Im Jahr 2010 hat der Bündner Grosse Rat ein wegweisendes kantonales Energiegesetz erlassen. Darin sind energiepolitische Ziele bis ins Jahr 2035 formuliert. Sie betreffen allesamt den Wärmeverbrauch im Gebäudebereich. Laut Art. 89 BV haben die Kantone aber in weiteren Bereichen der Energiepolitik Kompetenzen und Aufgaben. So etwa bei der Nutzung einheimischer und erneuerbarer Energien sowie beim sparsamen und rationellen Energieverbrauch.
Insbesondere bei der Elektrizität besteht Handlungsbedarf. Laut Bundesamt für Energie ist der Schweizer Stromverbrauch im 2010 um 4 Prozent gestiegen. Ohne weitgehendere Effizienzmassnahmen ist davon auszugehen, dass der Verbrauch weiter steigen wird. Zugleich zeichnet sich ab, dass die Schweiz auf den Bau neuer Atomkraftwerke verzichten wird. Eine Neubeurteilung des gesamten Energiebereichs ist in ganz Europa im Gange und auch dringend notwendig. Aus Sicht der Unterzeichnenden ist klar, dass nur eine Energiewende weg von der Kernkraft und den fossilen Energieträgern und hin zu mehr Energieeffizienz und erneuerbaren Energien eine Zukunft hat. Denn Grosskraftwerke, die mit endlichen Ressourcen betrieben werden, sind mit grossen Risiken und Problemen behaftet: Atomkraftwerke im Bereich Sicherheit und Endlagerung und Kohle- sowie Gaskraftwerke bei der Klimabelastung.
Bei den neuen erneuerbaren Energien hat Graubünden ein beträchtliches Potential an Sonnenenergie. Die gilt es möglichst auszuschöpfen. Die Installation von Windkraftanlagen kann punktuell Sinn machen, will aber gut koordiniert sein. Die Raumplanung wird gefragter sein denn je.
Graubünden tut gut daran, jetzt die energiepolitischen Weichen zu stellen und sich für die Zukunft fit zu machen. Es braucht eine umfassende Energie-Strategie in allen Bereichen basierend auf den zwei Säulen Energieeffizienz und erneuerbaren einheimischen Energien.
Die Unterzeichnenden beauftragen deshalb die Regierung, eine Bündner Energiekonferenz ins Leben zu rufen. Sie soll aus Exponenten von Wirtschaft, Politik, Forschung, Umweltverbänden und weiteren relevanten Gruppierungen bestehen. Ihre Aufgabe soll es insbesondere sein, einen möglichst breiten Konsens zur Erarbeitung einer Strategie für eine gesicherte Energiezukunft Graubündens mit erneuerbaren Ressourcen zu entwickeln.
Chur, 18. April 2011
Thöny, Pult, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Müller (Davos Platz), Noi-Togni, Peyer, Trepp, Michel (Igis), Monigatti, Pedrini (Soazza)
Antwort der Regierung
Die Unterzeichnenden fordern die Regierung auf, eine Bündner Energiekonferenz aus Vertretern der genannten Bereiche zu institutionalisieren, um eine möglichst tragfähige Strategie für eine gesicherte Energiezukunft unseres Kantons mit erneuerbaren Ressourcen zu entwickeln.
Es darf als unbestritten vorausgesetzt werden, dass die tragischen Ereignisse in Fukushima/Japan weitreichende Folgen auch für die Energiepolitik Graubündens haben, nachdem der Bundesrat kürzlich u. a. beschlossen hat, schrittweise aus der Kernenergie auszusteigen und auf den Umbau des heutigen Energiesystems in der Schweiz zu setzen. In diesem Zusammenhang kommt deshalb die Forderung der Unterzeichnenden nicht überraschend. Gleichwohl erachtet es die Regierung als nicht sinnvoll und zweckmässig, eine solche Energiekonferenz ins Leben zu rufen.
In ihrer Antwort auf den Auftrag Heiz (RB vom 29. März 2011, Prot. Nr. 275) hat die Regierung ausgeführt, dass sich das Umfeld und die Herausforderungen in der bündnerischen Strompolitik seit dem Jahre 2000 und namentlich auch nach der Katastrophe in Japan wesentlich verändert haben. Sie hat sich deshalb bereit erklärt, eine breite Auslegeordnung und eine erneute Standortbestimmung mit Bezug auf die Energiepolitik Graubündens vorzunehmen und dem Grossen Rat in Bälde einen entsprechenden Bericht zu unterbreiten. Damit soll das Parlament Gelegenheit erhalten, die sich für eine gesicherte Energiezukunft unseres Kantons ergebenden grundsätzlichen Fragen einlässlich zu diskutieren und daraus die für richtig erachteten Strategien abzuleiten und festzulegen.
Die Einrichtung eines eigenständigen Gremiums in Form einer "Bündner Energiekonferenz" zusätzlich zum Grossen Rat und zu den ständigen parlamentarischen Kommissionen birgt das Risiko kontroverser Ergebnisse in sich, die den angestrebten Konsens bei der staatlichen Aufgabenerfüllung verunmöglichen könnten. Zudem ist nicht ersichtlich, mit welchen Aufgaben, Kompetenzen und Pflichten eine solche Konferenz ausgestattet werden sollte und wo die Schnittstelle zur politischen Arbeit von Regierung und Parlament gezogen werden müsste. Die Rollen der Politik, der Wirtschaft und weiterer Interessengruppierungen sind auch beim wichtigen Thema Energie klar auseinander zu halten. Dem Grossen Rat steht es jederzeit frei, durch die bestehenden Instrumente - wie etwa durch die politische Planung und durch Absichtserklärungen, durch eigene Beschlüsse sowie durch Vorstösse und Anträge aus seiner Mitte - die Diskussion bezüglich der Stossrichtungen und Schwerpunkte auch im Energiebereich zu verlangen und zu führen, und dabei auch allfällige Anliegen und Bedürfnisse der angesprochenen Gruppierungen aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Umwelt anzusprechen bzw. einzubringen. Mit der Einberufung einer "Energiekonferenz" besteht die Gefahr, dass teilweise überlagernde Strukturen geschaffen würden, ohne dass dadurch ein zusätzlicher Nutzen entsteht.
Aus den dargelegten Gründen lehnt die Regierung den Auftrag ab.
8. Juli 2011