Bei der Umsetzung der Schweizerischen Neuordnung des Finanzausgleiches und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kanton (NFA) ging die Zuständigkeit für die Finanzierung der Institutionen für Menschen mit Behinderung an die Kantone über. Dabei haben die Kantone die Auflage erhalten, während der Übergangszeit von 2008 bis 2010 die bisherigen Leistungen der IV weiter auszurichten. Erst wenn ein kantonales Behindertenkonzept vom Bundesrat genehmigt ist, können sich die Kantone aus dieser Pflicht befreien.
Tatsache ist nun aber, dass verschiedene Institutionen mit erwachsenen behinderten Menschen in dieser Übergangsphase Personalreduktionen vornehmen mussten, weil es die Finanzierung durch den Kanton nicht anders zuliess. Weiter verfügen die Institutionen mit erwachsenen Behinderten bis heute über keine Leistungsvereinbarungen für das Jahr 2010.
Die Unterzeichnenden bitten die Regierung daher um Beantwortung folgender Fragen:
1. Bei welchen Institutionen wurden tiefere Leistungen erbracht als vor der NFA?
2. Wie erklärt sich der Umstand, dass gewisse Institutionen nach dem Wechsel zur neuen NFA zwingend Personal abbauen mussten?
3. Warum haben die Institutionen bis heute (Herbst 2010) noch keine Leistungsvereinbarungen für das Jahr 2010?
Chur, 19. Oktober 2010
Hitz-Rusch, Bondolfi, Lorez-Meuli, Barandun, Baselgia-Brunner, Brandenburger, Bucher-Brini, Candinas, Casanova-Maron, Casty, Casutt, Clalüna, Claus, Darms-Landolt, Della Vedova, Dosch, Engler, Fallet, Felix, Florin-Caluori, Fontana, Frigg-Walt, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Giacomelli, Gunzinger, Hardegger, Hartmann (Chur), Heiz, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Jenny, Joos, Kappeler, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Koch (Landquart), Kollegger (Malix), Krättli-Lori, Kunz (Chur), Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Marti, Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Michel, Müller, Nick, Niederer, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Parolini, Parpan, Perl, Peyer, Pfäffli, Pfenninger, Pult, Rathgeb, Rosa, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Tenchio, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Wieland, Zanetti, Zweifel-Disch, Hensel
Antwort der Regierung
Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) ging die Zuständigkeit für die Finanzierung der Institutionen für Menschen mit Behinderung ab 1.1. 2008 vom Bund an die Kantone über. Seither haben die Kantone gemäss Art. 112 Bst. b der Bundesverfassung (BV) die Eingliederung von Menschen mit Behinderung durch Beiträge an den Bau und den Betrieb von Wohnheimen, Werkstätten und Tagesstätten zu fördern. Während mindestens drei Jahren haben die Kantone gemäss der Übergangsregelung (Art. 197 Ziff.4 der BV) die „bisherigen Leistungen“ (d.h. die vormaligen Bau-, Einrichtungs- und Betriebsbeiträge der Invalidenversicherung an Wohnheime und andere kollektive Wohnformen sowie Werk- und Tagesstätten) des Bundes weiterzuführen. Diese Verpflichtung erfüllt der Kanton vollumfänglich, indem im revidierten Behindertengesetz (BR 440.000) die finanzielle Abgeltung der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung nach derselben Berechnungsmethode festgelegt ist, die auch vor der NFA durch das Bundesamt für Sozialversicherungen angewendet worden ist (Mantelerlass zur Umsetzung der NFA im Kanton Graubünden, B18/2006-2007, S. 1937ff)
Zu den Fragen:
1. Der Kanton kann die ehemaligen Bundesbeiträge bei gleichbleibender Menge nicht reduzieren. Entsprechend der ehemaligen Finanzierung durch das BSV fällt die Leistungsabgeltung nur tiefer aus, wenn eine Einrichtung die vereinbarte Anzahl Betreuungstage nicht erbringt oder wenn sie höhere Erträge generiert. Im entsprechenden Umfang ist sie nicht auf kantonale Beiträge angewiesen. Dies entspricht der bisherigen Beitragsbemessung durch das BSV.
2. Mit der Auflage, dass die Kantone während mindestens drei Jahren die „bisherigen Leistungen“ des Bundes weiterzuführen haben, wurde im kantonalen Behindertengesetz die Finanzierungsmethode des Bundes detailliert abgebildet. Ein zentraler Bestandteil der Bundesfinanzierung war die Limitierung der Tagesansätze. Diese darf auch mit Betreuungszuschlägen nicht überschritten werden. Der Grosse Rat hat diese Limitierung im Behindertengesetz (Art. 46a Abs. 3) ebenfalls übernommen. Erreicht nun eine Einrichtung den maximalen Betriebsbeitrag pro Aufenthaltstag, hat dies zur Folge, dass der Betriebsbeitrag nicht mehr weiter erhöht werden kann. Auch eine teuerungsbedingte Anpassung ist nicht zugelassen. Zudem ist gemäss Gesetz bei Abwesenheitstagen ein Drittel der Taxe in Rechnung zu stellen, um die Hilflosenentschädigung zu reduzieren.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Einrichtungen aufgrund dieser im Behindertengesetz festgelegten Begrenzungen betriebliche Anpassungen vornehmen mussten.
3. Die Bundesverfassung verpflichtet den Kanton während mindestens drei Jahren die bisherigen Leistungen des Bundes weiterzuführen. Die Einrichtungen wurden am 19. Februar 2010 über die Beitragshöhe des Jahres 2010 informiert. Der Kanton leistete auf dieser Basis auch im Jahr 2010 quartalsweise Akonto-Zahlungen. Die Finanzierung der Einrichtungen ist damit gesichert.
Der Prozess und die Kompetenzen zur Festlegung der Beiträge des Kantons an die Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sind im Behindertengesetz festgelegt. Im Jahr 2010 hat eine Trägerschaft in diesem Prozess den Erlass einer anfechtbaren Verfügung zum zusätzlichen Beitrag des Kantons verlangt. Die Festlegung des zusätzlichen Beitrags des Kantons für eine Einrichtung hat Einfluss auf weitere Einrichtungen (Behindertengesetz Art 46f). Deshalb ergab sich eine Verzögerung in der Ausfertigung der Leistungsverträge 2010.
20. Dezember 2010