Der Kanton Graubünden wird in der Zweitwohnungsthematik aktiv und
formuliert seine Vorstellungen einer nachhaltigen Zweitwohnungspolitik.
Gleichzeitig will der Kanton über eine Ergänzung des kantonalen
Richtplans erreichen, dass bis zum Jahr 2011 betroffene
Tourismusgemeinden über massgeschneiderte Lösungen verfügen, die sich
auf eine gesamtheitliche, je nach Destination differenzierte
überkommunale Strategie im Bereich des Zweitwohnungsbaus und der
touristischen Beherbergung abstützen.
Anlässlich von Hearings in Samedan, Ilanz und Chur hat der Kanton in
dieser Woche Vertreter der Tourismusgemeinden und Regionen über die
Absicht der Regierung informiert, den Kantonalen Richtplan in Bezug auf
die Thematik Zweitwohnungsbau und touristische Beherbergung zu ergänzen.
Das Hauptziel des Projektes besteht darin, die Gemeinden in der
Wahrnehmung ihrer Verantwortung zu stärken und sie dazu zu bewegen, ihre
in jüngster Zeit in die Wege geleiteten gesetzgeberischen Aktivitäten
vermehrt überkommunal zu koordinieren und in den Dienst einer
nachhaltigen Destinationsstrategie zu legen. Gefordert sind daher nebst
den Gemeinden auch die Regionen und touristischen Destinationen. Dass
Handlungsbedarf besteht, zeigt sich allein schon am Unbehagen, das sich
in den letzten Jahren in der Bevölkerung vieler Tourismuszentren
verbreitet hat.
Bei Zweitwohnungen ist eine differenzierte Betrachtung
gefordert
Der Kanton legt bei der Formulierung seiner Vorstellung einer
nachhaltigen Zweitwohnungspolitik Wert auf die Feststellung, dass der
Zweitwohnungsbau keinesfalls pauschal nur als negativ dargestellt werden
darf. Es wird zwar nicht bestritten, dass ein ungezügelter und
spekulativer Zweitwohnungsbau für die Landschaft, das Image und die
Attraktivität einer Destination Probleme mit sich bringt. Auf der
anderen Seite ist jedoch zu beachten, dass der Zweitwohnungsbau von
grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung ist, indem er einen
massgeblichen Beitrag zur Prosperität und Entwicklung der touristischen
Kernwirtschaft in den Regionen leistet. Rund die Hälfte der 12 Mio.
Logiernächte in Graubünden findet in der Parahotellerie statt. Von
grosser Bedeutung sind vor allem bewirtschaftete Zweitwohnungen, also
Wohnungen, die nicht nur während weniger Wochen im Jahr, sondern über
längere Zeiträume belegt sind. In der ganzen Zweitwohnungsdiskussion ist
daher klar zwischen förderungswürdigen bewirtschafteten (warmen) und
weniger förderungswürdigen unbewirtschafteten (kalten) Zweitwohnungen zu
unterscheiden. Die Regierung hofft und erwartet, dass diese
Differenzierung auch in der übrigen Schweiz zur Kenntnis genommen wird,
wenn über den Zweitwohnungsbau in den Tourismuskantonen diskutiert wird.
Umfassende Zielsetzung des Richtplans
Der nunmehr im Entwurf vorliegende Richtplan zielt nicht nur auf
eine Reglementierung des Baus und der Nutzung von Zweitwohnungen,
sondern bezweckt auch die Stärkung der Kernwirtschaft des Tourismus
(Hotellerie, Bergbahnen, Handel usw.). Eine weitere Zielsetzung ist die
Vergrösserung des Angebotes an erschwinglichem Wohnraum für die
einheimische Bevölkerung. Diesen unterschiedlichen Zielsetzungen ist je
nach Problemstellung in den verschiedenen Räumen / Talschaften mit
entsprechend differenzierten Massnahmen Rechnung zu tragen.
Werkzeugkasten für die Gemeinden
Ein zentrales Element für die Umsetzung des kantonalen Richtplanes
ist der Werkzeugkasten, der zur Unterstützung der Gemeinden durch den
Kanton erstellt wird. Im Werkzeugkasten sind Begriffe definiert,
Vorgehensweisen skizziert sowie über ein Dutzend Einzelmassnahmen (wie
z.B. Kontingentierungsmodelle, abgaberechtliche Massnahmen etc.)
beschrieben. Zum Teil liegen Mustervorschriften vor. Die Elemente des
Werkzeugkastens können von den Gemeinden je nach spezifischer
Problemstellung und Zielsetzung in unterschiedlicher Kombination
eingesetzt werden.
36 Gemeinden in der Pflicht
Der Richtplan bezeichnet insgesamt 36 Bündner Gemeinden, die sich
kurzfristig mit der Zweitwohnungsthematik beschäftigen müssen und bis im
Jahr 2011 richtplankonforme Regelungen vorzuweisen haben. Der Erlass der
Regelungen erfolgt wie bisher im Rahmen der Ortsplanung.
Handlungspflichtig sind zum einen die Zentrumsgemeinden der grossen
Destinationen (Flims/Laax, Lenzerheide/Valbella/Arosa, Klosters/Davos,
Oberengadin sowie Scuol/Samnaun) sowie deren umliegende Gemeinden (28).
Zusätzlichen werden acht weitere Gemeinden bezeichnet, die kleinere
touristische Zentren bilden (z.B. Tujetsch, Breil/Brigels, Savognin,
Zernez usw.).
Anforderungen an Ortsplanungen werden definiert
Für die pflichtigen Gemeinden gibt der Richtplan einen Rahmen für
die Ortsplanung vor: Den bezeichneten Gemeinden wird Frist bis 2011 zum
Erlass der erforderlichen kommunalen Regelungen gesetzt. Damit nicht
einfach ein Überschwappen der Zweitwohnungsnachfrage in die nächste
Nachbargemeinde erfolgt, sollen die Massnahmen der Gemeinden
überkommunal abgestimmt und koordiniert werden, wie dies z.B. im
Oberengadin in Bezug auf die Zielsetzung der Zweitwohnungslenkung
bereits erfolgte. Für die unbewirtschafteten Betten (= kalte Betten, die
nur wenige Tage benützt werden) wird im Richtplan im Sinne einer
Zielgrösse definiert, dass in Zukunft nur noch ein Drittel der
bisherigen Produktion an Zweitwohnungen realisiert werden darf.
Bewirtschaftete Zweitwohnungen, wie z.B. ''serviced appartments`` im
Umfeld von Hotels, Resorts, für jedermann buchbare Ferienwohnungen usw.,
sind von dieser Zielgrösse explizit ausgenommen. Für Resorts definiert
der kantonale Richtplan Standort- und Verfahrensanforderungen. Zudem
werden Neueinzonungen, in denen unbewirtschaftete Zweitwohnungen
zulässig sind, nicht mehr toleriert.
Die nächsten Schritte
Der Fahrplan sieht vor, dass im März 2009 die öffentliche Auflage
des Richtplans erfolgt. Jedermann kann Einwendungen machen. In diesem
Zeitraum werden auch die Gemeinden und Regionen Vernehmlassungen
einreichen können. In der Folge wird der Richtplan aufgrund des
Ergebnisses des Mitwirkungs- und Vernehmlassungsverfahrens allenfalls
angepasst. Wenn alles planmässig verläuft, wird der Richtplan im Mai
2009 von der Regierung erlassen.
Gremium: Departement für Volkswirtschaft und Soziales
Quelle: dt Departement für Volkswirtschaft und Soziales