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Session: 07.12.2010
Professionelle Nutzer, wie zum Beispiel Banken, erhalten in Graubünden direkten Zugriff zum Grundbuch. Arosa sowie die Grundbuchkreise Ilanz und Klosters haben als erste in der Schweiz ihre Grundbuchdaten in das elektronische Grundbuch-Informationssystem (eGRIS) eingespeist. Via ein Abfrageportal mit Namen Terravis werden Verwaltungsstellen und bestimmte Firmen in Zukunft Grundbuchinformationen direkt auf elektronischem Weg abfragen können. Die Projektverantwortung wurde an die SIX Group, eine von Banken kontrollierte Aktiengesellschaft übertragen.

Wir stellen der Regierung folgende Fragen:

1. Wieso wurden die Hauseigentümer (z.B. über deren Verbände) nicht über die geplante Einführung des Abfrageportals Terravis im Kanton Graubünden informiert?

2. Wie wird der Datenschutz im eGRIS sichergestellt, insbesondere bei den geschützten Anmerkungen im Grundbuch, die nach Gesetz nur bei Vorliegen eines «begründeten Interesses» bekanntgegeben werden dürfen?

3. Wie wird verhindert, dass Grundbuchdaten für Werbezwecke missbraucht oder an Unbefugte weitergegeben werden?

4. Welche Kontrollmöglichkeit hat der einzelne Eigentümer über den Zugriff auf Daten zu seinem Grundstück? Wird ihm auf Anfrage mitgeteilt, wer Informationen zu seinem Grundstück abgerufen hat und wann diese Abfrage erfolgte?

5. Können auch ausländische Ämter auf diese Daten zugreifen?

Chur, 7. Dezember 2010

Nick, Tscholl, Kleis-Kümin, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Bondolfi, Brandenburger, Burkhardt, Campell, Casanova-Maron, Casutt, Casutt-Derungs, Claus, Clavadetscher, Davaz, Engler, Fontana, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Gasser, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jeker, Jenny, Joos, Kappeler, Kasper, Koch (Tamins), Koch (Landquart), Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Märchy-Caduff, Marti, Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Michel, Müller (Davos Platz), Niggli (Samedan), Papa, Parolini, Pedrini, Perl, Pfäffli, Rathgeb, Rosa, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Tenchio, Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch, Müller (Haldenstein), Nicolay, Patt

Antwort der Regierung

Im Rahmen der E-Government-Strategie Schweiz soll der Informationsaustausch im Grundbuchwesen durch die Einführung eines schweizweiten, elektronischen Grundstück-Informations-Systems (eGRIS) vereinfacht werden. Das Bundesprojekt umfasst folgende Komponenten:
• zentrales, elektronisches, kantonsübergreifendes Auskunftssystem für Grundbuchdaten;
• elektronischer Bezug von Grundbuchdaten für Behörden und Wirtschaft;
• elektronische Abwicklung des Geschäftsverkehrs mit dem Grundbuch;
• einheitliche Langzeitsicherung der Grundbuchdaten.
Mit Ausnahme der Langzeitsicherung beauftragte der Bund im Jahre 2008 die SIX Group mit der Umsetzung des Projektes in Zusammenarbeit mit den Kantonen. Die Projektleitung liegt bei der SIX Group. Im Projektausschuss sind die Kantone und die Wirtschaft paritätisch vertreten. Die Kantonsvertreter wurden durch die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) gewählt. Weil in Graubünden als einzigem Kanton mehrere Grundbuch-Informatik-Systeme im Einsatz stehen, bot sich ein ideales Umfeld für die Durchführung eines Pilotprojektes für das Auskunftsportal "Terravis". Aus datenschutzrechtlicher Sicht bildet Art. 17a Abs. 1 lit. c und Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) die für das Pilotprojekt erforderliche gesetzliche Grundlage.

1. Die am Pilotprojekt Terravis beteiligten Gemeinden und Grundbuchkreise sind umfassend informiert. Eine allgemeine Information aller Gemeinden erfolgte in der Ginfo 2/2010. Zudem fand am 2. November 2010 in Zürich eine breit angekündigte Medienorientierung statt. Auf eine zusätzliche, besondere Information der Grundeigentümer wurde verzichtet, da es sich bei der Einführung von Terravis nicht um eine materielle Änderung, insbesondere nicht um eine Ausdehnung des Einsichtsrechts in die Grundstücksdaten - und damit auch nicht um einen Eingriff in das Eigentumsrecht - handelt, sondern einzig um eine neue Art der Einsichtnahme im gesetzlich vorgegebenen Rahmen. Der Vorgang ist vergleichbar mit dem Wechsel vom Papier- zum Informatik-Grundbuch. Der HEV Schweiz ist seit Anfang 2010 über das Projekt informiert.

2. Terravis ist kein öffentliches, für jedermann zugängliches Portal. Der Zugriff auf die Grundbuchdaten ist nur für professionelle Nutzer vorgesehen. Mit jedem Nutzer wird ein Nutzervertrag abgeschlossen unter Hinweis auf die Folgen der missbräuchlichen Verwendung der Daten gemäss Art. 111m Abs. 3 der Grundbuchverordnung (GBV; SR 211.432.1). Die Einsicht in die nicht öffentlichen Daten wird nur bei glaubhaft gemachtem Interesse nach Art. 970 Abs. 1 ZGB gewährt. Öffentlich sind die Bezeichnung des Grundstücks und die Grundstücksbeschreibung, der Name und die Identifikation des Eigentümers, die Eigentumsform und das Erwerbsdatum, die Dienstbarkeiten und Grundlasten sowie grundsätzlich die Anmerkungen. Nicht öffentlich (also Einsicht nur bei glaubhaft gemachtem Interesse) sind ein Teil der Anmerkungen (in der laufenden Totalrevision der Grundbuchverordnung wird die Aufhebung dieser Einschränkung diskutiert) sowie alle Vormerkungen und die Grundpfandrechte. Probleme mit dem Datenschutz ergeben sich aufgrund der systemimmanenten Zugriffsbeschränkungen und Kontrollmechanismen keine. Im Übrigen wurden die datenschutzrelevanten Aspekte bezüglich der elektronischen Einsicht in die Grundbuchdaten vom Bundesamt für Justiz bereits im Jahre 2005 mit dem eidgenössischen Datenschützer geregelt.

3. Die Abfragen werden fortlaufend protokolliert und das System enthält ein mehrstufiges Audit. Die unbefugte Weitergabe und die Verwendung der Daten zu Werbezwecken wird mit dem Entzug der Zugangsberechtigung sanktioniert. Die Bewerbung von Eigentümern gestützt auf unrechtmässig bezogene Daten, beispielsweise durch eine Bank, könnte anhand der Protokolle relativ einfach nachgewiesen werden.

4. Terravis führt ein Logfile, worin alle Aktivitäten aufgezeichnet werden. Dieses Logfile ermöglicht es den Eigentümern, Auskunft über Abfrage-Aktivitäten zu erhalten. Der Nutzen eines solchen Abfragesystems ist allerdings fraglich, da unberechtigte Zugriffe ausgeschlossen werden und bei den berechtigten Abfragen in herkömmlicher Manier, z.B. durch ein Betreibungs- oder Konkursamt, auch nach geltendem Recht keine Information des Eigentümers vorgesehen ist. Keinesfalls soll mit der elektronischen Abfrage eine neue, zusätzliche Informationspflicht eingeführt werden.

5. Das System ist webbasiert, womit grundsätzlich eine weltweite Abfrage denkbar ist. Allerdings ist diese nicht vorgesehen und nach geltendem Recht auch nicht zulässig. Zur Überprüfung der Systemsicherheit wurde eine spezialisierte Firma mit einem sogenannten Penetration-Test beauftragt. Die Ergebnisse werden den kantonalen Stellen zu gegebener Zeit zur Einsicht vorgelegt.

03. März 2011