Die Bündner Regierung hat den Polizeibericht 2010 verabschiedet. Sie
unterbreitet darin dem Grossen Rat ihre Einschätzung zu den sich
stellenden wesentlichen Fragen des bündnerischen Polizeiwesens und zur
absehbaren Entwicklung sowie ihre Anträge zur strategischen
Schwerpunktbildung, Mittelzuweisung und -verwendung. Daraus leitet die
Regierung den konkreten Handlungs- und Mittelbedarf ab. Sie will deshalb
der Kantonspolizei in den nächsten drei Jahren je 10 zusätzliche Stellen
zur Verfügung stellen. Der Grosse Rat wird das Geschäft in der
Februarsession 2009 behandeln.
Den Polizeibericht hatte die Kommission für Justiz und Sicherheit
(KJS) des Grossen Rates in einem Auftrag verlangt. Die Regierung geht im
Bericht von der nachfolgenden strategischen Ausrichtung der Polizei aus:
Die Kantonspolizei handelt bürgernah und sozialkompetent. Durch höhere
Präsenz im öffentlichen Raum und kürzere Interventionszeiten soll das
Vertrauen in die Polizei gefördert werden. Räumlich dezentralisiert soll
die Kantonspolizei die Grundversorgung im ganzen Kanton sicherstellen
und sich gleichzeitig auf die kriminal-, verkehrs- und
sicherheitspolizeilichen Schwergewichtsräume konzentrieren. Im Hinblick
auf die Polizeistrukturen im Kanton Graubünden soll in einem separaten
Projekt die Einführung einer Einheitspolizei im Vergleich mit der
bisherigen Lösung gemäss Art. 5 des Polizeigesetzes (Vertragliche
Übernahme von Gemeindepolizeiaufgaben gegen Entschädigung) geprüft
werden.
Mit dieser strategischen Ausrichtung wird innerhalb des gegebenen
Rechtsrahmens den Veränderungen der Sicherheitslandschaft Schweiz, der
Tendenz zur Gewalt und schwereren Delikten, der technischen Entwicklung
und auch den mit diesen Veränderungen gestiegenen
Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung Rechnung getragen.
Rechtliche Voraussetzungen reichen aus
Wie die Regierung im Polizeibericht festhält, geht sie davon aus,
dass die Polizeiarbeit im Kanton Graubünden überwiegend positiv
eingeschätzt wird und die Polizei über eine hohe Akzeptanz verfügt. Die
Regierung erkennt daher keinen Bedarf, den gesetzlichen Auftrag des Art.
2 des Polizeigesetzes anzupassen. Er widerspiegelt die Bedürfnisse der
Bevölkerung und erfüllt die Voraussetzungen für eine bürgernahe Polizei.
Gleiches gilt auch für die Organisation der Kantonspolizei, wobei
punktuell Verbesserungen noch möglich sind.
Allerdings steigen die Ansprüche an die unmittelbare Verfügbarkeit
der Polizei und die Interventionszeiten werden in Einzelfällen als zu
lang empfunden. In weiten Teilen der Bevölkerung wird die sichtbare
Polizeipräsenz, vor allem nachts, als ungenügend beurteilt. Die
Regierung nimmt auch die zunehmende Gewaltbereitschaft, die
Erscheinungsformen der Jugendgewalt, des Vandalismus und die sinkende
Akzeptanz der Strassenverkehrsvorschriften ernst.
Bestand der Kantonspolizei soll erhöht werden
Die Regierung beabsichtigt, die Polizeipräsenz zu erhöhen und die
Interventionsmöglichkeiten zu stärken. In den nächsten drei Jahren
sollen bei der Kantonspolizei je 10 neue Stellen geschaffen werden. Über
weitere 10 Stellen wird im Jahr 2011 nach einer erneuten Beurteilung
entschieden. Zusätzlich sieht die Regierung die Schaffung von drei
Stellen im Rahmen der Botschaft zur Realisierung des
Sicherheitsfunknetzes vor. Die neugeschaffenen Stellen sollen primär an
der Front und dezentral bereitgestellt werden. Damit werden Bürgernähe,
Präsenz und kürzere Interventionszeiten umgesetzt. Die Stellen können
nur schrittweise besetzt werden, da sie von der Arbeitsmarktsituation,
der Konjunkturlage und den verfügbaren Ausbildungsplätzen in der
Polizeischule Ostschweiz abhängen.
Die Stellenbedürfnisse der Kantonspolizei ergeben sich einerseits
aus den zunehmenden Aufgaben im sicherheitspolizeilichen Bereich
(innerkantonal, interkantonal) und den Bedürfnissen in den
verschiedensten Diensten. Parallel dazu belastet auch das World Economic
Forum in der Vorbereitung und Durchführung die Kantonspolizei in den
letzten Jahren zusätzlich. Kriminalpolizeilich ist davon auszugehen,
dass die Kriminalitätsbelastung im Kanton Graubünden relativ stabil ist,
aber gleichzeitig die Gewaltbereitschaft zugenommen hat. Dazu gehören
auch die heutigen Erscheinungsformen der Jugendkriminalität, der die
Regierung mit einem Jugenddienst bei der Kantonspolizei begegnen will.
Gleichzeitig muss auch im kriminalpolizeilichen Bereich den heutigen
rechtlichen (Schweizerische Strafprozessordnung, Haftrecht) und
technischen Voraussetzungen (IT-Ermittlungen) Rechnung getragen werden.
Die Frontmitarbeitenden bedürfen der Supportunterstützung durch
Informatik, Telematik und die Notruf- und Einsatzzentrale, wofür auch
zusätzliche personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen.
Sicherheitsgefühl soll verstärkt werden
Die Aufgaben der Kantonspolizei können gemäss strategischer
Ausrichtung dort priorisiert werden, wo dies innerhalb der gegebenen
rechtlichen und faktischen Grenzen möglich ist. Die repressiven
gerichtspolizeilichen Aufgaben (Verkehrs- und Kriminalpolizei) müssen in
jedem Falle wahrgenommen werden und sind durch die Kantonspolizei nicht
beeinflussbar. Der Schlüssel zum Erfolg jeder Polizei liegt in einer
hohen Präsenz, die auch präventiv wirkt, bürgernah ist und Straftaten
verhindert. Angesichts der Grösse des Kantons Graubünden muss aber
zwischen Konzentration und Dezentralisierung abgewogen werden, damit
einerseits die entsprechenden Schwergewichte gebildet werden können und
gleichzeitig die flächendeckende polizeiliche Grundversorgung erhalten
bleibt.
Der Auftrag der KJS enthält auch die Frage nach einer
Einheitspolizei im Kanton Graubünden. Die Regierung möchte die Antworten
darauf mit einem separaten Projekt behandeln und die heutige Lösung
gestützt auf Art. 5 des Polizeigesetzes, wonach die Gemeinden ihre
Aufgaben der Kantonspolizei gegen Entschädigung übertragen können, einer
Einheitspolizei (allenfalls mit Ausnahmen) gegenüberstellen.
In jedem Falle will die Regierung eine gut ausgebildete und
ausgerüstete, einsatzbereite und einsatzwillige Kantonspolizei. Sie soll
vermehrt im öffentlichen Raum präsent sowie im Bedarfsfalle rasch
verfügbar und im Einsatz sein. Die vorbeugenden Aufgaben der Polizei
treten damit in den Vordergrund. Insgesamt sollen die objektive
Sicherheit im Kanton Graubünden und das subjektive Sicherheitsgefühl der
Bevölkerung gestärkt werden.
Neue Zusammenarbeitsformen
Die Veränderungen der Sicherheitslandschaft Schweiz betreffen auch
die Kantonspolizei. Den neuen Zusammenarbeitsformen mit der Armee, dem
Grenzwachtkorps, bei Interkantonalen Polizeieinsätzen und innerhalb des
Ostschweizerischen Polizeikonkordates ist Rechnung zu tragen. In jedem
Falle ist aber davon auszugehen, dass die Polizeihoheit
verfassungsgemäss bei den Kantonen bleibt und die polizeilichen Partner
nur unterstützend beigezogen werden.
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden