Spitäler, die kostenbewusster
arbeiten, erhalten weniger Kantonsbeiträge als andere Spitäler. Um dies
zu ändern soll die Finanzierung der Spitäler durch den Kanton auf eine
neue Basis gebracht werden.
Die Massnahme für ein neues kantonales Spitalfinanzierungssystem
sieht im wesentlichen die Kombination von fixen Beiträgen zur Abgeltung
gemeinwirtschaftlicher Leistungen und von leistungsabhängigen Beiträgen
zur Abgeltung der effektiv erbrachten medizinischen Leistungen vor.
Unter die Beiträge für gemeinwirtschaftliche Leistungen fallen u. a. die
Abgeltung für den Notfalldienst und das Rettungswesen. Die
leistungsabhängigen Beiträge des Kantons sind für die effektiv vom
Spital erbrachten Leistungen vorgesehen, für welche die Versicherer
keine kostendeckenden Tarife vergüten. Die Beiträge werden dabei
jährlich von der Regierung nach Anhörung der Trägerschaft zum voraus für
das folgende Jahr festgelegt.
Nach Einführung des neuen Systems ist unwirtschaftliches Verhalten,
das nicht als gemeinwirtschaftliche Leistung qualifiziert wird, voll von
der Trägerschaft und den Gemeinden zu tragen. Trägerschaften und
Gemeinden werden entsprechend die Spitäler zu wirtschaftlichem Verhalten
drängen. Der Druck auf vergleichsweise teure Spitäler wird stark
zunehmen, während günstige Spitäler keinen erhöhten Druck befürchten
müssen.
Gremium: Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement
Quelle: dt Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement