Die grossrätliche Kommission für Bildung und Kultur hat die
Botschaft der Regierung zum Erlass eines Sprachengesetzes behandelt. Die
Kommission beantragt dem Grossen Rat einstimmig, auf die Vorlage
einzutreten. Die Kommission steht unter dem Vorsitz von Grossrat Bruno
W. Claus. An der Kommissionssitzung teilgenommen hat auch
Regierungspräsident Claudio Lardi. Ebenso waren Vertreter der Lia
Rumantscha und der Pro Grigioni Italiano zu Hearings eingeladen.
Wie die Regierung in ihrer Botschaft schreibt, hat das
Sprachengesetz zunächst zum Ziel, die Vorgaben internationalen Rechts
(Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen;
Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten), der
Bundesverfassung (Art. 18 und 70) und der neuen Kantonsverfassung (Art.
3) umzusetzen. Dabei geht es namentlich darum, folgende Ziele und
Grundsätze der künftigen kantonalen Sprachenpolitik zu konkretisieren:
- Stärkung der Dreisprachigkeit als Wesensmerkmal des Kantons;
- Festigung und Förderung des Bewusstseins für die kantonale
Mehrsprachigkeit;
- Wahrung und Förderung des Bestandes und der Verbreitung der
Landessprachen des Kantons;
- Umschreibung des Anwendungsbereichs der kantonalen Amtssprachen in
den Bereichen Rechtsetzung, Rechtsanwendung und Rechtsprechung;
- Institutionelle und finanzielle Förderung der Minderheitensprachen
Rätoromanisch und Italienisch;
- Festlegung von Grundsätzen für den Gebrauch der Amts- und
Schulsprachen in den Gemeinden und Kreisen.
Zu diversen Artikeln der Botschaft brachte die Kommission
Änderungsanträge ein. Ein Anliegen war die anerkannte Arbeit der
Sprachorganisationen zu stärken und gleichzeitig zielorientierte und
überprüfbare Leistungsvereinbarungen zu etablieren. So möchte die
Kommission im Gesetz verankern, dass das Bewusstsein für die kantonale
Mehrsprachigkeit nicht nur individuell und institutionell, sondern auch
gesellschaftlich zu festigen ist. Weiter sollen mit dem Sprachengesetz
im Kanton Voraussetzungen für ein Institut für Mehrsprachigkeit
geschaffen werden. Damit nimmt die Kommission ein Anliegen auf, dass im
Zusammenhang mit der Schaffung eines solchen Institutes auf Bundesebene
steht. Gemäss der Kommission muss alles unternommen werden, damit ein
allfälliges Institut des Bundes im Kanton Graubünden geschaffen werden
kann. Ein weiterer Kommissionsantrag bezweckt, dass der Kanton an
Gemeinden, andere öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie Private
Beiträge leisten können soll zu Gunsten der Einrichtung zweisprachig
geführter Schulen oder zweisprachig geführter Klassen in
deutschsprachigen Gemeinden. Einig ist sich die Kommission auch darin,
dass die Gewährung der Kantonsbeiträge an die beitragsberechtigten
Institutionen von der Einhaltung von Leistungsvereinbarungen abhängig
gemacht werden soll. Allerdings beantragt hier die Kommission, dass die
Leistungsvereinbarungen jeweils für eine Periode von vier Jahren
abgeschlossen werden sollen.
Zu zwei Artikeln wurden auch Mehr- bzw. Minderheitsanträge
eingereicht. So beantragt eine Kommissionsmehrheit, dass der Kanton im
Rahmen des Sprachengesetzes an die Lia Rumantscha, die Pro Grigioni
Italiano und an die Agentura da Novitads Rumantscha auch Beiträge zur
Erhaltung und Förderung der rätoromanischen beziehungsweise
italienischen Kultur leiten soll. Hinsichtlich Festlegung der
Amtssprachen möchte eine Kommissionsminderheit, dass Gemeinden mit einem
Anteil von mindestens 40 Prozent von Angehörigen einer angestammten
Sprachgemeinschaft als einsprachige Gemeinden gelten sollen. Regierung
und Kommissionsmehrheit befürworten den in der Botschaft vorgeschlagenen
Anteil von 50 Prozent.
Der Grosse Rat wird sich in der Oktobersession 2006 mit der Vorlage
befassen.
Gremium: Kommission für Bildung und Kultur
Quelle: dt Kommission für Bildung und Kultur