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Session: 19.10.2011
Familien sind bisweilen mit Konfliktsituationen oder Problemen konfrontiert, in denen sie auf externe Fachberatung oder Unterstützung angewiesen sind. Solche Konfliktsituationen oder Probleme können Bereiche der Erziehung und Bildung, der wirtschaftlichen Absicherung, der Partnerschaft und vieles mehr betreffen. Rechtzeitige und kompetente Beratung kann dazu beitragen, Fehlentwicklungen zu verhindern und lösungsorientiert zu handeln. Eskalieren Konflikte oder Probleme, sind diese meist nur mit einschneidenden und auch kostenintensiven Massnahmen, für die in der Regel die öffentliche Hand aufzukommen hat, zu lösen.

Im Familienbericht Graubünden (Botschaften Heft Nr. 15/2006-2007) ist das Ziel Nummer drei folgendermassen formuliert: „Für Familien ist ein effizientes und bedarfsgerechtes Beratungsangebot sicherzustellen.“ Weiter steht, die Regierung sei der Ansicht, dass im Kanton ein gut ausgebautes Angebot an qualifizierten Beratungsstellen für Familien bestehe. Die Angebote seien – soweit der Bedarf nachgewiesen sei – von der öffentlichen Hand weiterhin zu finanzieren oder zu unterstützen.

Die Regierung formulierte im Familienbericht folgende Massnahmen:
• Überprüfung der Beitragsleistungen an Beratungsangebote für Familien;
• Bezeichnung des Sozialamtes als Fachstelle für Familienfragen.

Der Grosse Rat empfahl eine umfassende Überprüfung der bestehenden Beratungsangebote für Familien, bestehende Lücken seien nach Möglichkeit zu schliessen (insbesondere in den Bereichen Vorschulalter, Pubertät/Adoleszenz) sowie eine Koordination zwischen den einzelnen Leistungsträgern. Der Grosse Rat empfahl auch den Wechsel dieser von der Regierung vorgeschlagenen Massnahmen von der 2. in die 1. Priorität.

Dem Entwurf des neuen Schulgesetzes (sonderpädagogische Massnahmen Art. 42 b) kann man entnehmen, dass Kinder mit grossen Schwierigkeiten im Verhalten Anspruch auf sonderpädagogische Massnahmen haben. Stark verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler werden also im Kindergarten und in der Schule erfasst und in Absprache mit den Eltern Massnahmen getroffen und Unterstützung angeboten. Für die meisten der verhaltensauffälligen Kinder in der Schule werden aber sicher keine sonderpädagogischen Massnahmen ergriffen. Da sind es die Eltern und Lehrpersonen, die sich mit der Problematik auseinandersetzen müssen. Eine kompetente Erziehungsberatung für Eltern und Lehrpersonen könnte die Lücke schliessen und Fehlentwicklungen rechtzeitig entgegenwirken.

Im Kanton Graubünden bestehen aber noch zwei weitere Lücken in der Erziehungsberatung für Familien: Es fehlen eine Erziehungsberatung für Familien mit Kindern ab drei Jahren bis zum Kindergarteneintritt und ein Angebot für die Zielgruppe der Jugendlichen am Übergang von der obligatorischen Schulzeit ins Berufsleben.

Dazu stellen sich folgende Fragen:

1. Wie ist der Umsetzungsstand der im Familienbericht erwähnten Massnahmen zum Thema Familie und Beratung?

2. Welche Institution steht heute Hilfe suchenden Eltern und Lehrpersonen als Fachstelle für Erziehungsfragen zur Verfügung?

3. Wie werden Eltern auf die bestehenden Angebote aufmerksam gemacht und wie werden allfällige Hemmschwellen für deren Inanspruchnahme abgebaut?

4. Gibt es Bestrebungen, die oben erwähnten Lücken in der Erziehungsberatung zu schliessen und wird in absehbarer Zeit eine Fachstelle für Erziehungsfragen geschaffen?

Chur, 19. Oktober 2011

Märchy-Caduff, Bezzola (Samedan), Mani-Heldstab, Albertin, Augustin, Barandun, Berther (Camischolas), Bondolfi, Brandenburger, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart (Safien-Platz), Caduff, Caluori, Candinas, Casutt, Casutt-Derungs, Cavegn, Clalüna, Darms-Landolt, Dermont, Dosch, Fasani, Florin-Caluori, Foffa, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Geisseler, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Jenny, Joos, Kappeler, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Kollegger (Malix), Locher Benguerel, Meyer-Grass, Michael (Donat), Michel (Davos Monstein), Müller, Niederer, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Parpan, Sax, Stiffler (Chur), Tenchio, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Wieland, Zanetti, Cortesi, Deplazes, Derungs, Grünenfelder Hunger, Monigatti

Antwort der Regierung

Der Familienbericht Graubünden legt die Situation der Familien im Kanton Graubünden umfassend dar. Der Grosse Rat hat diesen in der Februarsession 2007 ausführlich diskutiert und zahlreiche Massnahmen in den Bereichen Finanzen, Kinderbetreuung, Kindergarten und Schule sowie Beratung beschlossen. Die Regierung vertritt nach wie vor die Ansicht, dass im Kanton ein gut ausgebautes Angebot an qualifizierten Beratungsstellen für Familien besteht.

Zu den Fragen:

1. Im Bereich Familie und Beratung sieht Massnahme 5.1 des Familienberichtes vor, die Beratungsangebote für Familien zu überprüfen. Die Regierung hat am 15. Februar 2010 vom Bericht des kantonalen Sozialamtes „Überprüfung der Beratungsangebote für Familien“ Kenntnis genommen. Im Bericht wird auf die bestehenden Angebote, aber auch auf Überschneidungen und Angebotslücken eingegangen. Im bestehenden Beratungsangebot wurden in drei Bereichen Lücken festgestellt:

- Beratung in Erziehungsfragen für Erziehungsberechtigte mit Kindern zwischen drei Jahren und dem Kindergarteneintritt
- Beratung in Erziehungsfragen für Erziehungsberechtigte mit Kindern bzw. Jugendlichen nach der obligatorischen Schulzeit
- Beratung für ältere Menschen

2. Der Schulpsychologische Dienst bietet in zehn Regionalstellen Schul- und Erziehungsberatung an. Die Beratung richtet sich an Kindergarten- und Volksschulkinder und ihre Bezugspersonen, wenn beim schulischen Lernen, in der Entwicklung, im Verhalten oder im emotionalen Befinden Schwierigkeiten auftreten und neue Lösungswege gesucht werden. Die Dienstleistung steht im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe Eltern, Kindern und Jugendlichen, Lehrpersonen sowie anderen pädagogischen Fachpersonen zur Verfügung. Eine Erziehungsberatung für Eltern und Lehrpersonen zusätzlich zum Schulpsychologischen Dienst ist im Familienbericht nicht vorgesehen und demzufolge auch nicht geplant.

3. Jede Beratungsstelle, die im weit gefassten Bereich der Erziehungsberatung tätig ist (Schulpsychologischer Dienst, Heilpädagogischer Dienst, regionale Sozialdienste, etc.), verfügt als niederschwelliges Angebot über eine eigene Homepage und Prospekte, die gestreut werden. Anfragen, welche über den eigenen Beratungsbereich hinausgehen, werden aktiv an die entsprechende Stelle weitergeleitet. Allfällige Hemmschwellen, sich überhaupt an eine Beratungsstelle zu wenden, lassen sich nie ganz abbauen.

4. Das Departement für Volkswirtschaft und Soziales hat das kantonale Sozialamt beauftragt, in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe ein Konzept zur Erziehungsberatung zu entwickeln. Dieses Konzept liegt im Entwurf vor. Unklar sind nach wie vor der Träger eines solchen Angebotes sowie dessen Finanzierung. Die Umsetzung der Massnahmen hat nach Auffassung des Grossen Rates mit den bestehenden Ressourcen und im Rahmen der gesamten zur Finanzierung der Beratungsangebote für Familien budgetierten und zweckentsprechenden gemeinnützigen Mittel zu erfolgen.

08. Dezember 2011