Der Götterbaum ist eine invasive Baumart, welche von Ostasien nach Europa eingeführt wurde. Zurzeit verursacht diese Art ernste Probleme, nicht nur indem sie durch das Verdrängen von einheimischen Arten die Biodiversität schädigt, sondern auch weil sie die nachhaltige Pflege des Schutzwaldes infrage stellt. Der Götterbaum stellt sich hauptsächlich in Waldlichtungen und Schlagflächen nach waldbaulichen Eingriffen ein. Dank der leichten Samenverbreitung und ihrer enormen Wuchskraft kann diese Baumart die Qualität der Naturverjüngung stark beeinträchtigen. Diese ist aber für die Pflege des Schutzwaldes ein zentrales Element. Nebst den negativen Auswirkungen auf die Stabilität des Schutzwaldes und dessen nachhaltige Pflege stellt der Götterbaum ausserdem ein markantes Bewirtschaftungsproblem in den umliegenden Weinbergen und Obstgärten dar.
Der Götterbaum kommt in unserem Gebiet seit mehreren Jahrzehnten vor, aber erst in den letzten zehn Jahren hat die Verbreitung sehr stark zugenommen und es wurden inzwischen viele neue Areale besiedelt. Betroffen ist zurzeit die rechte Talseite der Mesolcina, vor allem im Gebiet der Gemeinde San Vittore bis auf einer Höhe von 800 - 900 m ü.M. Hier kommt der Götterbaum auf einem Quadratkilometer des Schutzwaldes oberhalb des Dorfes vor. Im Kanton Tessin sind in den tieferen Lagen inzwischen grosse Waldflächen von dieser invasiven Baumart in Beschlag genommen worden.
Dank seiner Eigenschaften ist der Götterbaum potenziell in der Lage, im Verlaufe der nächsten Jahrzehnte die Wälder der tieferen Lage im Moesano auf einer Fläche von über 15 km2 zu kolonisieren. Die Klimaerwärmung wird exotische Arten wie den Götterbaum gegenüber den einheimischen Pflanzenarten noch zusätzlich begünstigen, es ist mit einer weiteren Ausdehnung des besiedelten Gebietes bis auf eine Höhe von über 1000 m ü.M. zu rechnen.
Gemäss verschiedenen Literaturangaben sind die einzigen effizienten und finanziell tragbaren Bekämpfungsmassnahmen die Dauerbeschattung im Jugendstadium und die Anwendung von Herbiziden. Mechanische Eingriffe wie das Fällen erweisen sich in der Regel als kontraproduktiv, weil der Götterbaum darauf mit starker Wurzelbrut reagiert und sich dadurch noch stärker verbreitet.
Fragen:
1. Wie schätzt der Kanton die Probleme ein, welche die Besiedlung der Mesolcina durch den Götterbaum für den Wald und seine Funktionen nach sich ziehen?
2. Will der Kanton diesen Problemen vorbeugend begegnen und wenn ja, mit welchen Massnahmen?
3. Hat der Kanton Graubünden in dieser Frage die zuständigen Bundesbehörden kontaktiert und mit welcher Unterstützung kann von dieser Seite gerechnet werden?
Chur, 12. Februar 2013
Papa, Michael (Castasegna), Fallet, Augustin, Barandun, Baselgia-Brunner, Berther (Camischolas), Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Bleiker, Bucher-Brini, Casty, Clalüna, Dermont, Dosch, Engler, Fasani, Felix (Haldenstein), Foffa, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Geisseler, Giacomelli, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Hitz-Rusch, Jeker, Jenny, Joos, Kleis-Kümin, Kollegger (Chur), Kollegger (Malix), Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Meyer-Grass, Michael (Donat), Niederer, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Parolini, Parpan, Pedrini, Peyer, Pult, Rosa, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Thöny, Trepp, Troncana-Sauer, Vetsch (Klosters Dorf), Wieland, Bürgi-Büchel, Deplazes, Epp, Müller (Susch), Monigatti, Müller (Haldenstein)
Antwort der Regierung
Der Götterbaum ist eine invasive gebietsfremde Baumart. Durch ihre Ausbreitung kann sie Naturschutzgüter und Sachwerte gefährden. Allerdings ist der Götterbaum nicht in der Liste der verbotenen invasiven gebietsfremden Organismen aufgeführt. Dennoch gelten auch für den Umgang mit dem Götterbaum die Sorgfaltspflichten und Vorsichtsmassnahmen gemäss Freisetzungsverordnung. Laut dieser Verordnung haben die Kantone zudem die Kompetenz, Bekämpfungsmassnahmen anzuordnen und durchzuführen.
1. Die Besiedlung durch den Götterbaum in der unteren Mesolcina ist derzeit noch verhältnismässig gering. Allerdings wird fast jede neue Öffnung im Wald durch junge Götterbäume besiedelt. Diese Bäume nehmen durch ihre Wuchskraft rasch eine dominante Stellung ein. Zudem tendiert der Götterbaum zur Bildung von Reinbeständen mit einer entsprechend geringen Risikoverteilung. Dies mindert die Schutzwirkung der Wälder. Die Besiedlung mit Götterbäumen verdrängt aber mittelfristig auch die Kastanienwälder. Gleiches gilt aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes für Trockenwiesen oder Auenlandschaften.
2. Sowohl aus forstlicher Sicht als auch aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes besteht in Bezug auf den Götterbaum ein dringender Handlungsbedarf. Die Regierung unterstützt daher die Bestrebungen, den Götterbaum in die Liste der verbotenen invasiven gebietsfremden Organismen aufzunehmen. Dadurch wäre ein Verkaufsverbot rechtlich abgesichert. Weitere vorbeugende Massnahmen bestehen darin, Ansiedlungen und aufkommende Populationen des Götterbaums frühzeitig zu erkennen und die Bäume am Aufkommen zu hindern. Dazu stellt das Amt für Natur und Umwelt den betroffenen Akteuren und Fachstellen ein Neophyten-GIS zur Verfügung und bietet als Zivildienst-Einsatzbetrieb Unterstützung bei der Bekämpfung der Bäume. Da das Bundesrecht den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Wald, in Naturschutzgebieten und entlang von Gewässern untersagt, beschränken sich die Zivildiensteinsätze auf die mechanische Bekämpfung. Diese Bekämpfungsart genügt aus forstlicher Sicht jedoch nicht. Eine mechanische Bekämpfung ist nämlich sehr aufwändig, weil Götterbäume auf das Fällen und Ringeln mit Stockausschlägen und Wurzelbrut reagieren. Eine mechanische Bekämpfung muss deshalb mehrfach wiederholt werden. Bleibt sie aus, führen diese Anstrengungen zu einer noch stärkeren Verbreitung. Die Regierung ist daher der Auffassung, dass die vorhandenen Götterbäume im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung mit einem Herbizid abzutöten sind. Durch Injektion des Herbizids "Garlon" (Wirkstoff Trichlopyr) in die Götterbäume können diese gezielt und mit wenig chemischer Substanz zum Absterben gebracht werden.
3. Auf Initiative der Waldfachstellen Graubünden und Tessin sowie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hat das Bundesamt für Umwelt im Jahr 2011 die Arbeitsgruppe "Götterbaum" gegründet. Einem ausnahmsweisen Einsatz des erwähnten Herbizids hat das Bundesamt bis heute nicht zugestimmt. Die Regierung wird daher darauf hinwirken, dass der Götterbaum im Rahmen eines wissenschaftlichen Versuchs damit bekämpft werden kann. In der derzeitigen Ausbreitungsphase ist der beschränkte Einsatz eines Herbizids zur Bekämpfung des Götterbaums sowohl erfolgsversprechend als auch verantwortbar.
11. April 2013