Die Bündner Regierung hat zur Kenntnis genommen, dass heute die Unterschriften für ein Volksreferendum und ein Gemeindereferendum gegen die Reform des Finanzausgleichs (FA-Reform) eingereicht worden sind. Für die Regierung bringt die FA-Reform dringend notwendige und fair ausgestaltete Korrekturen im Finanzausgleichsystem.
Der Grosse Rat hat die FA-Reform in der Dezembersession 2013 mit 97:4 Stimmen verabschiedet. Ein Referendumskomitee hat heute bei der Standeskanzlei Graubünden in Chur die Unterschriften für ein Volksreferendum und ein Gemeindereferendum gegen die FA-Reform eingereicht. Dies hat die Regierung zur Kenntnis genommen. Nach Prüfung durch die Standeskanzlei wird die Regierung zu gegebener Zeit über das Zustandekommen der Referenden informieren. Inhaltlich bezieht die Regierung wie folgt Stellung zur FA-Reform.
Kernpunkte der FA-Reform
Der Reformbedarf ist gross, dringend und unbestritten. Die FA-Reform behebt schwerwiegende Mängel des bestehenden Finanzausgleichs. Sie stärkt die Gemeinden und die Solidarität innerhalb des Kantons. Sie sorgt für einen fairen und wirksamen Finanzausgleich zwischen den Gemeinden und mildert strukturell bedingte Sonderlasten. Zudem soll die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben von Kanton und Gemeinden vereinfacht werden und in Übereinstimmung mit den Zuständigkeiten erfolgen. Die FA-Reform unterstützt die laufende Gemeinde- und Gebietsreform und hilft, die künftigen Herausforderungen zu meistern.
Die Mängel des bestehenden Systems sind gravierend und wirken sich immer negativer aus. Die Unterschiede in der Steuerbelastung und in der Finanzkraft zwischen den armen und den reichen Gemeinden sind immer grösser geworden. Der heutige innerkantonale Finanzausgleich stammt in seiner Grundkonzeption aus dem Jahre 1958. Er umfasst eine Vielzahl von im Laufe der Zeit beschlossenen einzelnen Beitragszahlungen, die unter anderem vom Ausgabenverhalten und vom Steuerfuss der Gemeinden abhängig sind. Die Gemeinden müssen heute ihren Steuerfuss auf 120 oder 130 Prozent festlegen, um genügend Ausgleichsmittel zu erhalten. Dies schwächt die Standortattraktivität dieser Gemeinden, die vielfach in peripheren Regionen liegen.
Konzeption des neuen Finanzausgleichs
Mit der FA-Reform soll ein vollständig neuer Ressourcen- und Lastenausgleich eingeführt werden. Dieser orientiert sich konzeptionell stark am neuen Finanzausgleich des Bundes.
Neu sollen die Gemeinden zum Beispiel ihren Steuerfuss frei festlegen können, ohne dass dies Auswirkungen auf die Finanzausgleichszahlungen hat. Die Finanzausgleichszahlungen werden jährlich neu ermittelt. Sie passen sich dynamisch an die effektive Entwicklung der Gemeinden an. Die Wirkungen werden laufend geprüft und die Dotierung der Ausgleichsgefässe entsprechend angepasst.
Die FA-Reform ist eine ausgereifte, ausgewogene und breit abgestützte Vorlage. Sie berücksichtigt nicht nur die Kritikpunkte gegenüber der früheren NFA-Vorlage, sondern auch Anliegen, welche im Rahmen der Vernehmlassung eingebracht wurden, soweit diese mit den Hauptzielen der Reform vereinbar sind. Besonders zu erwähnen sind die folgenden Punkte:
- Der Ressourcenausgleich ist auch für die starken Gemeinden, insbesondere für die Tourismusgemeinden, gut tragbar. Die Solidarität der starken Gemeinden gegenüber den schwachen bleibt auch nach der Umsetzung der FA-Reform massvoll. Sie ist bescheidener als auf interkantonaler Ebene.
- Der Gebirgs- und Schullastenausgleich kommt vor allem den grossflächigen Gemeinden in der Peripherie mit vielen Fraktionen und Streusiedlungen zugute.
- Bestehende Fusionshemmnisse werden konsequenter abgebaut.
- Die Volksschule und die Sozialhilfe bleiben eine gemeinsame Aufgabe von Kanton und Gemeinden. Der Kanton verstärkt sein finanzielles Engagement in diesen Bereichen.
Die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben soll vereinfacht und die Zahl der gegenläufigen Beitragszahlungen zwischen dem Kanton und den Gemeinden vermindert werden. Der Kanton übernimmt neu sämtliche Kosten von beispielsweise der Wohnsanierungen im Berggebiet, der Mütter- und Väterberatung, der Berufsfachschulen und der Belagssanierungen von Kantonsstrassen innerorts. Neu ausschliesslich von den Gemeinden finanziert werden beispielsweise die persönliche Sozialhilfe, die Abfall- und Abwasseranlagen sowie die Fussgängeranlagen.
Finanzielle Auswirkungen
Die Gemeinden werden im Total um jährlich knapp 22 Millionen Franken entlastet. Die Mehrheit der 146 Gemeinden (Stand 01.01.2014) erfährt durch die FA-Reform eine Entlastung. Ein wirksamer Finanzausgleich kann jedoch nicht alle Gemeinden zu Gewinnern machen. Von den 15 reichsten Gemeinden erfahren 14 Gemeinden eine gewisse Mehrbelastung. Dazu zählen sechs Gemeinden im Oberengadin. Der Saldo durch die Reform steht dabei in starkem Zusammenhang mit der Ressourcenstärke. Die Mehrbelastung der finanzstärksten Oberengadiner Gemeinden ist vor allem die Folge der heutigen sehr einseitigen Finanzierung des Finanzausgleichs auf der Basis der Wasserzinsen und der Steuern der juristischen Personen.
Insgesamt 15 ressourcenschwache Gemeinden werden im neuen System weniger unterstützt. Diese Gemeinden werden durch das heutige System besonders begünstigt. Im Sinne einer Übergangsregelung ist für sie ein auf maximal fünf Jahre befristeter Ausgleich vorgesehen.
Auskunftsperson:
Regierungsrätin Barbara Janom Steiner, Vorsteherin Departement für Finanzen und Gemeinden, Tel. 081 257 32 01, E-Mail
barbara.janom@dfg.gr.ch
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden