Ein und derselbe materielle Sachverhalt wird in den kommunalen Baugesetzen im Kanton Graubünden sowohl inhaltlich wie auch begrifflich unterschiedlich erfasst. Diese Unterschiede werden zudem häufig noch durch die verschiedensten Be- und Umschreibungen verstärkt. Da diese Divergenzen seit langer Zeit bestehen, haben sie sich als Usanz der Behörden in den Kontakten mit der Bevölkerung tief verankert. Als Beispiel sei hier der Begriff „Grenzabstand“ aufgeführt. Es kommt dazu, dass ein kommunales Baugesetz als solches in unserem Kanton oft schwierig zu lesen ist, und es deshalb auch noch meistens den Beizug des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden (KRG) und der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden (KRVO) bedarf. Die begrifflichen Unterschiede – und die schwierige Lesbarkeit – öffnen somit einer unterschiedlichen Auslegung Tür und Tor und schaffen damit zwangsläufig eine grosse Rechtsunsicherheit. Ein „gemeindeübergreifendes Bauen“ wird somit nicht selten von grossen Unklarheiten begleitet und von unnötigen Unsicherheiten geprägt. Dies wiederum bringt eine zeitliche Verzögerung mit sich, verursacht zusätzlichen administrativen Aufwand und nicht zuletzt auch beträchtliche, unnötige Kosten.
Auch bei der Überführung von regionalen Richtplänen in die kommunalen Baugesetze verursachen unterschiedliche Begriffe in den involvierten Gemeindebaugesetzen immer häufiger Probleme. Als Beispiel kann hierzu die Überführung des regionalen Richtplans Zweitwohnungsbau im Oberengadin angeführt werden. In diesem Fall machten z.B. unterschiedliche Umschreibungen des Begriffs „Nutzer von Erst-Wohnungen“ in den Gemeindebaugesetzen die Neufassung dieses Begriffs in den eben erwähnten Gesetzen – als Arbeitsgrundlage – durch einen Spezialisten nötig.
Vor diesem Hintergrund wird die Regierung deshalb beauftragt, die nötigen Massnahmen zu ergreifen, um die kommunalen Baugesetze im Kanton Graubünden begrifflich zu harmonisieren und leserlicher zu gestalten.
Chur, 8. Dezember 2009
Pfäffli, Felix, Troncana-Sauer, Arquint, Barandun, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Blumenthal, Brantschen, Brüesch, Buchli, Cahannes Renggli, Campell, Casparis-Nigg, Caviezel (Pitasch), Cavigelli, Claus, Clavadetscher, Conrad, Donatsch, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Jaag, Jäger, Jenny, Koch, Krättli-Lori, Kunz, Marti, Menge, Mengotti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Nick, Parolini, Parpan, Peer, Perl, Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Ragettli, Ratti, Rizzi, Thomann, Thöny, Thurner-Steier, Toschini, Trepp, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Cattaneo, Engler, Furrer-Cabalzar, Gassmann, Gunzinger, Largiadèr, Schädler, Stoffel (Davos)
Antwort der Regierung
Soweit Grossrat Pfäffli und Mitunterzeichnende im vorliegenden Vorstoss beantragen, Massnahmen zur Harmonisierung von baurechtlichen Begriffen und Messweisen in den kommunalen Baugesetzen zu treffen, rennen sie bei der Regierung offene Türen ein. Bestrebungen zur Vereinheitlichung von Vorschriften, Definitionen und Messweisen im Bereiche des Bauwesens bildeten einer der wichtigsten Schwerpunkte bei der am 6. Dezember 2004 vom Grossen Rat verabschiedeten und am 1. November 2005 in Kraft getretenen Totalrevision der kantonalen Raumplanungsgesetzgebung (KRG, KRVO). Das Ziel dieser Bestrebungen sollte darin bestehen, die Lesbarkeit der Baugesetze zu verbessern, das Baurecht und die Verfahren insgesamt zu vereinfachen und durch harmonisierte Vorschriften ein kostengünstigeres Bauen zu ermöglichen.
Die wichtigsten Massnahmen, die der Kanton in diesem Zusammenhang bisher getroffen hat resp. noch treffen wird, lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Vollständige Vereinheitlichung sämtlicher bau- und planungsrechtlicher Verfahren wie Baubewilligungsverfahren, Quartierplanverfahren, Ortsplanungsverfahren etc. durch Aufnahme standardisierter Verfahren ins KRG, dies mit der Konsequenz, dass die kommunalen Baugesetze entsprechend entlastet und damit benutzerfreundlich ausgestaltet werden können.
2. Mit Regierungsbeschluss vom 23. Mai 2006 ist der Kanton Graubünden als erster Kanton der IVHB (Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe) beigetreten. Mit der IVHB werden schweizweit alle wichtigen Baubegriffe und Messweisen harmonisiert. Mit ihrem (frühen) Beitritt wollte die Regierung nicht zuletzt auch einen Beitrag zur Verhinderung eines Bundesbaugesetzes leisten. Gegen einen Beitritt sprach sich im Übrigen ausgerechnet die Wohngemeinde des Urhebers des vorliegenden Vorstosses aus, dies v.a. mit der Begründung, dass es der Gemeinde im Falle eines Beitrittes verwehrt sein würde, altbewährte Instrumente beizubehalten.
3. Sobald die IVHB in Kraft getreten ist (mutmasslich noch in diesem Jahr), wird die Regierung alle Gemeinden über eine entsprechende Teilrevision der KRVO beauftragen, bei anstehenden Revisionen der kommunalen Baugesetze auch gerade die IVHB zu berücksichtigen. Mittlerweile haben dies schon ca. 20 Gemeinden ohne verbindlichen Auftrag bereits getan.
4. Auch im KRG resp. in der KRVO selbst sind einzelne Begriffe harmonisiert worden, so u.a. ausgerechnet der vom Urheber des Vorstosses als Negativbeispiel erwähnte Begriff "Grenzabstand" (Art. 37 KRVO).
5. Die Bündner Vereinigung für Raumentwicklung (BVR) hat im Auftrag der Regierung das Musterbaugesetz für Bündner Gemeinden bereits im Jahre 2007 an die Anforderungen der IVHB angepasst; es steht also den Gemeinden schon heute eine Vorlage für den Erlass kommunaler Baugesetze mit harmonisierten Baubegriffen zur Verfügung.
6. Am 10. November 2009 hat die Regierung im Zuge des Erlasses des kantonalen Richtplanes "Zweitwohnungsbau" u.a. auch einen Werkzeugkasten verabschiedet, welcher die erforderlichen Instrumente und Definitionen zur Lenkung der Zweitwohnungsentwicklung enthält und damit einen namhaften Beitrag zur Vereinheitlichung der kommunalen Erlasse bezüglich Zweitwohnungsregelungen leistet. So enthält der Werkzeugkasten u.a. gerade auch eine Definition für den vom Urheber des vorliegenden Vorstosses erwähnten Begriff "Nutzer von Erstwohnungen".
Die Regierung ist bereit, den vorliegenden Auftrag im Sinne der Ziffern 1 und 3 entgegenzunehmen.
10. März 2010