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Session: 07.12.2022

Das eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung und die schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren haben 2019 das bildungspolitische Ziel «95 % mit Abschluss» formuliert. Ziel einer hohen Abschlussquote ist es, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und zu verhindern, dass Jugendliche und junge Erwachsene langfristig in die Sozialhilfe abgleiten.

Der Forschungsbericht 2/22 «Nationale Plattform zur Prävention und Bekämpfung von Armut – Unterstützung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Mehrfachproblematiken an den Nahtstellen I und II» weist aktuell eine Abschlussquote von 91,4 % aus und listet, gerade im Umgang mit mehrfach belasteten Jugendlichen, eine Reihe von Empfehlungen auf.

Die sehr hohe Zahl an ausgewiesenen offenen Lehrstellen im Kanton Graubünden lässt vermuten, dass zur Erreichung des bildungspolitischen Ziels die notwendige Unterstützung noch zu wenig genutzt oder zu wenig differenziert zur Verfügung gestellt wird. Vereinbart ist, dass die Schulen in der 2. Oberstufe Jugendliche mit voraussehbaren Herausforderungen in der Lehrstellensuche beim BIZ melden und somit die nötige Unterstützung durch das CMBB (Case Management Berufsbildung) erhalten. Damit kann sichergestellt werden, dass die Übergänge gelingen und bei Schwierigkeiten in der Lehre bereits eine Ansprechperson vertraut ist und die Hürden für eine Kontaktaufnahme tief sind.

Die Unterzeichnenden stellen der Regierung folgende Fragen zum Ziel «95 % mit Abschluss»:

  1. Wie hoch ist die aktuelle Abschlussquote von erstmaligen beruflichen Ausbildungen auf Sekundarstufe II von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15 – 25 Jahren und in welcher Relation steht diese Quote zur entsprechenden Alterskohorte?
  2. Bietet das CMBB (Case Management Berufsbildung) Jugendlichen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf ab der 2. Oberstufe oder nach einem Ausbildungsabbruch die notwendige Unterstützung? Wie hoch ist die Nutzung des CMBB nach Meldung der Schulen in der 2. und 3. Oberstufe sowie nach einem Lehrabbruch? Und in welcher Relation steht dies zu den fehlenden Abschlüssen und Ausbildungsabbrüchen?
  3. Die Auslastung von Brückenangeboten und Motivationssemestern ist seit Jahren auf hohem Niveau stabil. Wie hoch ist die Quote einer Anschlusslösung auf Sekundarstufe II?
  4. Wie gedenkt der Kanton Graubünden mit den Empfehlungen des Forschungsberichtes 2/22 umzugehen, um die Abschlussquote von erstmaligen beruflichen Ausbildungen zu erhöhen?

Chur, 7. Dezember 2022

Rodigari, Rettich, Degiacomi, Adank, Altmann, Atanes, Bachmann, Bardill, Baselgia, Berweger, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Brandenburger, Bundi, Bürgi-Büchel, Cahenzli (Trin Mulin), Cahenzli-Philipp (Untervaz), Censi, Danuser (Chur), Danuser (Cazis), Della Cà, Dietrich, Favre Accola, Föhn, Furger, Gartmann-Albin, Gredig, Hartmann, Hofmann, Hohl, Holzinger-Loretz, Jochum, Kasper, Kienz, Kocher, Krättli, Kuoni, Lehner, Luzio, Mazzetta, Menghini-Inauen, Michael (Castasegna), Mittner, Morf, Müller, Natter, Nicolay, Oesch, Pajic, Pfäffli, Preisig, Rageth, Righetti, Roffler, Rusch Nigg, Rutishauser, Stiffler, Tanner, Thür-Suter, Walser, Walther, Widmer, Wieland, Wilhelm, Zindel

Antwort der Regierung

Die Abschlussquote auf der Sekundarstufe II in Graubünden sowie die Unterstützungsangebote sind im gesamtschweizerischen Kontext positiv zu bewerten.

Zu Frage 1: Die Abschlussquote (mittlere Nettoquote 2019-2021) auf der Sekundarstufe II in Graubünden beträgt gemäss Bundesamt für Statistik (Stand November 2022) 92.8 Prozent. Dies ist die sechsthöchste Abschlussquote im Vergleich mit den anderen Kantonen und liegt um 2.6 Prozent höher als der Schweizer Durchschnitt.

Zu Frage 2: Ja. Das Case Management Berufsbildung (CMBB) bietet Jugendlichen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf in der Berufswahl und beim Finden einer Anschlusslösung ab dem zweiten Semester der 2. Oberstufe Unterstützung an. Jugendliche, welche beim Austritt aus der Oberstufe, nach dem Besuch eines Brückenangebots, nach einem Lehrabbruch oder nach nichtbestandenem Qualifikationsverfahren keine Anschlusslösung haben, werden vom CMBB kontaktiert und können freiwillig dessen bedarfsgerechte Begleitung in Anspruch nehmen. In der statistischen Auswertung wird nicht zwischen den verschiedenen Altersgruppen (2. und 3. Oberstufe, übrige) unterschieden. In den Jahren 2013 bis 2021 wurden jährlich durchschnittlich 172 Jugendliche/junge Erwachsene durch das CMBB betreut. Seit dem Jahr 2018 ist die Zahl von jährlich 200 auf 157 im Jahr 2021 gesunken. Im Jahr 2021 gelang es 76 der begleiteten Personen eine Anschlusslösung zu finden (Ausbildung Sekundarstufe II: 40 Personen; Zwischenlösung [z.B. Brückenangebot, Motivationssemester]: 23 Personen und Überweisung an IV: 13 Personen). Ein Teil der übrigen Fälle konnte im Verlauf des Jahres nicht abgeschlossen werden und wurde im darauffolgenden Jahr weitergeführt. Einzelne Jugendliche/junge Erwachsene verzichteten auf eine weiterführende Begleitung durch das CMBB. Zur Relation zwischen den CMBB-Fällen und fehlenden Abschlüssen sowie Ausbildungsabbrüchen können keine sinnvollen Aussagen gemacht werden, da die Anschlusslösungen im CMBB nicht mit einem eidg. anerkannten Abschluss gleichgesetzt werden können.

Zu Frage 3: Die Anzahl Jugendlicher in Brückenangebot ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Im Jahr 2017 besuchten per Stichtag 15. November 270 Jugendliche ein Brückenangebot. Im Jahr 2022 ist diese Zahl um 43 Prozent auf 153 gesunken. Eine ähnliche Situation zeigt sich beim Motivationssemester: Auch hier ist die Anzahl Jugendlicher, welche ein Motivationssemester gestartet haben im gleichen Zeitraum von 61 auf 35 gesunken (43 Prozent). Die Quote der Anschlusslösungen von einem Brückenangebot in die Sekundarstufe II lag in den letzten fünf Jahren bei durchschnittlich 80 Prozent. Hinzu kommen durchschnittlich 12 Prozent andere Anschlusslösungen wie z.B. Mittelschule, Praktikum. Bei dem Motivationssemester liegt die Anschlussquote in die Sekundarstufe II bei durchschnittlich 79 Prozent. Dazu kommen 21 Prozent mit einer anderen Anschlusslösung. In dieser Berechnung sind Jugendliche nicht enthalten, welche das Motivationssemester vorzeitig abgebrochen haben.

Zu Frage 4: Verschiedene der Empfehlungen werden heute bereits umgesetzt: Implementierung neuer IIZ-Strukturen (Interinstitutionelle Zusammenarbeit, Verstärkung der vertikalen Kooperation durch den institutionalisierten Einbezug der Abteilungsleitungen sowie Aufnahme des Amts für Migration und Zivilrecht ab 1. Januar 2023), Integrationsbrückenangebote, systematische Erfassung bei fehlenden Anschlusslösungen oder Ausbildungsabbrüchen etc. Zudem arbeitet das CMBB seit 1. August 2022 verstärkt mit der IV bei der zielgerichteten Früherfassung und Begleitung Jugendlichen/junger Erwachsenen (13 bis 25-Jährige) mit Invaliditätsrisiko (bzw. mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Mehrfachproblematiken) und erhöhtem Unterstützungsbedarf beim Übergang I zusammen. Dies soll den Schritt in die berufliche Erstausbildung vereinfachen. Die Bekanntmachung des Angebots erfolgt an Veranstaltungen für Lehrpersonen und Erziehungsberechtigte.

25. Januar 2023