Navigation

Inhaltsbereich

Session: 02.09.2011
Gemäss Artikel 6 des kantonalen Sprachengesetzes ist bei der Besetzung von Stellen in der kantonalen Verwaltung bei gleichen Qualifikationen jenen Bewerberinnen und Bewerbern der Vorzug zu geben, welche über Kenntnisse in mehreren Amtssprachen verfügen.

Diese Bestimmung ist deshalb wichtig, weil der Staat aus verschiedenen Gründen nicht als ein Arbeitgeber unter vielen bezeichnet werden kann: Nebst dem symbolischen Wert der Vertretung aller Sprachminderheiten im Staatsapparat ist es nunmehr allgemein bekannt, dass die öffentliche Verwaltung eines jeden Landes aktiv am eigenen Entscheidungs- und Gesetzgebungsprozess teilnimmt. Vor diesem Hintergrund ist die Kenntnis der Kultur- und Sprachenlandschaft absolut zwingend, insbesondere wenn diese so vielfältig ist wie im Kanton Graubünden. Die Vertretung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - vor allem mit Führungsfunktionen - aus allen Teilen des Kantons ist deshalb unabdingbar.

Die Frage der angemessenen Vertretung der Sprachgemeinschaften in der Bundesverwaltung war in den letzten Jahren Gegenstand zahlreicher parlamentarischer Vorstösse. Der Bundesrat hat daraufhin in der Verordnung über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften diesbezüglich Sollwerte festgesetzt. In Bezug auf die Vertretung der italienischen Sprachgemeinschaft beträgt dieser Wert in allen Gehaltsstufen 7%.

Wir erachten die Frage der angemessenen Vertretung der Sprachgemeinschaften als sehr wichtig auch für die Verwaltung unseres mehrsprachigen Kantons. Demnach stellen wir der Regierung folgende Fragen:

1. Wieviele italienischsprachige Angestellte arbeiten zur Zeit in den einzelnen kantonalen Departementen und in der Standeskanzlei (für das EKUD: ohne Gymnasiallehrer; für die Standeskanzlei: ohne Übersetzungsdienst), nach Gehaltsklasse unterteilt, und wie hoch ist deren prozentualer Anteil?

2. Über welche Massnahmen verfügt das kantonale Personalamt zur Durchsetzung von Art. 6 des kantonalen Sprachengesetzes in allen kantonalen Departementen sowie in der Standeskanzlei?

3. Zu den vom Bundesrat festgelegten Massnahmen zur Förderung der Mehrsprachigkeit seitens der Bundesverwaltung gehörten:
- Festlegung von Sollwerten für die Vertretung jeder Sprachgemeinschaft;
- Einsetzung eines Delegierten für Mehrsprachigkeit;
- Möglichkeit, während der Arbeitszeit Kurse in einer Landessprache zu absolvieren;
- Erarbeitung eines Katalogs mit quantitativen und qualitativen Massnahmen durch das Eidgenössische Personalamt, in Absprache mit jedem Departement, zur Erreichung des Sollwertes von 7% für die italienischsprachigen Angestellten;
- Erstellung eines Jahresberichts über die Entwicklung der Vertretung der Sprachgemeinschaften in den einzelnen Departementen.
Welche dieser Massnahmen erachtet die Regierung als sinnvoll für die analoge konkrete Anwendung auf die kantonale Verwaltung?

Chur, 2. September 2011

Pedrini, Michael (Castasegna), Tenchio, Della Vedova, Fasani, Heiz, Noi-Togni, Papa, Pult, Righetti, Zanetti, Bricalli, Monigatti

Antwort der Regierung

1. Die nachfolgende Übersicht bezieht sich auf alle Mitarbeitenden der Zentralverwaltung, der Finanzkontrolle und der kantonalen Gerichte mit einem Anstellungsverhältnis auf dem Stellen- und Aushilfenplan, ohne Gymnasiallehrpersonen und Mitarbeitende des Übersetzungsdienstes der Standeskanzlei.

Die Mitarbeitenden geben jeweils beim Eintritt in die kantonale Verwaltung ihre Muttersprache bekannt. Zweisprachigkeit (bilingue) ist nicht erfasst. Man kann davon ausgehen, dass in diesen Fällen die dominierende Muttersprache angekreuzt wird, und dass real ein höherer Anteil an Mitarbeitenden mit sehr guten Italienischkenntnissen vorhanden ist. Die Datenauswertung bezieht sich auf den Monat September 2011. 34 Mitarbeitende beziehen einen Pauschallohn und sind deshalb keiner Gehaltsklasse zugewiesen.


Tabelle

2. Die Anstellungskompetenz ist in Artikel 63 des Personalgesetzes (BR 170.400) geregelt. Demzufolge teilt sich die Zuständigkeit für die Selektion und Anstellung der Mitarbeitenden auf die Stufen Dienststelle, Departement, Standeskanzlei und Regierung auf. Sämtliche Dienststellen wurden seinerzeit über das Inkrafttreten des Sprachengesetztes in Kenntnis gesetzt und angehalten, die einschlägigen Bestimmungen, welche sie unmittelbar betreffen, anzuwenden. Das Personalamt nimmt bei der Stellenbesetzung eine beratende Funktion wahr. Die Frage nach den Sprachkenntnissen ist Bestandteil des Leitfadens zur Interviewführung bei Vorstellungsgesprächen.

3. Die Massnahmen der Bundesverwaltung wurden für den Kanton Graubünden geprüft und teilweise auch umgesetzt. Das Amt für Kultur ist Fachstelle für allgemeine Fragen im Zusammenhang mit den kantonalen Landes- und Amtssprachen; die Umsetzung der einschlägigen Gesetzgebung obliegt jedoch den jeweils zuständigen Dienststellen. Dadurch wird gewährleistet, dass die gesamte Verwaltung dem Aspekt der kantonalen Dreisprachigkeit Rechnung trägt.

Die Vertretung der Italianità in der Verwaltung gemäss Muttersprache (8,1 % ohne Gymnasiallehrpersonen und Mitarbeitende des Übersetzungsdienstes der Standeskanzlei) erreicht noch nicht ganz den Anteil ihrer Vertretung in der Bevölkerung im Kanton, welcher gemäss Hauptsprache Volkszählung 2000 10,2 % beträgt.

Auf eine gesetzlich geregelte Festlegung von Sollwerten bei der Besetzung von Stellen in der kantonalen Verwaltung wurde verzichtet, da dieses Instrument als zu statisch angesehen wird und die Umsetzung in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen würde. Dem Aspekt der Mehrsprachigkeit wird jedoch insbesondere bei der Besetzung von Kaderstellen schon bei der Stellenausschreibung verstärkt Beachtung geschenkt. Ebenso ist bei Stellen mit Publikumsverkehr – bei gleicher Qualifikation – grundsätzlich Bewerberinnen und Bewerbern, welche mehrere Amtssprachen beherrschen, der Vorzug zu geben.

Der Kanton Graubünden bietet seinen Mitarbeitenden im zentralen Kursprogramm 2012 interne Sprachkurse in den kantonalen Minderheitensprachen Italienisch und Rätoromanisch an. Dabei werden verschiedene Niveaus angeboten. Mit dem Angebot dieser Kurse werden die Ziele verfolgt, den Mitarbeitenden des Kantons Graubünden die Türen zu den Minderheitensprachen zu öffnen, Freude an den Sprachen und ihrer Kultur zu wecken sowie das mündliche und schriftliche Beherrschen der Amtssprachen und deren Gebrauch allgemein zu fördern.

14. Oktober 2011