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Session: 15.02.2011
Wie andere europäische Länder erfährt auch die Schweiz eine demografische Alterung. In diesem Zusammenhang hat das Thema «Wohnen im Alter» in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Es beschäftigt nicht nur die Wissenschaft, sondern zunehmend auch die öffentliche Wahrnehmung. Immer wieder findet man in den Medien Berichte über Bauvorhaben und über neue Wohnmodelle. Die Ansprüche der älteren Menschen an Wohnangebote sind vielfältiger und höher geworden. Das Thema Wohnen im Alter muss deshalb auch in Graubünden näher beleuchtet werden.

In Graubünden ist die Finanzierung vornehmlich auf die Pflegeheime ausgerichtet. Diese Wohnform muss auf Schwerstpflegebedürftige ausgerichtet sein und ist deshalb auch sehr teuer. Dabei sind 25 Prozent der Heimbewohner/innen lediglich leicht pflegebedürftig. Mangels anderer Wohnformen müssen diese jedoch das Pflegeheim als Wohnform wählen.

In diesem Zusammenhang wird die Regierung gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

1. Wie beurteilt die Regierung grundsätzlich die Bedürfnisse der alternden «Baby-Boomers» in Graubünden nach alternativen Wohnformen wie zum Beispiel «Service-Wohnen», «Betreutes Wohnen», «Gemeinschaftliches Wohnen» usw.?

2. Teilt die Regierung die Auffassung, dass neben dem Ausbau der Spitex auch alternative Wohnformen zu einer (finanziellen) Entlastung des Langzeitbereichs führt? Wenn ja, welche Massnahmen sind zu treffen?

3. Mit dem heutigen System der Heimfinanzierung kommen grosse finanzielle Belastungen auf die Gemeinden zu. Welche Möglichkeiten sieht die Regierung dieser Herausforderung zu begegnen?

4. Wie beurteilt die Regierung das heutige Finanzierungssystem einer objektbezogenen Finanzierung? Wurde ein Systemwechsel zum Beispiel in Richtung Subjektfinanzierung in Erwägung gezogen?

Chur, 15. Februar 2011

Nick, Kollegger (Malix), Hardegger, Aebli, Barandun, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Bondolfi, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Caluori, Campell, Candinas, Casanova-Maron, Casty, Casutt, Clalüna, Claus, Clavadetscher, Conrad, Davaz, Dermont, Dosch, Engler, Fontana, Frigg-Walt, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Gasser, Geisseler, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Jenny, Joos, Kappeler, Kasper, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Koch (Igis), Komminoth-Elmer, Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Meyer-Grass, Michel, Müller, Nigg, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Parolini, Parpan, Pedrini, Perl, Pfäffli, Rathgeb, Righetti, Rosa, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tenchio, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Tscholl, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Wieland, Zanetti, Zweifel-Disch, Monigatti, Scartazzini

Antwort der Regierung

Die Anzahl der älteren Menschen steigt auch im Kanton Graubünden stark an. Gleichzeitig nimmt der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Bevölkerung ab und die Lebenserwartung zu. Die Folge davon: immer mehr ältere Menschen – immer weniger junge Menschen. Die in die Jahre kommende Babyboom-Generation dominiert. Zahlen aus der Bevölkerungsprognose des Kantons Graubünden bestätigen dies. In einigen Regionen wird sich der Anteil der 80-jährigen und älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung innerhalb der nächsten 25 Jahre mehr als verdoppeln.

Zur Gestaltung einer fortschrittlichen und differenzierten Alterspolitik für die kommenden 10 bis 15 Jahre ist das Gesundheitsamt derzeit zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern aus verschiedenen Organisationen mit der Erarbeitung der Strategie "Alter" und eines neuen Altersleitbildes befasst. Das neue Altersleitbild wird für die Gemeinden konkrete Empfehlungen bezüglich der von ihnen bereitzustellenden Angebote enthalten.

Die gestellten Fragen beantwortet die Regierung wie folgt:

1. Die Anforderungen an das Wohnen im Alter ändern sich mit den sich wandelnden Ansprüchen an das Leben im Alter, mit den sich wandelnden Familienstrukturen und mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage älterer Menschen. Aus diesen Gründen wie auch auf Grund der demographisch bedingten Zunahme der älteren Bevölkerung wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten der Bedarf an neuen Wohnformen steigen.

2. Nach Ansicht der Regierung ist anzustreben, dass für die Betagten im Kanton ein breites Angebot an komplementären Wohn- und Betreuungsformen zur Verfügung steht. Damit kann eine Entlastung bei den Wartelisten für die Aufnahme in ein Pflegeheim und der Verzicht auf die Schaffung zusätzlicher Pflegeheimplätze erreicht werden. Durch die Bereitstellung attraktiver ambulanter Angebote, Entlastungsangebote für pflegende Angehörige sowie alternativer Wohn- und Betreuungsformen durch Private und/oder die Gemeinden kann somit – wie die Regierung bereits in ihrer Antwort auf die Anfrage Kleis-Kümin betreffend Kostenentwicklung im Gesundheitswesen (RB Nr. 886 vom 12. Oktober 2010) ausgeführt hat – die Kostenentwicklung im Heimbereich günstig beeinflusst werden.

Die Regierung unterstützt die Realisierung alternativer Wohn- und Betreuungsformen indirekt, indem sie in der kantonalen Rahmenplanung den Bettenbedarfsrichtwert von heute 25 Prozent bis ins Jahr 2025 auf maximal 22 Prozent reduziert hat und indem sie neue Pflegeheimplätze nur noch bewilligt, wenn ein genügendes Angebot an alternativen Wohn- und Betreuungsformen zur Verfügung steht. Die zuständigen kantonalen Amtsstellen sind gerne bereit, Interessenten zu beraten und die Entwicklung entsprechender Angebote zu unterstützen und zu begleiten.

3. Mit der heute durch das KVG vorgegebenen Pflegefinanzierung ist der Aufenthalt zu Hause bei tiefer Pflegebedürftigkeit für die öffentliche Hand wie auch für die Pflegebedürftigen selbst günstiger als der Aufenthalt in einem Pflegeheim. Alternative Wohnformen können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass leicht pflegebedürftige Personen länger zu Hause leben können und damit weniger zusätzliche, teure Pflegeheimplätze benötigt werden. Aber auch eine optimale Zusammenarbeit zwischen den Spitälern, Alters- und Pflegeheimen sowie Spitexdiensten kann dazu beitragen, dass jede pflegebedürftige Person an dem für sie richtigen Ort leben kann. So werden zum Beispiel im Prättigau, wo die Flury Stiftung drei Pflegeheime, einen Spitexdienst und ein Akutspital betreibt, deutlich weniger Pflegeheimplätze (22% der über 80-jährigen Bevölkerung) benötigt als im Kantonsdurchschnitt (25%). Die Gemeinden haben es entsprechend in der Hand, die für eine kostengünstige Versorgung notwendigen Massnahmen zu treffen.

4. Die heutige Finanzierung ist durch das KVG vorgegeben. Entsprechend besteht seitens des Kantons kein Handlungsspielraum, dieses System abzuändern.

24. März 2011