Von einem Lehrermangel ist auch der Kanton Graubünden betroffen, allerdings weniger stark als die übrige Schweiz. Dies zeigt eine neue, vom Kanton in Auftrag gegebene Studie. Darin werden auch verschiedene mögliche Gegenmassnahmen vorgeschlagen. Die Bündner Regierung hat die Studie zur Kenntnis genommen und gleichzeitig das Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement beauftragt, die Ergebnisse bei zukünftigen Planungsarbeiten zu berücksichtigen.
In den Medien häuften sich in jüngster Vergangenheit Berichte über einen Mangel an Volksschullehrerinnen und Volksschullehrern. Auch im Kanton Graubünden wurden Stimmen laut, die einen gegenwärtigen Lehrermangel diagnostizieren oder einen zukünftigen Mangel befürchten. Vor diesem Hintergrund hat das Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement (EKUD) das Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) in Bern beauftragt, einen Bericht zum Thema Lehrermangel im Kanton Graubünden zu erstellen.
Die Ergebnisse dieser Studie liegen nun vor. Sie zeigen, dass es auf dem Bündner Arbeitsmarkt für Lehrpersonen derzeit einen Mangel gibt. So hat die Anzahl der Lehrpersonen, die auf Stellensuche sind, seit 2007 deutlich abgenommen. Die Studie weist nach, dass es im Mai 2010 sowohl auf der Primar- als auch auf der Sekundarstufe I nicht genügend stellensuchende Lehrpersonen hatte, um die offenen Stellen zu besetzen. Schwierigkeiten bei der Rekrutierung belegen auch die Einschätzungen von Schulleiterinnen und Schulleitern, welche in die Analyse eingeflossen sind. Eine Lücke besteht aktuell insbesondere an der Oberstufe, bei romanischsprachigen Lehrpersonen sowie bei Heilpädagoginnen und Heilpädagogen.
Lehrermangel in Graubünden weniger stark als in der übrigen Schweiz
Ebenso macht die Studie eine Prognose zum zukünftigen Lehrkräftebedarf und Lehrkräfteangebot im Kanton Graubünden. Um beurteilen zu können, ob es in Graubünden in Zukunft einen Lehrermangel gibt oder ob sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt entspannen wird, wurde in der Studie eine Prognose des Angebots und des Bedarfs an Lehrpersonen in den Schuljahren 2010/11 bis und mit 2019/20 erstellt. Dies erfolgte unter bestimmten Annahmen zum Beschäftigungsgrad, zu den Austrittsraten, den Betreuungsquoten, den Studierendenzahlen sowie den Berufseintrittsraten.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Deckungsgrad auf der Primarstufe für die Schuljahre ab jetzt bis und mit 2019/20 im Durchschnitt 64 Prozent betragen wird. Das heisst, dass 36 Prozent des Rekrutierungsbedarfs also nicht gedeckt sind. Auf der Primarstufe fehlen somit in der Periode 2010 bis 2019 im Durchschnitt 39 Lehrpersonen pro Jahr, was einem Anteil von 4 Prozent des durchschnittlichen Bestands an Primarlehrpersonen im Kanton Graubünden entspricht. Auf der Sekundarstufe I beträgt der Deckungsgrad über die gleiche Periode 92 Prozent, womit also 8 Prozent des zusätzlichen Bedarfs nicht gedeckt sind. Auf der Sekundarstufe I fehlen durchschnittlich 8 Lehrpersonen pro Jahr. Dies entspricht einem Anteil von 1 Prozent des Bestands an Lehrpersonen auf dieser Stufe.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Lehrerlücke auf der Primarstufe in den nächsten 10 Jahren stärker ausfällt als auf der Sekundarstufe I. Dieses Resultat ist darauf zurückzuführen, dass die Schülerzahlen auf der Primarstufe ab dem Jahr 2015 wieder zunehmen und die Anzahl Lehrpersonen sinkt, die neu in den Bündner Arbeitsmarkt für Primarlehrpersonen eintreten.
Ein interregionaler Vergleich des zukünftigen Rekrutierungsbedarfs zeigt, dass der Kanton Graubünden bis 2019 jedoch einen geringeren Rekrutierungsbedarf aufweist, als dies in der Region Ostschweiz (inkl. Zürich) und in der gesamten Schweiz der Fall ist.
Verschiedene Gegenmassnahmen möglich
Die Studie schlägt verschiedene Massnahmen gegen den drohenden Lehrermangel vor. Eine kostengünstige Möglichkeit, um das Angebot an Lehrpersonen kurzfristig zu erhöhen, ist die Rekrutierung von Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteigern. Möglich ist auch eine Flexibilisierung des Rentenalters nach oben, wobei Lehrpersonen mit entsprechenden Arbeitszeitmodellen dazu motiviert werden könnten, später in Pension zu gehen. Ausserdem schlägt die Studie vor, die Einführung eines Lehrgangs für Quereinsteiger zu prüfen. Hier muss aber abgeklärt werden, ob im Kanton Graubünden überhaupt eine genügend grosse Nachfrage nach einer solchen Ausbildung besteht.
Um das Angebot an Lehrpersonen längerfristig zu erhöhen, werden in der Studie ebenfalls verschiedene Massnahmen vorgeschlagen. Neben der Überprüfung der Lehrerlöhne könnte die Unterstützung von Lehrpersonen verstärkt werden. So vermag eine gute Begleitung und Unterstützung von Neueinsteigerinnen und Neueinsteigern die Austrittsrate zu senken beziehungsweise die Berufsverweildauer zu erhöhen. Des Weiteren könnten die Schulleitungen, die für Lehrpersonen eine wichtige Unterstützungs- und Entlastungsfunktion wahrnehmen, mit einem höheren Arbeitspensum ausgestattet werden. Ein spezifisches Problem des Kantons Graubünden ist schliesslich das geringe Angebot an romanischsprachigen Lehrkräften und deren teilweise mangelnde Sprachkompetenzen. Entsprechende Weiterbildungsmassnahmen zur Erhöhung der Sprachkompetenz könnten dieses Problem entschärfen.
Ergebnisse werden bei Planungsarbeiten berücksichtigt
Die Regierung hat das Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement nun beauftragt, die Ergebnisse der Studie bei zukünftigen Planungsarbeiten zu berücksichtigen. Ebenso soll die Pädagogische Hochschule Graubünden als direktbetroffene Ausbildungsinstitution die Ergebnisse in die Ausgestaltung ihrer Aus- und Weiterbildungsangebote einbeziehen. Die Studie wird auf der Internetseite des Amts für Volksschule und Sport unter
www.avs.gr.ch veröffentlicht.
Auskunftsperson:
Regierungspräsident Claudio Lardi, Vorsteher Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement, Tel. 081 257 27 01
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden