Die Bündner Regierung will den heutigen, mit grossen Mängeln
behafteten Finanzausgleich durch ein einfacheres und grundlegend neues
System ersetzen. Weiter sollen über 50 bisher gemeinsam erfüllte
Aufgaben entweder den Gemeinden oder dem Kanton zugewiesen werden. Das
umfassende Reformpaket ''Bündner NFA`` hat einen gerechten Ausgleich
zwischen reicheren und ärmeren Gemeinden sowie eine Stärkung der
Gemeindeautonomie zum Ziel. Das neue System erhöht die
Handlungsspielräume und die Leistungsfähigkeit sowohl der Gemeinden als
auch des Kantons. Es baut zugleich Doppelspurigkeiten sowie gegenläufige
Finanzströme ab. Von der grösseren Bürgernähe und höheren Effizienz
profitieren die Einwohnerinnen und Einwohner, die Wirtschaft und die
Politik. Die Umsetzung der Bündner NFA ist auf den 1. Januar 2010
vorgesehen. Die Regierung schickt die Bündner NFA in die Vernehmlassung.
Ziele der Bündner NFA
Der bestehende interkommunale Finanzausgleich sorgte rund fünfzig
Jahre lang für einen Ausgleich unter den Gemeinden. Aufgrund der
bestehenden Systemmängel sowie der auf nationaler und kantonaler Ebene
veränderten Rahmenbedingungen drängt sich heute ein vollständig neues
System auf. Neu sollen die Gemeinden wesentlich mehr zweckfreie Mittel
erhalten, was deren Eigenverantwortung und Handlungsspielraum erhöht.
Zudem sollen sie neu den Steuerfuss für juristische Personen in eigener
Kompetenz festlegen können (Aufgabe der Zuschlagssteuer).
Auch im Bereich der Aufgabenteilung führen die vorgeschlagenen
Reformen zu mehr Transparenz und Effizienz. Heute werden zahlreiche
Aufgaben im Verbund zwischen Kanton und Gemeinden erfüllt.
Aufgabenverantwortung, Entscheidungskompetenzen, Ausführung,
Finanzierung und Vollzugsaufsicht liegen oft nicht deckungsgleich in
einer Hand, was zu administrativen Doppelspurigkeiten führt und mit
Fehlanreizen verbunden ist. In Bezug auf die einzelnen Aufgaben treten
diese Mängel in der Regel nicht besonders hervor. Aus einer Gesamtsicht
werden die Nachteile und Probleme der bestehenden Aufgaben- und
Kompetenzverflechtungen jedoch sehr deutlich. Kanton und Gemeinden
sollen sich wieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können.
Die Bündner NFA dient schliesslich auch dazu, bestehende Hemmnisse
bezüglich Gemeindefusionen abzubauen.
Die Instrumente der Bündner NFA
Die Bündner NFA folgt konzeptionell sehr stark der NFA zwischen Bund und
Kantonen.
Der Ressourcenausgleich (Instrument 1) sorgt für einen gezielten und
wirksamen Abbau der grossen Unterschiede in der finanziellen
Leistungsfähigkeit der Gemeinden. Berechnungsgrundlage bilden die
Steuererträge der natürlichen und juristischen Personen sowie der
Wasserzinserträge. Die ressourcenstarken Gemeinden geben einen Teil
ihrer Mittel (20% bis 25% ihres Überschusses gegenüber einer
durchschnittlichen Gemeinde bzw. rund 16 Millionen Franken) zugunsten
der ärmeren Gemeinden ab. Zusätzlich leistet der Kanton einen in etwa
gleich hohen Beitrag. Vorgesehen sind jährliche Ausgleichsbeiträge von
knapp 33 Millionen Franken.
Mit dem Lastenausgleich (Instrument 2) sollen strukturell bedingte,
deutlich übermässige und von den Gemeinden weitgehend unbeeinflussbare
Lasten abgegolten werden. Damit werden vor allem die erheblichen
geografisch-topografischen Lasten ausgeglichen. Die Mittel werden nach
objektiven und nicht direkt beeinflussbaren Kriterien auf die Gemeinden
verteilt (Strassenlängen, Schülerquote, Bevölkerungsdichte,
Siedlungsstruktur). Der mit 20 Millionen Franken dotierte
geografisch-topografische Lastenausgleich (GLA) wird vollständig vom
Kanton finanziert.
Ergänzend dazu wird der bestehende Lastenausgleich Soziales (SLA)
neu konzipiert. Dadurch sollen extreme Belastungen für die einzelnen
Gemeinden verhindert, die Anreizmechanismen und die Steuerbarkeit
verbessert sowie der administrative Aufwand reduziert werden. Der Kanton
übernimmt neu die für die Gemeinden nicht beeinflussbaren
Unterstützungsleistungen und sieht ein neues Lastenausgleichsmodell vor.
Für den Lastenausgleich Soziales sind knapp 4 Millionen Franken
vorgesehen.
Mit der Aufgabenentflechtung (Instrument 3) sollen die bestehenden
zahlreichen Verbundaufgaben möglichst weitgehend entweder dem Kanton
oder den Gemeinden zugeordnet werden. Insgesamt werden 52 Aufgaben
entflochten. 25 Aufgaben werden den Gemeinden zugeteilt, 20 Aufgaben dem
Kanton und 7 Aufgaben im Volksschulbereich werden je nach Klassenstufe
entweder den Gemeinden oder dem Kanton zugewiesen. In die Kompetenz der
Gemeinden fallen beispielsweise die Sozialdienste, das
Bereitschaftswesen der Spitäler, der Bau von Alters- und Pflegeheimen
und der Volksschulbereich bis zur achten Klasse. Der Kanton übernimmt
die amtliche Vermessung, übergeordnete Aufgaben im Volksschulbereich wie
Frühenglisch oder Schulleitungen sowie den Schulbereich ab der neunten
Klasse inklusive die Finanzierung der Berufsfachschulen.
Das Instrument 4 Optimierung der Zusammenarbeit bei Verbundaufgaben
beinhaltet eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen dem Kanton und den
Gemeinde. Soweit zweckmässig sollen Leistungsvereinbarungen
abgeschlossen werden. Bisher objektbezogene und aufwandabhängige
Beiträge werden soweit möglich durch leistungsabhängige Pauschal- oder
Globalbeiträge ersetzt. Hier besteht nur punktueller Handlungsbedarf.
Ergänzende Instrumente
Die Gemeinden kommen mit dem neuen System nur zurecht, wenn sich
ihre Verschuldung in tragbaren Grenzen hält. Für insgesamt 15 übermässig
verschuldete Gemeinden ist eine Teilentschuldung notwendig. Erforderlich
sind Mittel von gut 20 Millionen Franken. Zudem soll ein individueller
Härteausgleich für ausserordentliche und nicht beeinflussbare Lasten
eingeführt werden. Die Regierung soll konkret die Möglichkeit erhalten,
einer Gemeinde auf Gesuch hin aufgrund von ausserordentlichen
Ereignissen und Verhältnissen Sonderbeiträge zu gewähren. Diese Beiträge
werden sich auf eine kleine Zahl von Gemeinden beschränken. Schliesslich
ist für jene Gemeinden ein befristeter Härteausgleich vorgesehen, die
durch die Bündner NFA eine Mehrbelastung erfahren und zugleich
ressourcenschwach sind. Dieser Härteausgleich ist auf maximal acht Jahre
ausgelegt beträgt insgesamt rund 25 Millionen Franken. Er wird vom
Kanton finanziert.
Globalbilanz
Insgesamt werden die Gemeinden um knapp acht Millionen Franken
entlastet. Die finanziellen Auswirkungen der Reform werden für jede der
206 Gemeinden in der Globalbilanz aufgezeigt. Die Ergebnisse beruhen auf
Zahlen der Jahre 2004 und 2005 und erlauben nur eine Trendaussage über
die künftigen Be- und Entlastungen der einzelnen Gemeinden.
Die Vernehmlassung zur Bündner NFA beginnt Ende April und dauert bis
Ende Juli 2008. Der Zeitplan sieht vor, dass das Projekt im April 2009
im Grossen Rat behandelt und auf den 1. Januar 2010 umgesetzt wird.
Hinweis an die Medien:
Die Grafik mit der Übersicht über die Instrumente, den Ressourcen-
und Lastenausgleich sowie die Aufgabenentflechtung kann
hier heruntergeladen werden.
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden