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Session: 08.12.2011
Freiwilligenarbeit ist ein gesellschaftlicher Beitrag an Mitmenschen und Umwelt. Sie ist in der Summe Dienst an der Öffentlichkeit. Jede zweite Person in der Schweiz leistet Freiwilligenarbeit; etwa die Hälfte ist für eine Institution tätig (formelle Freiwillige), die andere Hälfte für Bekannte und Verwandte (informelle Freiwillige). Insgesamt arbeiten sie jährlich rund 700 Millionen Stunden unentgeltlich. Freiwilligenarbeit ergänzt und bereichert die bezahlte Arbeit, tritt aber nicht in Konkurrenz zu ihr. Freiwilligenarbeit ist sehr vielfältig: Nicht nur die Mitarbeit in karitativen, sozialen und kirchlichen Organisationen gehört dazu, sondern ebenso das Engagement in Sport, Kultur und in Interessengemeinschaften, auch Einsätze für die Umwelt sind ein Beitrag für das Gemeinwohl so wie die Nachbarschaftshilfe oder das Engagement in Behörden und politischen Gremien. Freiwilligkeit ist das Schmiermittel der Gemeindekultur und Kitt für unsere Gemeinschaft. Ohne freiwilliges Engagement würde unsere moderne Gesellschaft wohl nicht funktionieren, denn für all die freiwillig erbrachten Leistungen müssten rund 360‘000 Vollzeitstellen geschaffen werden.

Freiwilligenarbeit ist zwar kostenlos, sie ist gleichzeitig aber auch unbezahlbar. Das Mindeste aber was der Freiwilligenarbeit entgegengebracht werden kann und entgegengebracht werden muss, ist Anerkennung und Wertschätzung.

In diesen Tagen geht das Europäische Freiwilligenjahr 2011 zu Ende. Es hat schweizweit mit verschiedenen Aktivitäten für das Thema Freiwilligenarbeit sensibilisiert. Da es zunehmend schwieriger wird, freiwillig engagierte Mitmenschen zu finden, aber auch um die Bedeutung der Freiwilligenarbeit herauszustreichen und ihr die notwendige Wertschätzung entgegen zu bringen, ist es enorm wichtig, dass dieses Thema auch in den kommenden Jahren im öffentlichen Bewusstsein gehalten wird.

Die Regierung wird daher aufgefordert, ein Anerkennungsprogramm mit einem zugehörigen Reglement für „besondere Leistungen in der Freiwilligenarbeit“ zu erarbeiten und die Verleihung der Anerkennung zu organisieren.

Chur, 8. Dezember 2011

Kollegger (Chur), Bondolfi, Giacomelli, Augustin, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Holzinger-Loretz, Jaag, Kasper, Koch (Tamins), Kunz (Fläsch), Lorez-Meuli, Michael (Donat), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Pedrini, Tenchio, Thöny, Deplazes, Monigatti

Antwort der Regierung

Die Bedeutung der Freiwilligenarbeit für unsere Gesellschaft ist für die Regierung unbestrittenermassen sehr gross. Ihr gebühren Anerkennung und Wertschätzung. Der Auftrag Kollegger fordert ein entsprechendes Anerkennungsprogramm für die Freiwilligenarbeit.

Praktisch eine gleichlautende Forderung wurde bereits im Jahre 2004 mit dem "Auftrag Feltscher betreffend Freiwilligenarbeit auszeichnen" gestellt. Gefordert wurde damals eine Anerkennung der Freiwilligenarbeit durch eine von der Regierung unterzeichnete Urkunde und eine entsprechende Kantonsstecknadel. Im Rahmen der Beantwortung des Vorstosses wies die Regierung darauf hin, dass im Bereich der Freiwilligenarbeit vieles in die Wege geleitet worden sei, beispielsweise:
- Beim Kanton werden bei der Lohnfestlegung ausserhalb des Berufs erworbene Erfahrungen mitberücksichtigt.
- Den Mitarbeitenden der kantonalen Verwaltung wird für freiwillige Arbeiten im sozialen, kulturellen und politischen Bereich, aber auch im Sport- und Jugendbereich (teilweise) bezahlter Urlaub gewährt.
- Der Standardfragebogen für Bewerbungsgespräche ist mit einer entsprechenden Frage nach Freiwilligenarbeit ergänzt worden.

Der Grosse Rat behandelte den Auftrag Feltscher in der Oktobersession 2004. Er lehnte die Überweisung des Auftrags mit 38 zu 23 Stimmen ab (GRP vom 21. Oktober 2004 ab S. 682). Den Voten ist zu entnehmen, dass man keine Ausdehnung der Administration und somit auch der Kosten wollte, dass die Definition der Freiwilligenarbeit Schwierigkeiten bereite und dass die Freiwilligenarbeit Sache der Vereine sei und nicht zu den Aufgaben von Amtsstellen gehöre.

Für die Regierung treffen diese Argumente auch heute auf den Auftrag Kollegger zu. Dies gilt insbesondere deshalb, weil seit dem 1. Januar 2011 zwischen dem kantonalen Sozialamt Graubünden und der Stiftung BENEVOL Graubünden eine Leistungsvereinbarung besteht. Benevol Graubünden hat zum Ziel, die Gesellschaft und Organisationen für die Freiwilligenarbeit zu sensibilisieren und den Freiwilligen für ihre Tätigkeit Wertschätzung entgegenzubringen. Im Leistungsbeschrieb wird ausdrücklich festgehalten, dass mit der Vereinbarung auch die Förderung und Anerkennung der Freiwilligenarbeit im Kanton Graubünden verbunden ist. Gemäss Leistungsvertrag werden im Weiteren Ziele definiert wie Vermittlung und Koordination, Bildung, Information und Anlaufstelle, Beratungen und Vernetzung. Nachdem ein solcher Leistungsaufrag an die Fachorganisation Benevol Graubünden erst kürzlich erteilt worden ist, ist es für die Regierung wenig zielführend, wenn die kantonale Verwaltung selbst neue Aktivitäten in diesem Bereich entwickelt.

Gestützt auf diese Ausführung beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den Auftrag abzulehnen.

23. Februar 2012