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Session: 05.12.2012
Der Regierungsrat wird aufgefordert, beim Bund eine Standesinitiative einzureichen, welche Änderungen beim Gewässerschutzrecht fordert.

Am 11. Dezember 2009 hat das eidgenössische Parlament mit einer Änderung der Gewässerschutzgesetzgebung (GSchG) einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Lebendiges Wasser“ beschlossen. Die Bundesverwaltung hat danach auf Verordnungsstufe die neuen gesetzlichen Bestimmungen konkretisiert, dabei jedoch wesentliche Parlamentsentscheide unhaltbar verstärkt. Per 1. Juni 2011 hat der Bundesrat die Gewässerschutzverordnung (GSchV) in Kraft gesetzt. Diese legt unter anderem Mindestbreiten und die zugelassene Nutzung und Bewirtschaftung für den neu ausgeschiedenen Gewässerraum fest. Die Verordnung zur neuen Gewässerschutzgesetzgebung bringt in der Umsetzung grosse Probleme für die Kantone und die direkt Betroffenen (Landwirtschaft, Gemeinden, Meliorationen, Grundeigentümer usw.). So haben denn auch schon mehrere Kantone Standesinitiativen, welche eine Anpassung in der Umsetzung der Gewässerschutzgesetzgebung fordern, beschlossen, und auch auf nationaler Ebene wurden durch die UREK des Nationalrates sowie durch einzelne Mitglieder des Nationalrats Motionen mit entsprechenden Begehren eingereicht.

Neben dem Verlust an landwirtschaftlichem Kulturland durch umgesetzte Revitalisierungen hat insbesondere auch die Ausscheidung der extensiv zu nutzenden Gewässerräume einschneidende Auswirkungen auf das Landwirtschaftsland wie auch auf die überbauten Flächen. Der Bundesrat hat die in Art. 36a Abs. 3 GSchG, festgelegte extensive Bewirtschaftung des Gewässerraums an die Anforderungen gemäss der Direktzahlungsverordnung vom 7. Dezember 1998 (SR 910.13, DZV) gekoppelt. Damit wird der früheste Schnittzeitpunkt vorgegeben. Je nach Bewirtschaftung des Gewässerraums entstehen daraus auch Einschränkungen in der Beweidung. Deshalb hat die Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren (LDK) in der Anhörung zur Revision der GSchV ausdrücklich die Haltung vertreten, dass die in der Direktzahlungsverordnung vorgeschriebenen Pufferstreifen mit entsprechendem Düngeverbot vollständig ausreichen, um den Belangen des Gewässerschutzes ausreichend Rechnung zu tragen. Die Festlegung des frühesten Schnittzeitpunkts und Einschränkungen in der Beweidung bewirken keine Verbesserung im Gewässerschutz.

Die Extensivierung von wertvollem Kulturland über das notwendige Ausmass hinaus widerspricht dem Ziel des Kulturlandschutzes gemäss Art. 3 Abs. 2 Bst. a RPG, denn gemäss der GSchV dürfen im Gewässerschutzraum weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden.

Der finanzielle Aufwand für die Umsetzung und Entschädigung ist nicht bekannt und die gemäss Gesetz und Verordnung verlangte Ausscheidung des Gewässerraumes bis 31.12.2018 ist unrealistisch.

Eine praxisnahe Umsetzung des Gewässerschutzgesetzes unter einem ganzheitlichen Miteinbezug der Anliegen der Kantone, der Gemeinden, der Landwirtschaft, der Meliorationen, der Grundeigentümer, wie auch diejenigen des Hochwasser- und Naturschutzes, muss ermöglicht werden.

Daher fordern die Unterzeichneten Grossratsmitglieder die Regierung auf, gestützt auf Art. 160 Abs. 1 BV beim Bund eine Standesinitiative einzureichen, die fordert, die Gewässerschutzverordnung nach folgenden Grundsätzen anzupassen:

1. Den Interessen der Grundeigentümer und der Landwirtschaft ist stärker Rechnung zu tragen.

2. Den Kantonen sind die Kompetenz und die Freiheit einzuräumen, dass sie die Interessen betreffend den Schutz von landwirtschaftlichen Nutzflächen und standortgebundenen Anlagen verstärkt berücksichtigten können.

3. Ein effektiver Ersatz der Fruchtfolgeflächen (FFF) gemäss Artikel 36a Absatz 3 des Gewässerschutzgesetzes ist zu gewährleisten. Wenn der Gewässerraum nicht als FFF (Art. 36a Abs. 3 GSchG) gilt, kann er in der Verordnung nicht den Status einer „potenziellen FFF“ erhalten.

4. Eigentümer und Bewirtschafter der betroffenen Flächen sind, entsprechend Art. 36a Abs. 1 GSchG, vorher zu konsultieren und in die Entscheide einzubeziehen.

Chur, 5. Dezember 2012

Darms-Landolt, Niggli-Mathis (Grüsch), Niggli (Samedan), Albertin, Augustin, Barandun, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Bleiker, Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Buchli-Mannhart (Safien-Platz), Burkhardt, Caduff, Caluori, Campell, Casty, Casutt, Casutt-Derungs, Cavegn, Clalüna, Claus, Conrad, Davaz, Della Vedova, Dermont, Dosch, Engler, Fallet, Fasani, Felix, Foffa, Geisseler, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Heinz, Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jeker, Joos, Kasper, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Kollegger (Malix), Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Michael (Donat), Papa, Parolini, Parpan, Pedrini, Perl, Righetti, Rosa, Sax, Steck-Rauch, Tenchio, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Valär, Wieland, Zanetti, Degonda, Fausch, Müller (Susch), Müller (Haldenstein), Patt, Rodigari, Vincenz

Antwort der Regierung

Eine Standesinitiative ist ein konkreter Entwurf oder eine allgemeine Anregung eines Kantons zu einer Verfassungsänderung, einem Gesetz oder einem Bundesbeschluss. Der vorliegende Auftrag für eine Standesinitiative zielt somit auf die am 11. Dezember 2009 durch das Eidgenössische Parlament als Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Lebendiges Wasser" beschlossene Änderung des Gewässerschutzgesetzes vom 24. Januar 1991. Um die verschiedenen Interessen bei der Umsetzung dieser Bestimmungen einbeziehen zu können, wurde mit Beschluss der Regierung vom 17. Mai 2011, Protokoll Nr. 467, eine departementsübergreifende Arbeitsgruppe eingesetzt. Die Arbeiten werden in regelmässigen Abständen einer externen Begleitkommission mit Vertretern aus Kraftwerken, Landwirtschaft, Fischereiverband, Umweltorganisationen und Tourismus vorgestellt. Im Rahmen der heute geltenden gesetzlichen Bestimmungen wird den Anliegen des Auftrages folgendermassen Rechnung getragen.

1. Den Interessen der Landwirtschaft wird Rechnung getragen, indem das Amt für Landwirtschaft und Geoinformation und der Bündner Bauernverband in der Arbeitsgruppe, beziehungsweise der Begleitkommission, vertreten sind. Die Interessen der Grundeigentümer werden bei der Festlegung des Gewässerraums, bei der Nutzungsplanung und bei den Revitalisierungen im Projektgenehmigungsverfahren oder im Baubewilligungsverfahren gewahrt. Zudem werden die Gemeinden zum Zwischenbericht zur strategischen Revitalisierungsplanung, der bis Ende 2014 dem Bund vorzulegen ist, angehört. Bei konkreten Revitalisierungsprojekten werden mit den betroffenen Grundeigentümern Lösungen gesucht, wie mit dem Verlust an Landwirtschaftsfläche umzugehen ist.

2. Bei grossen Talflüssen wird mit Ausnahme der in der strategischen Revitalisierungsplanung zu bezeichnenden Abschnitte für Revitalisierungsprojekte nur der minimal zulässige Gewässerraum ausgeschieden. Für Revitalisierungen soll nur dort Raum beansprucht werden, wo tatsächlich ein Aufwertungspotential besteht und eine Interessenabwägung vorgenommen wurde. Auf Revitalisierungen, die Fruchtfolgeflächen beanspruchen, wird nach Möglichkeit verzichtet, indem der Ermessensspielraum maximal ausgenützt wird.

3. Der Sachplan Fruchtfolgeflächen beauftragt den Kanton Graubünden, 6 300 ha zu sichern. Ende 2012 waren 7 163 ha mittels Landwirtschaftszonen gesichert. Würden, wie in anderen Kantonen, nur Flächen mit weniger als 18 Prozent Hangneigung gezählt, so entspräche die gesicherte Fläche nur noch knapp dem Sollwert des Sachplanes. Der Verlust an Fruchtfolgeflächen ist deshalb bei Revitalisierungsprojekten und bei allen anderen Nutzungsansprüchen unter Berücksichtigung ihrer Qualität zu minimieren.

4. Das Vorgehen zur Festlegung der Gewässerräume in der Richt- und Nutzungsplanung sowie zum Nachweis der Raumverträglichkeit der Revitalisierungsmassnahmen ist noch im Detail festzulegen. In den etablierten planerischen Verfahren sind das rechtliche Gehör und das Rechtschutzinteresse von Eigentümern und Bewirtschaftern gewahrt. Bei Revitalisierungsprojekten werden die Grundeigentümer in die Projektausarbeitung miteinbezogen.

Damit mehr Spielraum zur Wahrung der Interessen von Grundeigentümern und Landwirtschaft sowie für den Ersatz von verlorengehenden Fruchtfolgeflächen in Gewässernähe entsteht, müssten den Kantonen auf Gesetzesstufe mehr Kompetenzen eingeräumt werden. Die Regierung ist bereit, den Auftrag zur Einreichung einer Standesinitiative entgegenzunehmen und dem Bund entsprechend dem Auftrag Darms-Landolt eine solche zu übermitteln.

22. Februar 2013