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Session: 24.04.2014
Eine Zwischennutzung ist eine Nutzung, die zeitlich zwischen diejenige Nutzung, für die ein Areal ursprünglich angelegt wurde (Industrie, Militär, Kirche etc.), und eine intendierte neue und meist noch festzulegende Nutzung fällt. Die Zwischennutzung ist damit weder von der Art der Aktivität noch von der zeitlichen Dimension her und meist auch rechtlich nicht klar definiert. Gewöhnlicherweise handelt es sich dabei um eine Zeitspanne zwischen 2-5 Jahren, es kann auch 10 Jahre dauern, bis ein Areal oder Gebäudekomplex wirklich erneuert werden kann.

Gründe für Zwischennutzungen:

1. Erfolgreiche und in der Öffentlichkeit wahrgenommene Zwischennutzungen tragen zu einem positiven Image bei, schaffen kreative Räume und steigert den Wert eines Areals oder eines Quartiers.

2. Zwischennutzungen rentieren. Mit professioneller Führung decken sie nicht nur die Bewirtschaftungskosten, sondern bringen einen Ertrag.

3. Die Nachfrage nach günstigen Räumlichkeiten ist gross, insbesondere in der Kreativwirtschaft. Zwischennutzungen kennen keinen Leerstand.

4. Zwischennutzungen zeigen Potenziale und Optionen auf, die in Konzepte einer Umnutzung und / oder Etablierung münden können.

5. Zwischennutzungen fördern Innovationen. Der Anteil innovativer Unternehmen ist in Zwischennutzungen überdurchschnittlich gross.

6. Soziokulturelle Aktivitäten in Zwischennutzungen tragen zum urbanen, lebendigen Charakter der Areale und Quartiere bei.

7. Für Start-ups, Vereine und Künstler/-innen sind die meist günstigen Mieten in Zwischennutzungen sehr wichtig.

Zwischennutzungen brauchen passendes Recht. Dies beinhaltet entweder eine weite und flexible Interpretation der gültigen Zonenordnung oder eine darin enthaltene konkrete Erwähnung als Nutzung. Zu den grossen Hindernissen für Zwischennutzungen zählen Konflikte mit den verschiedenen Gesetzen. Sie lassen nur kurze gesetzliche Fristen zu. In allen anderen Fällen wird in der Praxis mittels Ausnahmen verfahren. Mögliche regulative Instrumente im Umgang mit Zwischennutzungen sind ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren, eine Bau- und Nutzungskategorie für Übergangsnutzung im Baugesetz, eine Rahmenbewilligung für maximale Ausnutzung, ein behördenverbindlicher Ermessensspielraum, ein Ausnutzungsbonus, einen Gebrauchsleihvertrag oder einen Zwischennutzungsvertrag.

Beispiele: Areal Torfeld Süd, Aarau, Lagerplatz-Areal, Winterthur, Binz-Areal, Zürich und zu guter Letzt: die Photobastei in Zürich, wo derzeit das Bündner Kunstmuseum gastiert. Im „Dialog Chur West“ erwies sich die Zwischennutzung als prioritäres Bedürfnis der teilnehmenden Bevölkerung.

1. Wie beurteilt die Regierung das in anderen Kantonen angewandte Konzept der Zwischennutzungen?

2. Ist die Regierung bereit Grundlagen zu schaffen, um Zwischennutzungen im Kanton Graubünden zu unterstützen und zu fördern?

Chur, 24. April 2014

Michel (Chur), Locher Benguerel, Baselgia-Brunner, Bezzola (Samedan), Blumenthal, Bucher-Brini, Claus, Clavadetscher, Darms-Landolt, Fontana, Gartmann-Albin, Jaag, Joos, Kollegger (Malix), Marti, Müller (Davos Platz), Niederer, Peyer, Pfenninger, Pult, Trepp, Waidacher, Deplazes, Hensel, Spreiter

Antwort der Regierung

Gegenstand von Zwischennutzungen im Sinne der vorliegenden Anfrage bilden Areale oder Gebäude, die aus irgendwelchen Gründen leer stehen resp. nicht mehr genutzt werden, die jedoch nach einer bestimmten Übergangszeit wieder einer definitiven Nutzung zugeführt werden sollen. Als Beispiele können das Areal der Sägerei Mayr-Melnhof in Domat/Ems, aufgegebene Kasernen oder sonstige brachliegende Gebäude angeführt werden. Mit Zwischennutzungen soll der Zeitraum zwischen der Nutzungsaufgabe und der Aufnahme der neuen Nutzung überbrückt werden.

Solche Zwischennutzungen können durchaus sinnvoll sein. Der knappe Boden bleibt nicht ungenutzt, und es können kreative, im öffentlichen Interesse liegende Zwischenlösungen entstehen. Sie können aber auch problematisch sein, so namentlich dann, wenn sie bestehendem Bau-, Planungs- und Umweltrecht widersprechen. Zudem besteht wie bei allen Provisorien die Gefahr, dass sich eine Zwischennutzung so etabliert, dass sie den Weg für eine noch sinnvollere und vor allem nutzungsplankonforme definitive Nutzung versperrt. Dies ist in der Praxis häufig bei Industriebrachen zu beobachten, wodurch volkswirtschaftlich wertvolle Entwicklungspotenziale verloren gehen können. Zwischennutzungen sind also nicht generell förderungswürdig, sondern im konkreten Einzelfall differenziert zu beurteilen. 

Zu den Fragen:

1. Die Stadt Aarau hat in der kommunalen Bau- und Nutzungsordnung den Stadtrat ermächtigt, für das Gebiet Torfeld Süd Zwischennutzungen zu bewilligen.

Die Stadt Zürich ist - je nach Beispiel - als Grundeigentümerin (Kronenwiese), als Liegenschaftsverwalterin (Stadionbrache Hardturm) oder als Globalmieterin (Werkerei Schwamedingen) beteiligt. Die Photobastei Zürich wird über einen privaten Investor genutzt, und das Binz-Areal wurde illegal besetzt. Das Areal Lagerplatz in Winterthur wird über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag entwickelt. Alle erwähnten Beispiele wurden ohne kantonale Bestimmungen oder Fördermassnahmen ermöglicht.

2. Wie erwähnt, erfordert die Prüfung von Zwischennutzungen eine Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten. Entsprechende Regelungen müssen daher sinnvollerweise auf kommunaler Ebene erlassen werden. Das heutige kantonale Raumplanungsgesetz (KRG) schafft schon heute den nötigen Spielraum, indem es den Gemeinden den Erlass massgeschneiderter Zonenbestimmungen ermöglicht (Art. 26 ff. KRG) sowie Planungsinstrumente anbietet, mit denen auf spezifische Bedürfnisse flexibel und projektbezogen reagiert werden kann (Arealplan, Quartierplan, kooperative Planung). Regelungen auf kantonaler Ebene wären zu wenig differenziert und würden im Vergleich zu den bereits bestehenden Möglichkeiten keinen Mehrwert erbringen.

Zudem ist zu bedenken, dass bei Zwischennutzungen häufig Fragen bau- oder feuerpolizeilicher Natur auftauchen, deren Prüfung zum traditionellen Tätigkeitsbereich der örtlichen Baupolizeibehörden gehört. Mit der Ausnahmebestimmung von Art. 82 KRG besteht eine Grundlage, um sinnvollen Lösungen in Beachtung nachbarlicher Interessen zum Durchbruch zu verhelfen. Oft stehen Zwischennutzungen in Konflikt mit Bundesumweltrecht (Lärm, Luft etc.), das von den Kantonen ohnehin nicht unterlaufen werden kann.

Aufgrund dieser Überlegungen erachtet die Regierung die Schaffung weitergehender rechtlicher Grundlagen zur Förderung von Zwischennutzung nicht als erforderlich. Auch die in der vorliegenden Anfrage thematisierten und vorstehend analysierten ausserkantonalen Beispiele wurden bezeichnenderweise ohne spezifische kantonale Bestimmungen, sondern allein gestützt auf bereits vorhandene kommunale Vorschriften, Instrumente und Spielräume ermöglicht.

25. Juni 2014