Die Bündner Regierung beantragt dem Grossen Rat, die kantonale
Volksinitiative "Grosser Rat: 80 sind genug" dem Volk zur Ablehnung zu
empfehlen. Zudem will die Regierung auch auf einen Gegenvorschlag zur
Initiative verzichten. Dies geht aus der Botschaft der Regierung an den
Grossen Rat hervor. Dieser wird das Geschäft in der Dezembersession 2007
behandeln.
Am 25. September 2006 reichten die Vertreterinnen und Vertreter des
Initiativkomitees die von der Sozialdemokratischen Partei lancierte
Volksinitiative "Grosser Rat: 80 sind genug" mit 4'163 gültigen
Unterschriften bei der Standeskanzlei ein. Die unterzeichnenden
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wollen mit der in Form einer
allgemeinen Anregung eingereichten Volksinitiative den Bestand des
Grossen Rates von heute 120 auf 80 Sitze reduzieren und verlangen somit
eine Änderung der Kantonsverfassung.
Nach Ansicht der Regierung hätte eine Verkleinerung des Parlaments
zur Folge, dass der Vielgestaltigkeit des Kantons und seinen regionalen
Strukturen bei der Zusammensetzung des Parlaments nicht mehr wie heute
Rechnung getragen werden könnte. Graubündens Strukturen mit Regionen und
Gemeinden, die geografisch, kulturell, sprachlich und wirtschaftlich
sowie bezüglich der Bevölkerungszusammensetzung teils sehr
unterschiedlich sind, verlangen ein mitgliederstarkes Parlament. Die
Repräsentationsfunktion des Parlaments als Volksvertretung würde durch
ein kleineres Parlament eingeschränkt. Aus diesen Gründen lässt sich
auch der Trend der Parlamentsverkleinerungen in anderen Kantonen nicht
ohne Weiteres auf den Kanton Graubünden übertragen.
Ausserdem drängt sich nach Meinung der Regierung weder aus
Effizienz- und Funktionalitäts-, noch aus Kostengründen auf, die
Mitgliederzahl des Parlaments herabzusetzen. Der Grosse Rat ist bereits
heute ein effizient arbeitendes Parlament. Angesichts der Geschäftslast
wäre eine Verteilung der Arbeiten auf weniger Mitglieder in einigen
Bereichen mit einer Mehrbelastung verbunden, welche die
Miliztauglichkeit des Parlaments in Frage stellen würde. Ferner sprechen
auch finanzielle Gründe nicht für eine Verkleinerung des Grossen Rates.
In Bezug auf die Taggelder und Spesenentschädigungen wären zwar
Einsparungen von rund 365'000 Franken pro Jahr zu erwarten. Infolge
Mehrbelastung und Professionalisierung könnten durch höhere
Entschädigungen der verbleibenden Ratsmitglieder jedoch auch wieder
Mehrkosten entstehen.
Falls die Initiative angenommen wird, hätte dies auch Auswirkungen
auf das heutige Wahlsystem. Eine Verkleinerung des Grossen Rates würde
den heute schon bestehenden Unterschied zwischen den kleinsten und
grossen Kreisen bei der Sitzverteilung pro Einwohnerin und Einwohner
weiter verschärfen und zu einer Stimmkraftverzerrung führen. Bei
Beibehaltung des Majorzwahlverfahrens müssten daher wohl die Einteilung
der Wahlkreise geändert werden. Ein Wechsel zum Proporzwahlverfahren
wäre ebenfalls möglich. Auch in diesem Fall ist eine Änderung der
Wahlkreiseinteilung oder aber eine neue Sitzzuteilungsmethode notwendig.
Das Bündner Stimmvolk hat aber das bestehende Wahlsystem erst kürzlich
im Zusammenhang mit der Totalrevision der Kantonsverfassung bestätigt.
Nach Abwägen aller Vor- und Nachteile, welche eine
Parlamentsverkleinerung mit sich bringen würde, spricht sich die
Regierung daher für die Beibehaltung der heutigen Parlamentsgrösse aus.
Die Volksabstimmung über die Initiative findet statt, wenn der Grosse
Rat die Initiative mit oder ohne Gegenvorschlag ablehnt oder wenn er
dieser zustimmt und einen Gegenvorschlag beschliesst. Stimmt der Grosse
Rat ohne Gegenvorschlag der Initiative zu, so unterbleibt eine
Volksabstimmung. Dem Grossen Rat steht gestützt auf die
Kantonsverfassung, wonach eine Volksinitiative innert zwei Jahren seit
Einreichung dem Volk zur Abstimmung vorzulegen ist, ebenfalls mindestens
ein Jahr für die Beratung der Initiative zur Verfügung.
Standeskanzlei Graubünden
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden