In der Churer Kathedrale wird das angebliche Grab des Jörg Jenatsch (1596-1639) geöffnet, eines Anführers der Bündner Truppen im Dreissigjährigen Krieg. Gemäss Überlieferung wurde Jenatsch im Februar 1639 – während der Fasnacht – mit einem Beil erschlagen und in der Kathedrale beigesetzt. Nun lässt der Archäologische Dienst Graubünden den Inhalt des Grabes auswerten.
Bereits 1959 hatte der Zürcher Anthropologe Erik Hug den Leichnam exhumiert. Die Identifikation erfolgte aufgrund der Kleider und einer Schädelfraktur. Es blieb aber unsicher, ob tatsächlich der richtige Leichnam gefunden wurde. Nun sollen neue anthropologische und pathologische Erkenntnisse gewonnen werden, hinsichtlich Körperbau, Geschlecht oder Verletzungen. Eine Quelle zur Identifikation stellt nach wie vor die Garderobe dar. Anhand von Blutresten auf Kleidungsstücken sollte ein DNA-Profil hergestellt und mit anderen Profilen von noch lebenden Nachfahren der Familie Jenatsch verglichen werden. Da sich auf den Kleidern wenige Blutreste fanden, hat man das Grab mit dem Segen von Bischof Vitus Huonder für weitere DNA-Proben geöffnet. Später wird der Kopf des Toten ins Kantonsspital Graubünden gebracht, wo ein Schädelscan erfolgt. Dieser kann als 3D-Vorlage dienen zur Rekonstruktion des mutmasslichen Aussehens des Toten zu Lebzeiten.
Aus Rücksicht auf die Kirchgänger dauert die Forschungsarbeit an der Grabstelle nur einen Tag. Zugang erhalten allein die Forscher mit spezieller Schutzkleidung, um weitere Kontaminationen der Gebeine zu verhindern. Aufgrund der knapp bemessenen Zeit werden am Grab keine Interviews gewährt.
Am Donnerstag, 15. März 2012, stehen für Auskünfte um 14 Uhr vor der Kathedrale bereit: Thomas Reitmaier, Kantonsarchäologe, Manuel Janosa, Mitarbeiter des Archäologischen Dienstes Graubünden und Projektleiter bei der Untersuchung des Jenatschgrabes, sowie Giuseppe Gracia, Medienverantwortlicher des Bistums Chur. Digitales Bildmaterial ist ab 13 Uhr verfügbar und wird an dieser Stelle im Internet publiziert.
Die Anthropologin Christina Papageorgopoulou entnimmt Probenmaterial aus dem Gebiss des Toten (Foto: Archäologischer Dienst Graubünden).
Die Anthropologin Christina Papageorgopoulou birgt einen Oberschenkelknochen aus dem Grab in der Kathedrale von Chur (Foto: Archäologischer Dienst Graubünden).
Die Anthropologin Christina Papageorgopoulou sägt Probenmaterial für die DNA-Analysen aus dem Oberschenkelknochen des Toten (Foto: Archäologischer Dienst Graubünden).
Die Anthropologin Christina Papageorgopoulou birgt den mutmasslichen Schädel von Jörg Jenatsch in der Kathedrale von Chur (Foto: Archäologischer Dienst Graubünden).
Über die Ergebnisse des DNA-Vergleichs wird voraussichtlich Ende April 2012 informiert.
Auskunftspersonen:
Archäologischer Dienst Graubünden
Thomas Reitmaier, Kantonsarchäologe, Tel. 081 257 48 60
Manuel Janosa, Projektleiter Untersuchung Jenatschgrab, Tel. 079 467 67 12
Bischöfliches Ordinariat Chur
Giuseppe Gracia, Beauftragter für Medien und Kommunikation, Tel. 079 632 61 81
Gremium: Archäologischer Dienst Graubünden
Quelle: dt Archäologischer Dienst Graubünden