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Session: 20.10.2021

Das Regierungsprogramm 2021 – 2024 hält im übergeordneten politischen Ziel «Gemeinsam stark» unter anderem fest, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden soll. Dazu gehören gemäss Regierung zeitgemässe Betreuungsmöglichkeiten. Sie schreibt: «Wichtige Faktoren für die Attraktivität des Kantons für Familien sind nebst den Erwerbsmöglichkeiten und dem verfügbaren Wohnraum auch die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung.»

In der familienergänzenden Kinderbetreuung sind in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht worden. Bei der schulergänzenden Kinderbetreuung wird aber eine Ganzjahresbetreuung nur an ganz wenigen Orten im Kanton Graubünden angeboten.

Das Schulgesetz hält in Artikel 27 unter der Marginalie «Tagesstrukturen» zwar seit bald 10 Jahren fest, dass die Schulträgerschaften bei Bedarf weitergehende Tagesstrukturen anzubieten haben. Die Tagesstrukturverordnung schränkt diese Pflicht dann aber auf die Schulwochen ein.

Während den ersten fünf Lebensjahren der Kinder bietet die familienergänzende Kinderbetreuung eine Ganzjahresbetreuung an. Ab dem 5. Lebensjahr (Kindergarteneintritt) fehlt aber während den Schulferien, d.h. einem Viertel des Kalenderjahres (13 – 14 Wochen), die Möglichkeit der schulergänzenden Kinderbetreuung. Damit stehen berufstätige Eltern vor einem grossen Problem und sind zum Teil gezwungen, ihre Berufstätigkeit bei Eintritt der Kinder in den Kindergarten wieder aufzugeben resp. nicht aufnehmen zu können.

Um dem Ziel der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf näher zu kommen und um die Standortattraktivität des Kantons Graubünden für Fachkräfte zu erhöhen, beauftragen die Unterzeichnenden die Regierung die schulergänzende Kinderbetreuung als Ganzjahresangebot, d.h. Betreuungsmöglichkeiten auch während den Schulferien, gesetzlich zu verankern.

20. Oktober 2021

Baselgia-Brunner, Hardegger, Holzinger-Loretz, Atanes, Cahenzli-Philipp, Cantieni, Caviezel (Chur), Clalüna, Degiacomi, Gartmann-Albin, Gugelmann, Hartmann-Conrad, Hofmann, Horrer, Kohler, Maissen, Märchy-Caduff, Müller (Felsberg), Noi-Togni, Perl, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Rutishauser, Schwärzel, Stiffler, Thomann-Frank, Ulber, von Ballmoos, Widmer (Felsberg), Wilhelm, Bürgi-Büchel, Pajic, Stieger, Tomaschett (Chur)

Antwort der Regierung

Das Gesetz für die Volksschulen des Kantons Graubünden (Schulgesetz; BR 421.000) regelt die Bildung und Erziehung in der Volksschule und gilt für die öffentlichen Schulen und, soweit es keine Ausnahmen vorsieht, sinngemäss auch für die Institutionen der Sonderschulung sowie für den Privatunterricht und die Privatschulen, in denen die Schulpflicht erfüllt werden kann. Die Schulzeit umfasst 39 Schulwochen (Art. 24 Abs. 1) und gilt innerhalb dieser von Montag bis Freitag (Art. 25 Abs. 1). Wochenenden, Feiertage und Schulferien liegen ausserhalb der gesetzlichen Schulzeit. Gemäss Schulgesetz haben die Schulträgerschaften während der Schulzeit für die Betreuung der Schülerinnen und Schüler (SuS) zu sorgen. In diesem Zusammenhang bestimmt Art. 27 Abs. 1 Schulgesetz, dass diese bei Bedarf weiter gehende Tagesstrukturen (auch als schulergänzende Betreuung bezeichnet) anbieten. Diesbezüglich wird in den einschlägigen Erläuterungen der Botschaft zum Schulgesetz explizit festgehalten, dass sich die Angebotspflicht auf die Arbeitstage (Montag bis Freitag) während der Schulwochen, frühestens ab 7.30 Uhr und spätestens bis 18.00 Uhr, beschränkt (Botschaft der Regierung an den Grossen Rat, Heft Nr. 6/2011–2012, Totalrevision des Gesetzes für die Volksschulen des Kantons Graubünden [Schulgesetz], S. 698). Die konkrete Ausgestaltung dieser Angebotspflicht regelt die Verordnung über weiter gehende Tagesstrukturen (Tagesstrukturverordnung; BR 421.030). Art. 2 Abs. 1 lit. b dieser Verordnung definiert die weiter gehenden Tagesstrukturen als Betreuungsangebote der Schulträgerschaften für SuS der öffentlichen Volksschule, welche während der Schulwochen stattfinden und über die Betreuung während der gesetzlich vorgeschriebenen Blockzeiten hinausgehen. Die Schulferien gehören nicht dazu.

Demgegenüber finden das Gesetz über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (KIBEG; BR 548.300) sowie die dazugehörende Verordnung über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (KIBEV; BR 548.310) Anwendung auf die Angebote zur Betreuung von Kindern im Vorschulalter und von schulpflichtigen Kindern, ausgenommen die Angebote gemäss Schulgesetzgebung (Art. 2 Abs. 1 KIBEG und Art. 1 Abs. 2 lit. a und b KIBEV).

Die im Auftrag geforderte Bereitstellung von Betreuungsangeboten während der Schulferien wäre für die Schulträgerschaften voraussichtlich mit einem grossen Aufwand verbunden, da in der Regel weder das dafür notwendige Personal noch das entsprechende Know-how für eine tages- oder wochenweise Betreuung von schulpflichtigen Kindern vorhanden ist. In den meisten Schulträgerschaften steht der Schulbetrieb während der Schulferien weitgehend still. Sodann müssten dem Amt für Volksschule und Sport die für eine solche Angebotsausweitung notwendigen zusätzlichen finanziellen und personellen Mittel bereitgestellt werden.

Nach Auffassung der Regierung ist dem berechtigten Interesse, Beruf und Familie vereinbaren zu können, Rechnung zu tragen. Der Auftrag verlangt eine gesetzliche Verankerung der schulergänzenden Kinderbetreuung als Ganzjahresangebot. Die Regierung teilt die Auffassung, dass sich der Auftrag nicht nur mit einer Revision der Tagesstrukturverordnung erfüllen lässt, sondern einer klaren gesetzlichen Grundlage bedarf. Mit der anstehenden Teilrevision des Schulgesetzes bietet sich die Möglichkeit, eine entsprechende Rechtsgrundlage, namentlich die Statuierung einer Verpflichtung der Schulträgerschaften, bei entsprechendem Bedarf Betreuungsangebote für Kinder berufstätiger Erziehungsberechtigter auch während der Schulferien bereitzustellen, im einschlägigen Gesetz aufzunehmen. Die Schulträgerschaften werden somit Gelegenheit erhalten, im Rahmen der Vernehmlassung zur Teilrevision des Schulgesetzes dazu Stellung zu nehmen.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

12. Januar 2022